Brücken über die Ruhr

Foto: Wikimedia Commons.
Foto: Wikimedia Commons.

Auf einem Fluss kann man wunderbar reisen, wenn man eine Region und ihre Landschaft kennenlernen möchte. Aber zugleich ist er auch ein Hindernis, wenn man quer zu seiner Fließrichtung unterwegs ist. Er stellt dann für Reise und Transport eine natürliche Barriere dar, über die man erst seinen Weg finden muss, wenn man ihn überqueren möchte. Seit jeher bauen Menschen zu diesem Zweck Brücken. So auch an der Ruhr: 160 Brücken überqueren den Fluss zwischen seiner Quelle im Sauerland und seiner Mündung in Duisburg-Ruhrort. Einige der wichtigsten und interessantesten dieser Bauwerke stellen wir hier vor, indem wir uns auf eine Flussreise begeben – in der Bilderstrecke unten sind die verschiedenen Stationen zu sehen.

Bei unserer Reise entlang der Ruhrbrücken bewegen wir uns auf dem Fluss von seiner Quelle bis zur Mündung. Die erste Brücke über die Ruhr, die uns dabei begegnet, ist nur sehr klein, denn auch die Ruhr ist hier noch nicht der breite Fluss, der dem dicht besiedelten Industriegebiet seinen Namen gibt. 120 Meter nordöstlich seiner Quelle, mitten im sauerländischen Wald, überspannt eine schmale Fußgängerbrücke mit einfachem Holzgeländer den Fluss. Der sogenannte Ruhrsteg ist eine schlichte Überführung auf dem Rothaarsteig.

Weiter flussabwärts und schon an einigen Brücken vorbeigekommen, aber immer noch im Sauerland, befinden wir uns an der Kettenbrücke Schloss Laer, die deshalb von Bedeutung ist, weil sie die einzige noch erhaltene Brücke ihrer Art in Europa darstellt. Das Kulturdenkmal ist ebenfalls eine Fußgängerüberquerung, die allerdings nicht mehr begehbar ist. Es wurde 1839 im Auftrag des Grafen von Westfalen nach abgewandelten Plänen von Johann August Röbling errichtet, dem Architekten, der später die berühmte Brooklyn Bridge in New York baute.

Im Sauerland überqueren noch zahlreiche weitere Brücken die Ruhr, allein in der Bezirkshauptstadt Arnsberg sind es mehr als ein Dutzend. Wir fahren aber weiter flussabwärts, vorbei auch an der Eisenbahnbrücke in Hagen, wo unterhalb der Hohensyburg malerisch die Lenne in die Ruhr mündet. Inzwischen im Ruhrgebiet angelangt, treffen wir erneut auf eine Eisenbahnbrücke: Das Ruhrviadukt Witten. Mit 20 Bögen überspannt es den Fluss auf einer Länge von mehr als 700 Metern und ist Teil der Route der Industriekultur, die es nicht zu unrecht als „Viadukt wie aus dem Bilderbuch“ bezeichnet. Typisch für eine solche Wegführung, wie sie schon die Römer bauten (Viadukt von lateinisch „via“ für Weg und ducere für „führen“), leitet die mit Natursteinen verkleidete Brücke den Verkehr auf seinen Pfeilern und Bögen steigungsarm über ein Tal.

Vorbei am Kemnader See und weiteren Ruhrbrücken in Bochum und Hattingen stoßen wir später auf eine Brücke ganz anderer Bauart, die ebenfalls Teil der Route der Industriekultur ist: die Schwimmbrücke Dahlhausen. Im Volksmund hieß sie früher auch Fünfpfennigsbrücke, denn diese Gebühr musste man auf der Altendorfer Seite im Kassenhäuschen entrichten, wenn man hinüber wollte. Wie schon die Bezeichnung Schwimmbrücke sagt, ruht die Dahlhausener Brücke auf Pontons, also Schwimmkörpern, die ihr ermöglichen die Höhenlage mit dem Wasser zu verändern. Außerdem kann ihr südlicher Teil mithilfe von Seilwinden geschwenkt werden, so dass der Fluss für Schiffe passierbar bleibt, die die nahe Schleuse anlaufen wollen.

Besondere Bedeutung für die Schifffahrt auf der Ruhr hatte früher auch einmal eine andere Schleuse, weiter den Fluss hinab im Essener Stadtteil Werden. Es ist die heute denkmalgeschützte Schleuse Neukirchen, an der sich ebenfalls eine historische Brücke über den Fluss befindet. Hier unterhalb des Baldeneysees und nordöstlich der Brehminsel wurde ab 1777 auf Drängen König Friedrichs des Zweiten von Preußen mit Neukirchen eine von insgesamt 16 Schleusen errichtet, um den Fluss auf diesem Abschnitt für den Kohletransport schiffbar zu machen. Die Ruhr wurde so einige Jahrzehnte später zum meist befahrenen Fluss Europas, bis die Ruhraaken, die die Kohle transportierten, durch den Eisenbahnbau an Bedeutung verloren. In dem sehenswerten Gebäude „Weiße Mühle“, das an dieser Brücke liegt, ist heute ein Teil der Folkwang Universität der Künste untergebracht.

Nachdem wir Essen und seine zahlreichen Ruhrbrücken wieder verlassen haben, gelangen wir im Mülheimer Süden an eine Brücke von ganz anderem Ausmaß. Die Mintarder Brücke ist Deutschlands längste stählerne Straßenbrücke. 1830 Meter Länge misst sie und spannt sich in weitem Bogen über das Ruhrtal. Auf einer Fahrbahnhöhe von bis zu 65 Metern über dem Fluss verkehren hier die Autos und Lkws, denn die Autobahn A 52 führt über die Mintarder Brücke. Leider ist das Bauwerk zugleich auch so etwas wie die Brücke der Unglücke. Nicht nur verloren mehrere Arbeiter bei Bau- und Instandsetzungsarbeiten an der Mintarder Brücke ihr Leben oder verletzten sich schwer. Auch viele Selbstmörder suchten hier den Freitod und sprangen von ihr hinab, bis in den 80er Jahren die Brückengeländer durch einen mehrere Meter hohen Zaun ersetzt wurden.

Weniger tragisch, aber ebenfalls eine mehrspurige Straßenbrücke ist die Aakerfährbrücke in Duisburg. Der Berliner Architekt Bruno Möhring benannte sie nach der Fähre, die wenige Meter flussabwärts ab dem Jahr 1359 über den Fluss fuhr. Die bunte Aakerfährbrücke gehört zu einer interessanten Gruppe von Brücken in der Brückenlandschaft Ruhraue, wo der Fluss aus dem Mittelgebirge tritt und man die Brückenbaukunst von 140 Jahren besichtigen kann.

Noch weiter flussabwärts folgt eine weitere Autobahnbrücke. Sie ist etwas Besonderes, weil sie aus sieben Teilbrücken besteht. Die dadurch sehr lange Berliner Brücke trägt ihren Namen, seit sie 1963 vom damaligen Berliner Bürgermeister Willy Brandt als Teil der Nord-Süd-Straße (heute A 59) eingeweiht wurde. Wir passieren sie ebenfalls, um zu unserer letzten Station zu gelangen, der Karl-Lehr-Brücke. Sie liegt bei Flusskilometer 1.934 und kurz bevor die Ruhr in den Rhein mündet, bildet sie den Abschluss der Brücken über den Fluss. Wie viele andere Ruhrbrücken wurde sie als strategisch wichtige Flussquerung im Krieg zerstört und später wieder aufgebaut. Skurril ist allerdings, wie das geschah: Um die Brücke wieder aufzubauen, kamen Teilstücke der ebenfalls zerstörten Hohenzollernbrücke aus Köln zum Einsatz. Auch die Karl-Lehr-Brücke selbst besaß jedoch noch ein brauchbares Teilstück – das transportierte man allerdings nach Münster, wo es heute unter dem Namen Prinzbrücke den Dortmund-Ems-Kanal überspannt.

