
Die Binnenschifffahrt wird oft als ökologisch sauberes und kostengünstiges Transportmittel angepriesen, das eine umweltfreundliche Alternative zum Gütertransport per Schiene, Flugzeug oder LKW bietet. Die ohnehin überfüllten Straßen werden entlastet, Kosten eingespart und die CO2-Bilanz verringert. Doch ist das wirklich der Fall? Hält die Binnenschifffahrt, was ihr guter Ruf verspricht?
Seefracht und Binnenschifffahrt werden oft in einem Atemzug genannt oder nicht klar voneinander getrennt. Betrachtet man den Transport auf dem Wasserweg jedoch unter Umweltaspekten, lohnt sich ein differenzierter Blick.
Güter, die per Seefracht transportiert werden, nutzen das Meer als Transportweg. Dabei handelt es sich um eine vergleichsweise umweltfreundliche und leistungsfähige Variante. Die Fracht erreicht ihr Ziel an einem Seehafen, sprich einem an der Küste gelegenen Umschlagsplatz, im Falle von Deutschland beispielsweise Hamburg, Bremen oder Ludwigshafen. Von dort aus wird die Ware dann per Bahn, LKW oder Binnenschiff weitertransportiert.
Binnenschifffahrt hingegen meint den Transport von Waren oder Personen auf Binnengewässern, sprich Flüssen, Seen oder Kanälen. Binnenschiffe sind kleiner als Seefrachtschiffe und in ihrer Konstruktion an die Anforderungen von Flussbetten angepasst. Der Transport der Güter erfolgt von einem Binnenhafen zum nächsten.
In puncto Wirtschaftlichkeit rentiert sich eine Verlagerung des innerdeutschen Gütertransports auf das Wasser nicht. Es wurden zwar bereits Milliarden in den Wechsel investiert, die verkehrspolitischen Ziele wurden jedoch nicht erreicht, denn die Verkehrsleistung der Binnenschifffahrt stagniert. Außerdem schneidet die Binnenschifffahrt im Vergleich zu Bahn und LKW auch deshalb schlecht ab, weil die Raumerschließung gering ist, Kosten für den Ab- und Antransport zum Hafen anfallen und Unterbrechungen des Transports durch Hoch- und Niedrigwasser möglich sind.
Dennoch hat man die Flüsse und ihre Läufe in der Vergangenheit stark verändert, um sie zu einem ökonomischeren Transportweg zu machen. Sie wurden gestaut, begradigt und ihre Ufer befestigt. Ihr natürlicher Verlauf fiel einer Umgestaltung zu Gunsten einer besseren Beschiffbarkeit zum Opfer. Da die Binnenschiffe mit der Zeit immer größer, breiter und tiefer wurden, waren weitere Ausbauten der Flussbette notwendig. Etwa 80 Prozent der Flussauen wurden in den vergangenen Jahrzehnten durch den Ausbau der Binnenschifffahrtswege zerstört. Die Folgen waren fatal: Die natürlichen Flussauen haben eine wasserreinigende Funktion und wirken zudem regulierend im Wasserkreislauf. Sie spielen damit eine wichtige Rolle im Hochwasserschutz. Gleichzeitig wurde damit ein artenreicher und vielfältiger Lebensraum von Pflanzen und Tieren vernichtet.
Was also tun?
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) hat ein Konzept für eine nachhaltige Binnenschifffahrt ausgearbeitet, das verschiedene Schritte vorsieht. Statt weitere Gelder in den Ausbau der Schifffahrtswege fließen zu lassen, ist eine Auslastung der bereits vorhandenen Kapazitäten sinnvoller. Zum einen können dazu die Schnittstellen zwischen Wasser, Schiene und Straße optimiert werden. Die Binnenschifffahrt sollte in Zukunft gezielt in eine moderne Transportlogistik integriert werden. Zum anderen sollten Flotte und Schiffstechnik modernisiert werden. Nur so kann ein wirtschaftlicher Transport von höherwertigen Gütern in Containern ermöglicht werden. Im letzten Schritt ist eine Renaturierung der Flüsse und Auen notwendig. So ist beispielsweise die Rückgewinnung von Überschwemmungsflächen grundlegend für den Hochwasserschutz.
Im Rahmen der Globalisierung ist zu erwarten, dass der Gütertransport – auf nationaler wie internationaler Ebene – weiter zunehmen wird. Ob und in welchem Ausmaß die Bewältigung dieser Gütermengen auf Kosten der Flüsse passiert, bleibt abzuwarten.