Hier in Duisburg an der Mündung der Ruhr endet mit dem Fluss auch die Flussreise entlang seiner Brücken, auf der wir viele weitere interessante Bauwerke auslassen mussten. Wer nun neugierig geworden ist, kann in Christoph Schmitz Buch „Die Ruhrbrücken“ weitere Hintergründe zum Thema erfahren.

Beats und Gitarren am Fluss: Das Pfingst Open Air in Werden

Foto: MC Fitti.
Foto: MC Fitti.
Foto: MC Fitti.

Elektronische Bässe, fette Gitarrensounds und tausende junge Leute in Partylaune – so klingt der Pfingstmontag in Essen-Werden. Wer am 09.06.2014 mitfeiern möchte, im Freien und ohne zu bezahlen, der sollte nicht zweimal überlegen und sich aufmachen ins Löwental. Dort steigt direkt an der Ruhr das Pfingst Open Air Werden.

Dass Pfingsten in diesem Jahr wieder in den Juni fällt, macht Hoffnung auf reichlich Sonne und volle Ruhrwiesen, wenn die Bands und DJs im Löwental den Fluss beben lassen. Diesmal stehen MC Fitti, die Mighty Oaks, Kadavar, Feine Sahne Fischfilet, die Movits, FJØRT, Echofuchs, Leitkegel und die GrooveSuckers auf der Hauptbühne. Um 13:30 starten sie im Dreiviertelstundentakt mit einer intensiven Mischung aus Rap, Hip Hop, Swing, Folk-Pop, Indie,  Post-Hardcore und Punk. Elektrofans kommen auf der Elektronischen Wiese auf ihre Kosten. Hier legen Douglas Greed, Marc Schneider, Ugly Drums, Superloader und Ralf Odermann dampfende Beats und satte Bässe auf.

Selbst wenn um 22 Uhr die letzte Band die Verstärker ausstöpselt, ist für das Festival an der Ruhr noch nicht Schluss. „Umsonst und Drinnen“ ist dann das Motto von Susanne Blech, dem DJ-Team Kay Shanghai und Lord Jr., die in der Weststadthalle weiter die Party anheizen. Shuttlebusse bringen Partywillige aus dem Löwental dorthin.

Weitere Infos zum Pfingst Open Air Werden gibt es in den Wasserwelten. Das eintägige Festival, das vom Jugendamt und dem Rockförderverein Essen organisiert wird, hat in den vergangenen 20 Jahren mit guter Musik und positiver Stimmung gezeigt, dass es einen Ausflug an die Ruhrwiesen mehr als wert ist. Einzige Empfehlung dabei: Tiere zu Hause lassen und Ohrstöpsel mitbringen – denn es kann mal wieder etwas lauter werden.

Schon mal beim Pfingst Open Air in Werden gewesen? Wenn nicht, dann nichts wie los. Und ansonsten: erst recht.

 

Projektpartner: Xylem – Bei Regen auf Bakterienfang

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Foto: Julia Eifert, Xylem Water Solutions.

Das gute Wetter vom Wochenende hält an. Jens Gebhardt schaut aus dem Fenster und runzelt die Stirn. Ein paar vereinzelte Wolken sind zu sehen, aber so richtig regnen will es auch an diesem Montag nicht. Anders als die meisten Menschen würde der 28-jährige sich das heute wünschen. Zumindest beruflich.

Der Ingenieur für Wasser- und Abwassertechnik untersucht für das Projekt Sichere Ruhr eine Kläranlage. Genauer gesagt: Er untersucht das Wasser, das aus ihrem Regenüberlaufbecken austritt, auf gesundheitsschädliche Mikroorganismen. Er will wissen, wie groß die Menge an Bakterien ist, die bei schlechtem Wetter durch Überlaufen des Beckens unbehandelt in den Fluss gelangt. Wenn es aber nicht regnet, dann läuft das Becken der Kläranlage Essen-Süd gar nicht über und Jens Gebhardt kann auch nichts messen. „Im letzten Jahr hat es überhaupt nicht genug geregnet für die Messung“, meint der Abwasserexperte. „Deshalb mussten wir ein künstliches Regenereignis simulieren und das Wasser selbst aufstauen.“

Was Jens Gebhardt bei der Untersuchung besonders interessiert, ist, welchen Unterschied die neuen Geräte zur Bakterienbekämpfung machen, die an der Kläranlage testweise installiert sind. Dabei geht es um die Anlagen zur sogenannten Ozonierung sowie zur UV-Bestrahlung des Wassers. Bei der Ozonierung wird Luft beziehungsweise Sauerstoff genutzt, um den unerwünschten Mikroorganismen im Wasser zu Leibe zu rücken. Mithilfe von Elektroden wird aus dem Sauerstoff Ozon erzeugt, das dann mit den organischen und anorganischen Verbindungen im Wasser reagiert und es so schließlich von Bakterien und Schadstoffen befreit. Die UV-Bestrahlung arbeitet dagegen mit Licht, dem ultravioletten Licht einer bestimmten Wellenlänge, das die Erbsubstanz der Bakterien angreift. Die Kleinstorganismen werden von UV-Lampen bestrahlt, bis sie nicht mehr fähig sind sich zu vermehren. „Wir überprüfen das Wasser im Zulauf zur UV-Anlage und schauen, wie viele Mikroorganismen sich darin befinden. Danach messen wir ihre Anzahl noch ein zweites Mal im Ablauf der UV-Anlage“, erläutert Jens Gebhardt. So kann er feststellen, welchen Erfolg die Methode bei der Bakterienbekämpfung hat.

Die an der Kläranlage eingesetzten technischen Vorrichtungen zur Ozonierung und UV-Bestrahlung stammen von der Xylem Water Solutions Deutschland GmbH. In der Firma, die Produkte für die Förderung und Behandlung von Wasser und Abwasser unter den Markennamen WEDECO herstellt und als Projektpartner am Projekt Sichere Ruhr beteiligt ist, arbeitet der junge Ingenieur, seit er dort 2011 seine Masterarbeit geschrieben hat. Neben Jens Gebhardt sind bei Xylem auch noch Diplom-Biologe Jürgen Vogt als Fachmann für die UV-Auswertung sowie Diplom-Ingenieur Arne Wieland mit dem Projekt Sichere Ruhr betraut. Ihre Aufgabe ist neben der Wasserprobenahme und -bewertung auch eine Kostendarstellung. „Wir berechnen für die beiden verschiedenen Techniken Ozonierung und UV-Bestrahlung, was es kosten würde, die Kläranlagen in der Region Essen damit auszustatten“, beschreibt der Xylem-Mitarbeiter ihre Aufgabe im Projekt. „Wir beurteilen, welche der beiden Methoden für den Fall der einzelnen Kläranlagen sinnvoller ist, um die Abtötung der Viren und Bakterien zu erreichen und schauen dabei auch, welches jeweils die kostengünstigere Lösung ist.“

Jens Gebhardt wünscht sich am Ende seiner Kosten-Nutzen-Prognosen und Wasseranalysen so eindeutige Ergebnisse zu haben, dass er eine klare Empfehlung an die Stadt Essen abgeben kann, denn: „Es wäre sicher eine positive Entwicklung für Essen, wenn man den Baldeneysee zum Schwimmen freigeben könnte. Als Freizeitaktivität könnte er dann noch stärker genutzt werden und das wäre bestimmt gut für die Region“, meint der Ostwestfale, der zuhause selbst meist im Frei- oder Hallendbad schwimmt. „Seen oder Flüsse zum Schwimmen gibt es bei uns in Ostwestfalen leider nicht so viele.“ Den hohen Wert einer natürlichen Badeumgebung weiß Jens Gebhardt deshalb zu schätzen. Als Umweltingenieur kennt er aber auch die Schwierigkeiten, die damit verbunden sein können und meint: „Ich kenne die aktuellen Wasserwerte von Ruhr und Baldeneysee nicht genau. Aber unter den jetzigen Bedingungen – da sie nicht als Badegewässer freigegeben sind – würde ich selbst lieber nicht reinspringen.“

Vielleicht können Techniken wie Ozonierung oder UV-Bestrahlung in Zukunft dazu beitragen, die Wasserwerte der Ruhr zu verbessern, auch nach Regenwetter, das sich immer wieder negativ auf die Wasserqualität auswirkt. Deshalb nimmt Jens Gebhardt weiterhin sorgfältig Wasserproben an der Kläranlage. Heute hat er dazu Praktikantin Julia Eifert mit nach Essen genommen, denn für die Probenahme müssen die Xylem-Mitarbeiter immer zu zweit sein. Im weiteren Verlauf der Untersuchung sind dann noch eine ganze Reihe anderer Leute beteiligt, darunter Wissenschaftler vom IWW in Mülheim und der RWTH Aachen. Dass die Wasseruntersuchung in ihren verschiedenen Arbeitsschritten eine Reihe von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Städten involviert, die sich koordinieren müssen, macht es nicht leichter, schnell auf einen Regenfall zu reagieren. „Die Labore müssen zum Beispiel zum passenden Zeitpunkt frei und besetzt sein, wenn wir eine Wasserprobe nehmen, weil dort die Proben aufbereitet werden“, erklärt Jens Gebhardt. Denn das Essener Überlaufwasser muss zeitnah analysiert werden, damit die Ergebnisse aussagekräftig sind. „Wenn es zum Beispiel am Freitagnachmittag regnet und wir danach hier an der Kläranlage Proben ziehen, wird es natürlich schwierig, denn dann sind die Labormitarbeiter schon bald im Wochenende.“ Gebhardt muss lachen: „Deshalb ist es für uns wünschenswert, dass es in der Nacht von Sonntag auf Montag regnet.“ Dass die Natur bei der Untersuchung mitspielt, ist für ihn daher eigentlich die größte Herausforderung bei seiner Arbeit im Projekt Sichere Ruhr.

Frühjahrsputz im Fluss – Die Aktion Ruhrputzen

Foto: Ran Yaniv Hartstein
Foto: Ran Yaniv Hartstein
Foto: Ran Yaniv Hartstein

Vor gar nicht allzu langer Zeit sorgte eine Studie der Universität in Wien für Aufsehen. Der Grund: Das Ergebnis der Studie zeigte – etwas drastisch ausgedrückt –, dass sich in der Donau mehr Plastikpartikel als Fische tummeln. Dabei ging es dem Forscher Aaron Lechner und seinem Team ursprünglich gar nicht um Plastikmüll im Fluss sondern um die Verbreitung von Fischlarven. Im Rahmen der Studie wurde der Uferbereich der Donau mit Hilfe von großen Netzen untersucht. „Die Ergebnisse haben uns sehr überrascht“, so Forscher Aaron Lechner, denn sie brachten ein ganz anderes Ergebnis zu Tage als erwartet: An einigen Stellen im Fluss zählten die Forscher nämlich mehr Plastikteile als Fischlarven. Schätzungen zu Folge befinden sich in 1.000 Kubikmeter Donauwasser durchschnittlich 275 Fischlarven und 317 Plastikpartikel.

Den Forschern nach besteht der Plastikmüll im Fluss zu 80 Prozent aus industriellem Rohmaterial, sprich aus kleinen Kügelchen, Flocken oder Pellets aus Kunststoff, die selbst von den Kläranlagen nicht aus dem Wasser gefiltert werden können. Neben dem Umweltproblem, dass diese Tatsache in sich birgt, gibt es noch ein weiteres Problem mit dem Plastik im Fluss: Die kleinen Plastikteilchen werden von Fischen mit Nahrung verwechselt. Haben die Fische die Partikel erst einmal aufgenommen, gelangt das Plastik auf diesem indirekten Weg auch in die menschliche Nahrungskette.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Donau mit diesem Zustand keine Ausnahme darstellt. Vielmehr besteht die Vermutung, dass die Ergebnisse der Studie auch auf andere Flüsse zutreffen: „Die Vermutung liegt natürlich sehr nahe, dass es sich dabei um ein globales Problem handelt“, sagt Wissenschaftler Aaron Lechner, Mitverfasser der Wiener Studie.

Tatsächlich ist bekannt, dass Vermüllung besonders für Flüsse, die durch dichtbesiedelte Gebiete fließen, ein typisches Problem ist. Denn: wo viele Menschen leben entsteht auch viel Abfall. Zwar gibt es in vielen Teilen der Welt heutzutage gut funktionierende Entsorgungssysteme, doch die Kontrolle über eine sachgemäße Entsorgung von Müll und Hausrat ist nicht lückenlos möglich. Das hohe Aufkommen von Müll ist daher in vielen Flüssen weltweit zu einem ernstzunehmenden Umweltproblem geworden. Welche Ausmaße das teilweise annehmen kann, zeigt diese eindrucksvolle Video über den Muhua Fluss in China. Auch in Indien setzt langsam ein Prozess des Flusssterbens ein, der durch die starke Vermüllung hervorgerufen wird.

Solche Extreme sind in Deutschland glücklicherweise unbekannt. Aber auch hierzulande haben Bürger, Behörden und Umweltinitiativen mit dem Abfall in Gewässern zu kämpfen. In München an der Isar zum Beispiel. Um den Problemen entgegen zu wirken gibt es zahlreiche Aktionen und Initiativen. An der Isar haben sich beispielsweise Schüler mit der Aktion „Deine Isar“ für den Schutz des Flusses stark gemacht und massenweise Müll am Ufer des Flusses gesammelt.

Doch nicht nur im Süden der Bundesrepublik ist die Verschmutzung der Flüsse ein bekanntes Problem. Als Fluss, der eine Metropolregion durchquert, in der Millionen Menschen leben, treffen eben diese Probleme auch auf die Ruhr zu. Doch dankenswerter Weise gibt es auch hier engagierte Bürger, die sich den Problemen stellen und dagegen ankämpfen. Eine dieser Aktionen ist die Initiative „Ruhrputzen“, die vor drei Jahren von Tauchern der Tauchschule Dive In ins Leben gerufen wurde. In diesem Jahr findet das Event am 5. Juli statt. Die Taucher haben zu diesem Zweck bereits einen großen Schuttcontainer organisiert, der sich beim Ruhrputzen hoffentlich wieder füllen wird.

Die Idee zur Aktion Ruhrputzen kam dem Initiator Holger Cremer beim Tauchen. Denn immer wieder ist er bei seinen zahlreichen Tauchgängen in der Ruhr auf Unrat gestoßen – darunter zum Beispiel Verpackungen, Autoreifen oder Fahrräder – sogar Elektroschrott, wie Kühlschränke oder Handys, rostet auf dem Grund der Ruhr vor sich hin.

Die engagierten Taucher haben nun dem Müll unter Wasser den Kampf angesagt: Am 5. Juni 2014 treffen sie sich um 9:00 Uhr in Essen-Steele am Bootshaus Ruhreck zum Ruhrputzen 2.1, um die Ruhr gemeinsam auf einem Längenabschnitt von 400 Metern zu entrümpeln – und zwar über und unter Wasser. Initiator Holger Cremer ermutigt dabei jeden Interessierten dabei zu sein: „Im Prinzip kann jeder Taucher mit Süßwassererfahrung mitmachen. Aber auch jeder Helfer, der nicht selbst tauchen kann, ist willkommen – im Uferbereich liegt nämlich auch genug Müll rum.“

Die Aktion Ruhrputzen findet inzwischen bereits zum dritten Mal statt und ist dabei, sich zum jährlich stattfindenden Event zu entwickeln. Die Erfolge sind bislang jedes Jahr sichtbar gewesen, die schwarzen Müllsäcke der Taucher, wie auch der Container sind am Ende des Tages immer gut gefüllt mit Müll und Unrat. Daher berichtet Holger Cremer stolz: „2011 waren wir mit der Aktion für den Umweltpreis der Stadt Essen nominiert.“

Holger Cremer hofft also, dass auch bei der dritten Ausgabe des Ruhrputzens wieder viele helfende Hände unter aber auch über Wasser dabei sind. Denn die Aktion dient nicht nur, um das Tauchen angenehmer zu machen. „Unser Ziel ist auch ein bisschen, den Bürgern ins Gedächtnis zu rufen, dass die Flüsse und Bäche keine Papierkörbe sind.“

Sichere-Ruhr-Workshop bringt Ergebnisse – Interessengemeinschaft „Baden in der Ruhr“ will sich gründen

Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr.
Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr.

Am 16. und 17. Mai 2014 fand in Essen-Werden im Rahmen des Projekts Sichere Ruhr ein erneuter Workshop zum Thema „Baden in der Ruhr“ statt, an dem jeder Interessierte teilnehmen konnte. Im Regattahaus am Baldeneysee hatten sich bei sonnigem Wetter zahlreiche engagierte Bürger sowie Vertreter verschiedener Organisationen versammelt, um gemeinsam auszuloten, wie eine Bademöglichkeit in Fluss und See im Detail aussehen könnte. Dabei gab es konkrete Ergebnisse.

Der Workshop im Regattahaus war die Fortsetzung einer ersten Zusammenkunft von 2013, bei der sich die Teilnehmer bereits mit den allgemeinen Gegebenheiten des Badens in Fließgewässern vertraut gemacht hatten sowie erste Vorschläge, Wünsche und Anregungen für das Ruhrbaden zusammengetragen hatten. Auch am vergangenen Wochenende begann das Arbeitstreffen mit einer Einarbeitung in die Thematik: Zunächst brachten sich die Anwesenden auf den neuesten Stand der Untersuchungen des Projekts Sichere Ruhr. Das Forschungsprojekt, an dem Wissenschaftler mehrerer Universitäten beteiligt sind, widmet sich seit 2012 der Frage, ob bzw. inwieweit die Ruhr künftig als Badegewässer genutzt werden kann.

Die Workshop-Teilnehmer im Regattahaus informierten sich in Kleingruppen bei den Mitarbeitern des Projekts über die Zwischenergebnisse der Forschung zu den verschiedenen Aspekten des Ruhrbadens. Dies geschah anhand der vier Themeninseln „Hygiene“, „Recht“, „Kosten, Nutzen und Finanzierung“ sowie „Information und Kommunikation“. Nacheinander durchliefen die Kleingruppen diese Themeninseln, wobei die Teilnehmenden bereits rege Fragen stellten und ihre Anmerkungen einbrachten. Darüber hinaus gab es bei einer fünften Themeninsel zu „Prozess und Kooperation“ dann die Gelegenheit, eigene Ideen zur Fortführung des Anliegens Baden in der Ruhr über die Laufzeit des Projekts Sichere Ruhr hinaus einzubringen. Die Themeninseln dienten in erster Linie als Grundlage für die Arbeitsgruppen und die gemeinsame Diskussionsrunde, die tags darauf folgten.

Das Angebot des Workshops zum Mitreden und Mitgestalten wurde von den teilnehmenden Bürgern und Interessenvertretern sehr aktiv genutzt. „Seit 15 Jahren setze ich mich dafür ein, hier wieder baden zu dürfen“, meint eine engagierte Teilnehmerin. „Ich bin froh, dass ich jetzt hier sitzen und mitreden darf.“ Schon beim Durchlaufen der Themeninseln am ersten Workshop-Tag wurden viele Fragen gestellt: „Warum kann man nicht sagen, wir baden auf eigene Gefahr?“, wollte eine Bürgerin wissen und ließ sich an der Themeninsel „Recht“ über die juristischen Voraussetzungen einer Badeerlaubnis informieren. „Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, sich in der Ruhr tatsächlich eine Durchfallerkrankung zuzuziehen?“, wollte ein Teilnehmer von den Hygienikern wissen und wurde über die unterschiedlichen Gefahren abhängig vom Zeitpunkt des Badens aufgeklärt. An der Station „Kosten, Nutzen und Finanzierung“ wurde unter anderem die Frage nach der Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für eine Bademöglichkeit im Fluss erörtert, die das Projekt Sichere Ruhr in einer Umfrage erhoben hat. Die Themeninsel „Information und Kommunikation“ beschäftigte man sich etwa mit der Frage, was man eigentlich inhaltlich darunter versteht, wenn eine Ampel grünes Licht fürs Baden gibt – dass es für die eigene Sicherheit bedenkenlos ist dort zu schwimmen oder nur, dass im Moment bestimmte gesetzliche Hygienebedingungen eingehalten werden?

Der Themenschwerpunkt „Prozess und Kooperation“ förderte eine Vielzahl konkreter Überlegungen der Bürger und Interessenvertreter zur Zukunft des Badens in der Ruhr zutage und setzte außerdem Impulse für ein gemeinsames Weitermachen. Dabei war die Atmosphäre insgesamt ausgesprochen konstruktiv. „Kein Zerreden“ lautete die Devise, die seitens der Teilnehmer geäußert wurde. „Nicht bloß ein langes Planverfahren, sondern auch anfangen“ wollte man, gerne in Form eines „Pilotprojekts“. Deutlich wurde außerdem der Wunsch, eine gemeinsame Plattform für den Austausch zum Thema Ruhrbaden zu schaffen. Dabei wurde dafür plädiert, alle relevanten Akteure mit einzubinden, auf Vereinsebene wie auch in den betroffenen Behörden und politischen Gremien, die interessierten Bürger ebenso wie die Experten aus der Wissenschaft.

Am Samstag, dem zweiten Workshop-Tag, sollte diese Vorarbeit in konkrete Ergebnisse münden. Nachdem zunächst im Plenum zusammentragen worden war, was der Vortag an Zwischenergebnissen geliefert hatte, teilte man sich in zwei größere Arbeitsgruppen auf. Dabei legte die erste Gruppe den Fokus auf die nächsten Schritte, die unternommen werden müssten, um den Prozess zur Fortführung des gemeinsamen Anliegens Baden in der Ruhr in Gang zu halten. Die zweite Gruppe setzte sich mit der konkreten Ausgestaltung einer Badestelle auseinander, beispielsweise bezüglich deren Infrastruktur und Kosten.

Zum Abschluss kamen die Workshop-Teilnehmer noch einmal im Plenum zusammen. Dabei wurde festgehalten, wie der weitere Fahrplan für 2014 aussehen soll. Die Teilnehmer planten die nächsten Schritte, um das Projekt nachhaltig weiterzubringen. Zunächst wurde vereinbart, dass in der diesjährigen Badesaison eine Überprüfung der Einhaltung der EU-Badegewässerrichtlinie an drei verschiedenen Standorten stattfinden soll: An zwei Stellen der Ruhr in Essen und an einer Stelle in Mülheim soll so festgestellt werden, ob die Bedingungen für eine Zulassung als EU-Badegewässer in naher Zukunft erfüllt werden können.

Ein weiteres sehr konkretes Ergebnis des Workshops ist das Vorhaben, die Interessengemeinschaft „Baden in der Ruhr“ zu gründen. In die Gemeinschaft sollen verschiedene Akteursgruppen einbezogen werden, die ihre jeweiligen Positionen, Interessen und Perspektiven einbringen können. Neben der Gruppe der Bürger, Vereine und Verbände sollen dabei auch Vertreter der Stadt, Behördenmitarbeiter, Fachexperten, Betreiber und Politiker in der Interessengemeinschaft vertreten sein. Der erste Schritt in Richtung Interessengemeinschaft ist bereits vollzogen, denn einige Teilnehmer des Workshops haben sich schon bereiterklärt aktiv daran mitzuwirken. Nun will man die Gründung voranbringen und eine Sitzung vorbereiten, in der alle Akteure über Pläne und Prozesse zum Ruhrbaden diskutieren können.

Die Projektmitarbeiter von Sichere Ruhr verstehen sich als Teil dieser Idee zu einer Interessengemeinschaft und möchten ihre Expertise einbringen, damit das Baden in der Ruhr auch über die Projektlaufzeit hinaus als Thema verfolgt wird. Deshalb wollen sie für die Interessengemeinschaft Informationen recherchieren und aufbereiten, damit Aussagen darüber gemacht werden können, welche Kosten in naher Zukunft anfallen würden. Dabei geht es sowohl um eine konkrete Bezifferung der Kosten für die Einrichtung einer Badestelle als auch um eine Abschätzung der Kosten für eine Anhebung der Wasserqualität.

Ein Fahrplan für 2014, die Initiative für eine Kostenabschätzung  und neue Wasseruntersuchungen an möglichen Badestellen und schließlich eine neue Interessengemeinschaft – es lässt sich  sagen, dass die Teilnehmer am Workshop „Baden in der Ruhr“ konkrete Ergebnisse hervorgebracht haben.

 

 

 

 

 

 

Flusstauchen – Abenteuer auf dem Grund der Ruhr

Foto: University of Southern Denmark, Maritime Archaeology Programme
Foto: University of Southern Denmark, Maritime Archaeology Programme

Dass man auf der Ruhr wunderbar Kanu fahren kann, fällt einem als Spaziergänger am Ufer schnell auf. Auch Angler trifft man dort nicht selten an. Der Fluss hält in der Tat eine ganze Reihe von Freizeitaktivitäten bereit. Aber Tauchen? Das ist nun wirklich kein Sport für einen Fluss in Nordrhein-Westfalen. Oder doch?

Viele Taucher reizt an Flüssen die Strömung, die sie quasi ohne eigenes Zutun an wechselnden Unterwasserwelten vorüberträgt. Für sonnigere Klimazonen kann man sich gut vorstellen, wie die bunten Fische dabei wie ein Film an einem vorbeiziehen. Aber wenn man über Tauchen in einem hiesigen Fluss spricht, drängt sich der Gedanke an kaltes, trübes Wasser irgendwie auf. Und er ist auch nicht unbedingt falsch. Was das Tauchen in der Ruhr reizvoll macht, sind andere Dinge wie etwa Entdeckungslust und die Neugier auf die Geschichten, die die verborgene Unterwasserwelt vor der eigenen Haustür zu erzählen hat. Außerdem die sportliche Herausforderung.

Holger Cremer von der Essener Tauchschule „Dive in“ meint dementsprechend: „Wer in der Ruhr taucht, macht das schon, um Action zu erleben.“ Denn Unwägbarkeiten zu überwinden gibt es dabei einige. Nicht nur mit einer 30 Kilogramm schweren Tauchausrüstung die richtige Einstiegsstelle anzupeilen. Die Sicht unter Wasser kann bereits nach wenigen Metern Entfernung schwierig werden. Algen und Schwebeteilchen machen das Wasser trüb und ein Mangel an markanten Punkten erschwert die Orientierung zusätzlich. Auch die Wassertemperatur ist nicht unbedingt warm, sondern macht einen etwas dickeren Neoprenanzug ratsam, damit man nicht auskühlt. Hinzu kommt die Strömung, die genau wie Temperatur und Sicht von den Witterungsbedingungen abhängt – bei Regen etwa nimmt sie zu. „Das Tauchen im Fluss ist nicht unbedingt für Anfänger geeignet,“ bemerkt Tauchcoach Holger Cremer deshalb.

Allgemein ist davon abzuraten, sich auf eigene Faust ohne erfahrenen Guide zum Tauchen in einen Fluss zu begeben. Bei weniger als fünf Metern Sichtweite besteht dort die Gefahr, dass man Hindernisse zu spät erkennt, wenn die Strömung entsprechend stark ist und man beispielsweise gegen Felsen oder Steine stößt oder sich an Gegenständen verfängt. Ausgewiesene Tauchflüsse werden als Sicherheitsmaßnahme am Grund mit farbigen Bändern markiert oder an der Wasseroberfläche mit einer Leine und Hinweis bespannt – Markierungen die dann nicht überschwommen werden sollten. Die Strömung kann beim Flusstauchen insbesondere nach Regenfällen zur Gefahr werden. Normalerweise sanfte Fließgewässer können sich dabei für den Taucher in echte Sturzfluten verwandeln, die ihn ungewollt mitreißen. Wer allerdings neben den üblichen Spielregeln beim Tauchen die besonderen Bedingungen des Flusstauchens beachtet, kann auch in Flüssen sicher tauchen und dabei manches entdecken.

Neben den Unterwasserbewohnern, die man so aus nächster Nähe betrachten kann, zählen dazu die Funde, die man auf dem Grund eines Flusses machen kann. Oft interessante, manchmal skurrile und gelegentlich auch fragwürdige Gegenstände künden dort wie archäologische Zeugnisse von menschlicher Zivilisation. Die Taucher in diesem Unterwasservideo haben in der Ruhr eine leere Geldkassette und ein Gewehr gefunden. Neben Gewehren birgt der Flussgrund noch andere Überreste des Krieges, weshalb Holger Cremer vor Tauchgängen dort die Warnung ausspricht: „Im Fluss liegt scharfe Munition. Dafür gilt: Nur gucken, nicht anfassen.“

Und auch Müll begegnet einem beim Tauchen in der Ruhr – Handys, Autoreifen, Fahrräder, sogar Fernseher liegen dort bisweilen herum, wie Flusstaucher berichten. Bei einem Gewässer, das sich durch ein so dichtbesiedeltes Gebiet schlängelt wie die Ruhr, bleiben Abfallprobleme leider nicht aus, auch wenn man sich fragt, warum jemand seinen Fernseher ausgerechnet im Fluss entsorgen musste. Auch vielen Tauchern geht solch sorgloser Umgang mit dem Fluss zuweit. Um dem etwas entgegensetzen, nehmen einige der Unterwassersportler deshalb an der Initiative Ruhrputzen teil. Bei der Aktion kann jeder mithelfen den Fluss gemeinsam zu entrümpeln. Nicht nur für Flusstaucher wird die Unterwasserwelt dadurch sicher ein Stück attraktiver.

Mit Bioplastik zu sauberen Meeren und Wäldern?

Foto: F. Kesselring
Foto: F. Kesselring

Jeder kennt das: Beim Spaziergang im idyllischen Grünen stört irgendwie der Müll, den jemand auf dem Boden verteilt hat, weil ihm der nächste Mülleimer anscheinend zu weit weg war. Aber wo heute noch sorglos weggeworfene Flaschen und Tüten das Naturbild trüben, werden solche Verpackungen in Zukunft einfach in ihre natürlichen Bestandteile zerfallen. Das ist jedenfalls die Vision des sogenannten Bioplastiks. Aber ist das auch wirklich so einfach?

Anders als herkömmliches Plastik, das biologisch kaum abbaubar ist und aus Erdöl hergestellt wird, verwendet man für die Produktion sogenannter Biokunststoffe pflanzliche, also nachwachsende Rohstoffe. Das ist möglich, weil der wichtigste chemische Grundstoff bei der Plastikherstellung nicht das Erdöl selbst ist, sondern der darin enthaltene Kohlenstoff. Und den kann man auch aus Pflanzen wie etwa Mais oder Kartoffeln gewinnen. Durch den Einsatz von Bakterien und eine chemische Weiterverarbeitung lassen sich aus den Ackerfrüchten Kunststoffe herstellen, die ähnliche oder sogar dieselben Eigenschaften haben wie das allgegenwärtige Plastik, das aus Erdöl erzeugt wird.

Letzteres benötigt oftmals mehrere hundert Jahre, bis es verrottet, was für die Wälder und besonders die Seen und Meere, in denen es sich ansammelt, immer mehr zum Problem wird. Unter den Bioplastiksorten gibt es neben ähnlich dauerhaften Kunststoffen dagegen solche, die biologisch abbaubar sind, etwa das auf Milchsäure basierende Polyactid, das kompostiert werden kann. Allerdings gilt diese umweltfreundliche Eigenschaft des Bioplastiks bisher oft nur in der Theorie. Weil auch das Bioplastik immer noch einige Zeit länger zum Verrotten benötigt als gewöhnlicher Kompost und damit nicht in den Arbeitszyklus der deutschen Kompostieranlagen hineinpasst, wird es von den Anlagebetreibern oft gar nicht zur Entsorgung angenommen. Die organischen Kunststoffe ähneln dem Erdölplastik aber wiederum nicht genug, um im gelben Sack oder der gelben Tonne richtig aufgehoben zu sein, so dass Bioplastik momentan noch in den Restmüll gehört und dann in der Regel verbrannt wird anstatt zu verrotten. Hier fehlt es schlicht noch an einer sinnvollen Integration des Stoffes in das gegenwärtige Entsorgungssystem, auch weil die hergestellten Mengen an Bioplastikverpackungen bisher nur einen geringen Teil aller Kunsttoffverpackungen ausmachen.

Eine Studie des Umweltbundesamts kam zu dem Schluss, dass Bioplastik in der jetzigen Form noch nicht als umweltfreundlicher angesehen werden kann als herkömmliches Plastik. Zwar sei es weniger klimaschädlich und theoretisch leichter abbaubar, aber durch die landwirtschaftliche Erzeugung der benötigten Mengen pflanzlicher Rohstoffe käme es zu einer verstärkten Belastung von Böden und Gewässern durch Düngemittel. Außer dem Recycling müsse deshalb auch die Herstellung von Kunststoffen wie Bio-Polyethylen, die unter anderem aus Zuckerrohr hergestellt werden, noch weiter verbessert werden, damit sie herkömmlichem Plastik überlegen seien. Eine Möglichkeit dafür könnte sein, dass in Zukunft Pflanzenreste wie etwa Schalen, die bisher nicht verwertet werden, zur Kunststoffproduktion genutzt werden. An solchen Produktionsverfahren wird bereits geforscht, bis dahin sieht das Umweltbundesamt aber in Bioplastik keine überlegene Alternative.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) geht in einer Stellungnahme sogar soweit, grundsätzlich von Bioplastik als Verpackungsmaterial abzuraten. „Biologisch abbaubare Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, sind ein Irrweg“, heißt es dort. Sie förderten „aufgrund der Vorstellung, man könne Plastik einfach wegwerfen, weil es ja doch verrotten würde, die Wegwerfkultur“.

Der Verein Plasticontrol weist ebenfalls kritisch auf die angesprochenen Mängel des Bioplastiks hin, spricht sich aber dennoch für den Einsatz des Materials anstelle von herkömmlichem Plastik aus. Der Grund: Die immense Verschmutzung der Weltmeere mit Kunststoffen aller Art, die in den Ozeanen ganze Inseln aus Plastik entstehen lässt. Dass sie immer weiter anwachsen, glaubt Plasticontrol, könnte durch den Einsatz organischer, abbaubarer Verpackungsmaterialien in Grenzen gehalten werden. Ähnlich argumentiert die Unternehmerin Ute Zimmermann, die sich mit der Firma NaKu der Herstellung sogenannter Naturkunststoffe verschrieben hat: „Wenn unsere Flasche im Meer landet, ist sie wenigstens nach 15 Jahren verrottet.“ Also einige hundert Jahre schneller als übliche Kunststoffe auf Erdölbasis.

Optimal klingt das immer noch nicht, denn viele Fische und andere Meeresbewohner würden auch in diesem Fall an den Kunststoffen zugrunde gehen. Übrig bleibt eine inzwischen beinahe altmodisch wirkende Möglichkeit, Plastikmüll zu vermeiden: Mehrwegbehälter. Nur wenn Plastik gar nicht erst tonnenweise ins Wasser gelangt, bleiben die Meere wirklich frei von Kunststoff. So raten auch Umweltverbände zu Netzen und Stofftaschen anstelle von Plastiktüten sowie zu Glasflaschen anstelle von PET-Flaschen. Allerdings sind Flaschen aus Plastik auch um einiges leichter  – und angenehmer zu tragen als ihre Alternative aus Glas. Sind wir deshalb inzwischen vielleicht schon zu bequem geworden für die gute, alte Glasflasche?

Projektpartner ITAS – Leben an der Spree, forschen an der Ruhr

Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Ladwig, Sichere Ruhr

Mülheim an der Ruhr, Essen, Bochum, Bonn, Aachen und Berlin – das Projekt Sichere Ruhr beschäftigt Wissenschaftler auch fernab vom Ufer der Ruhr. In Berlin beispielweise beteiligen sich Prof. Dr. Peter Wiedemann und Dr. Franziska Boerner vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am Projekt. Die Berliner Außenstelle des Karlsruher Instituts für Technologie liegt in einem hellen Büro direkt an der Spree – so fällt den Wissenschaftlern der Bezug zum Forschungsthema besonders leicht.

Die Kollegen vom ITAS übernehmen dabei verschiedene Aufgaben für das Projekt Sichere Ruhr. Ihre Hauptaufgabe ist die Durchführung einer deutschlandweiten Bevölkerungsumfrage zur Wahrnehmung von Risiken beim Baden in Flüssen und Risiken zum Trinkwasser. Darüber hinaus untersuchen sie, ob Menschen in natürlichen Gewässern baden gehen und welche Faktoren dabei für sie relevant sind. Indem sie vor allem wichtige Erkenntnisse aus der Psychologie und Wahrnehmungsforschung in die Konzeption der Risikokommunikation und des Handlungsleitfadens miteinbringen, unterstützen sie das gesamte Team. Hinter dem immensen Wissen steht ein sehr kleines aber eingespieltes Team. Der Projektleiter Prof. Dr. Wiedemann und Dr. Franziska Boerner sind so etwas wie eine Zwei-Mann-Risikotaskforce, die auf beträchtliche Erfahrungen im Bereich Risikowahrnehmungs-, und -kommunikationsforschung zurückgreifen können. Außerdem steht das Team mit anderen Projektpartnern in regem Kontakt. Besonders eng arbeiten sie dabei mit dem Team am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Duisburg-Essen zusammen ­– denn die Arbeiten der beiden Institute stehen in besonderem inhaltlichen Zusammenhang und bauen aufeinander auf.

Fixe Routinen gibt es für Franziska Boerner in ihrem Arbeitsalltag für Sichere Ruhr nicht. Die anstehenden Aufgaben hängen viel mehr vom aktuellen Stand des Projekts ab, dabei gleicht kein Tag dem anderen. Besonders interessant war für die promovierte Psychologin die Phase, in der die repräsentative Bürgerbefragung vorbereitet und durchgeführt wurde. In einem ersten Schritt entwickelte Franziska Boerner den Fragebogen auf Basis bestehender Literatur und ihrer Erfahrungen aus vergangenen Projekten. Im nächsten Schritt wurden Probeinterviews durchgeführt um zu testen, ob die Fragen auch tatsächlich die gewünschte Erkenntnis liefern. Nach der Entwicklung des Fragebogens folgte die Durchführung der Befragung. Hierzu mussten Interviewer geschult und Modalitäten mit dem Befragungsinstitut verhandelt werden. Der letzte und für Franziska Boerner auch spannendste Schritt war schließlich die Auswertung der erhobenen Daten. Mit Hilfe von statistischen Methoden versucht sie dabei Muster im Antwortverhalten zu entdecken oder sie widmet sich aufmerksam den offenen Antworten: „Besonders spannend sind gerade diese freien Antworten wie zum Beispiel die Gründe der Befragten für das Baden in Flüssen.“

Bei der Befragung sind eine Menge spannender Ergebnisse heraus gekommen. So konnten die Kollegen zum Beispiel belegen, dass die allgemeinen Bemühungen die Trinkwasserqualität zu steigern in den vergangenen Jahren bereits Früchte tragen: „Die Umfrage zeigt, dass die Menschen zufrieden sind mit der Trinkwasserqualität und diese in Deutschland als sehr gut einschätzen.“ In der Studie zeigt sich auch, dass nur circa 6-11 Prozent der Deutschen schon einmal in einem Fluss baden waren. Das interessante ist aber, dass sich über 60 Prozent vorstellen könnten, in einem Fluss zu baden, wenn eine gute Wasserqualität gegeben wäre und die nötige Infrastruktur vorhanden wäre, berichtet die 34jährige – „diese Tatsache zeigt ja ein grundsätzliches Interesse der Bevölkerung am Flussbaden und ist ein Indiz dafür, dass wir mit dem Projekt ein aktuelles Thema verfolgen.“ Ein anderes erstaunliches Studienergebnis für das ITAS-Team, ist die Deutlichkeit mit der sich zeigt, dass die Mehrheit der Befragten die Qualität von Badegewässern rein über die Sensorik – also über das Aussehen und über den Geruch des Wassers – beurteilt. Mögliche Grenzwerte oder ähnliches werden da zunächst gar nicht in Betracht gezogen, vielmehr zählt, was optisch wahrnehmbar ist: „Wenn keine komischen Tierchen oder irgendein Müll im Wasser schwimmen, ist die Qualität für den Betrachter gut. Wenn der Mensch denkt, das sieht gut aus, dann springt er da auch rein.“

Aus genau diesem Grund betrachtet die junge Forscherin die Risikoaufklärung auch als wichtigen Bestandteil des Projekts Sichere Ruhr. Es sei sehr wichtig, die Menschen über die Wasserqualität aufzuklären, das habe die Befragung eindeutig gezeigt. Hier liegt für das Team am ITAS auch die größte Herausforderung für das Projekt. Zusammen mit den Kollegen am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Duisburg-Essen, wo das Kommunikationskonzept zum Baden in der Ruhr entwickelt wird, versuchen sie Wege zu finden, um die Ergebnisse aus der Studie in die Kommunikationsansätze zu integrieren. Was genau müsste kommuniziert werden, wenn man tatsächlich eines sonnigen Tages in der Ruhr baden könnte? Über welche Risiken, die von der Bevölkerung so nicht wahrgenommen werden, müsste aufgeklärt werden? Und auf welchen Wegen sollte kommuniziert werden, damit die Botschaft auch ankommt? Die Forschung im Bereich Kommunikation steckt in vielen Teilen noch in den Kinderschuhen, obwohl es ein großes Informationsbedürfnis in der Bevölkerung gibt. Gerade das macht das Projekt Sichere Ruhr für die Wahl-Berlinerin so spannend.

Neben den Aspekten der Kommunikation gibt es aber auch eine Menge anderer Faktoren, aufgrund derer Franziska Boerner gerne im Projekt arbeitet: „Das Thema Wasser finde ich einfach total spannend – Wasser reicht in alle Bereiche unseres Lebens hinein, zum einen als besonderes Lebensmittel, zum Baden und zur Naherholung, aber auch als Grundlage für Industriegüter oder als Voraussatzung für die Landwirtschaft.  Ohne Wasser geht wirklich gar nichts!“ Eine weitere Motivation für die Psychologin ist zudem ihr lokaler Bezug zum Ruhrgebiet, denn sie hat Familie in Hagen und verbringt daher gerne und häufig Zeit in der Region rund um die Ruhr. Am Wasser im Grünen lässt es sich einfach gut entspannen. Und genau hier liegt ihrer Meinung auch ein weiterer Kernpunkt des Projekts Sichere Ruhr: „Mal ganz abgesehen davon, ob man in dem Fluss in Zukunft baden gehen kann oder nicht – die Nutzung der Ruhr als Naherholungsraum ist meiner Meinung nach ein ganz entscheidender Faktor für die Region.“ Und eine saubere Ruhr spielt da nicht nur für die Menschen eine entscheidende Rolle sondern auch für die Tiere und Pflanzen in und entlang der Ruhr.

Trotzdem wäre die Wissenschaftlerin offen für ein kühles Bad in der Ruhr. Für Menschen die sehr naturverbunden sind, so wie Franziska Boerner, wäre es sicher eine schöne Vorstellung auch im Ruhrgebiet eine Erfrischung im Fluss zu finden zu können. „Allerdings nicht unbedingt an allen Stellen, immerhin gibt es mancherorts starke Strömungen oder Schiffsverkehr“ gibt sie zu bedenken. Auch müsse man die Ergebnisse des Projekts abwarten, denn schließlich hat die Sicherheit der Bürger auch in der Badefrage höchste Priorität. „Sicher wäre es ein schönes Projektergebnis, zu zeigen, dass man in der Zukunft in der Ruhr baden kann. Aber es gibt auch viele Faktoren in dieser Entscheidung, die gar nicht von dem Projekt abhängen“ – Umweltfaktoren, Verkehrssicherungspflichten oder die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Beispiel. Daher sieht Franziska Boerner die Hauptaufgabe von Sichere Ruhr auch darin, die Möglichkeiten und Hürden aufzuzeigen. „Das ist schon ein Schritt in die richtige Richtung – auch wenn am Ende des Projekts eine lange Liste von Herausforderungen steht, die es zunächst zu lösen gilt!“

Einladung zum Workshop „Badestellen an der Ruhr“

Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Ladwig

Im Forschungsprojekt Sichere Ruhr widmen wir uns seit Januar 2012 unter anderem der Frage, ob die Ruhr in Zukunft wieder als Badegewässer genutzt werden kann. Bei der Erarbeitung eines möglichen Konzepts zum Baden in der Ruhr ziehen wir den Baldeneysee und die Untere Ruhr als Beispielgewässer heran. Welche Szenarien für das Baden in der Ruhr denkbar sind und welche Anforderungen an das Baden in der Ruhr gelten, wurde in einem Workshop im April 2013 gemeinsam mit interessierten Bürgern erarbeitet. Am 16. und 17. Mai 2014 wird es nun einen Anschlussworkshop geben, zu dem alle interessierten Bürger wieder herzlich eingeladen sind.

Ziel des Projekts Sichere Ruhr ist, den Fluss im Hinblick auf die Wasserqualität noch sicherer zu machen. In erster Linie möchten wir dabei herausfinden, ob – und wenn ja, wie – die Ruhr in Zukunft zeit- und streckenweise wieder als Badegewässer dienen kann. Und da die Ruhr als Fluss so wichtig für die Menschen der Metropolregion Ruhr ist, sollen gerade Sie als Bürger Gehör finden – das Projekt Sichere Ruhr möchte mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Die Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger können online in der Shoutbox wahrgenommen werden, sollen sich aber nicht auf diese Form der online Beteiligung beschränken. Als weiteres Forum, bei dem die Interessierten persönlich zusammen kommen, um Erfahrungen und Meinungen zum Baden in der Ruhr auszutauschen, dient daher der jetzt anstehende Workshop. Der Workshop, der am Freitag, 16. Mai, von 16:00 bis 19:30 Uhr und am Samstag, 17. Mai, von 10:00 bis 14:30 Uhr in Essen-Werden stattfindet, möchte Wünsche, Bedenken, Anregungen, Lob oder Kritik aller interessierten Bürger einfangen. Gemeinsam soll ein mögliches Szenario für das Baden im Baldeneysee und an der Ruhr im Detail erarbeitet werden. Für das leibliche Wohl aller Teilnehmer wird während des Workshops gesorgt.

Der Workshop richtet sich an alle interessierten Bürger der Region. Wer daran teilnehmen möchte, sendet uns einfach eine formlose Anmeldung per Mail unter anmeldung@sichere-ruhr.de. Auch für weitere Informationen oder bei Fragen zum Projekt sind wir immer gerne für Sie da!

Zwischen Acker und Fluss – Landwirtschaft und Gewässerschutz

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Für eine ertragreiche Landwirtschaft spielt Wasser seit jeher eine wichtige Rolle. Felder müssen bewässert und Vieh muss getränkt werden. Aber auch in umgekehrter Richtung besteht eine Abhängigkeit: Für den Zustand des Wassers ist das Verhalten der Landwirte von Bedeutung.

Intensive landwirtschaftliche Nutzung, wie sie in Deutschland verbreitet ist, bringt auch für die Ökologie der jeweiligen Region Folgen mit sich. Deshalb macht es Sinn, sich die Auswirkungen von Ackerbau und Viehzucht auf die Qualität des Wassers näher anzuschauen, besonders wenn es sich bei der Region um das Einzugsgebiet eines Flusses wie der Ruhr handelt.

Das ist allerdings komplizierter als man zunächst denken mag. Denn anders als beispielsweise beim Abwasser einer Fabrik, das durch Rohre fließt, deren Durchfluss man relativ leicht überprüfen kann, sind die Gewässereinträge von Feld und Wiese meist nicht an einem Punkt konzentriert, sondern weiter gestreut, schwerer messbar – oder wie Experten sagen „diffus“. Sogenannte „diffuse Quellen“ haben oft keine klare Grenze und vor allem wird ihr Abfluss nicht in die Abwasserkanalisation geleitet, sondern versickert oder läuft – durch das Regenwasser ausgespült – direkt in Bäche, Flüsse und Seen.

Schadstoffe, die auf diese Weise ins Wasser gelangen, werden häufig mit Modellrechnungen ermittelt, weil ihr Eintrag praktisch nicht vollständig gemessen werden kann. Da die diffusen Quellen so verteilt und zahlreich sind, kann kaum zu jeder einzelnen Quelle ein Bericht eingeholt werden, erläutert das Umweltbundesamt auf seinem Schadstoffinformationsportal. Allein nahezu dreihunderttausend landwirtschaftliche Betriebe werden in Deutschland zu diesen Quellen gerechnet.

In vielen dieser Betriebe werden Düngemittel eingesetzt, die über Niederschläge und Auswaschung von den Feldern in das Ökosystem eingetragen werden, wo sie weitreichende Auswirkungen auf den Naturhaushalt haben können. Durch den Einsatz der Düngemittel auf den Äckern gelangen so mittelbar Stickstoff und Phosphor in die Gewässer und führen zu einer Überbelastung mit Nährstoffen, die von Biologen als Eutrophierung bezeichnet wird. Die Folge ist dann, dass Algen und Wasserpflanzen übermäßig wachsen und damit vielen Kleinlebewesen und Tieren die Lebensgrundlage entziehen können.

Weitere problematische Stoffe, die aus landwirtschaftlichen Betrieben ins Wasser gelangen können, sind Bakterien und Viren aus der Viehzucht, Insektenvernichtungsmittel bzw. Pflanzenschutzmittel und sogar Perfluorierte Tenside (PFT). Letztere sorgten 2006 fürAufsehen, als sie bei einer Studie der Universität Bonn in den nordrhein-westfälischen Flüssen Ruhr und Möhne nachgewiesen und auf den Gebrauch in Düngemitteln zurückgeführt wurden – wenngleich sie für gewöhnlich eher in der Industrie zum Einsatz kommen. Die Stoffe gelten als nicht abbaubar, können sich daher in der Umwelt sowie im menschlichen und tierischen Gewebe anreichern und stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Aufgrund dieser PFT-Nachweise gibt es immer noch eine einschränkende Empfehlung für den Verzehr von Fischen aus den genannten Flüssen. Bereits 2006 wurde außerdem durch die Europäische Union eine gesetzliche Begrenzung des Einsatzes von PFT erlassen. Dennoch wurden sie auch im vergangenen Jahr noch im Düsseldorfer Grundwasser gefunden.

Neben gesetzlichen Beschränkungen gibt es weitere Maßnahmen, die helfen können, diffuse landwirtschaftliche Einträge in die Gewässer zu vermindern. Allgemein gehört eine einschlägige Beratung der Landwirte dazu und eine Kooperation zwischen Landwirten und Wasserwirtschaftlern. An der Ruhr befasst sich die Arbeitsgruppe Wasserqualität Landwirtschaft mit diesem Thema. Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) fördert dabei die Beratung der Bauern durch die regionalen Landwirtschaftskammern, um den Gehalt von Nitrat und Pflanzenschutzmitteln in den Flüssen zu verringern.

Ganz praktische Maßnahmen gegen landwirtschaftliche Gewässerbelastungen sind die Verwendung von Mulchsaat, die eine Erosion des Bodens und damit mögliche Phosphoreinträge vermindert sowie das Einsparen von Dünger, wodurch der Stickstoffeintrag reduziert wird. Gegen Insektizide im Wasser plädiert Ralf Schulz von der Universität Koblenz für fünf bis zehn Meter breite Streifen zwischen Ackerfläche und Gewässer. „Würden die Bauern etwa durch Hecken gezwungen, breite Randstreifen um die Felder herum vom Anbau und damit auch von Spritzmitteln freizuhalten, könnte das die giftigen Substanzen von den Gewässern fernhalten“, meint der Umweltwissenschaftler.

Auch Silke Roder vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, die sich mit dem Eintrag von Keimen in die Ruhr befasst, spricht sich für Gewässerschutzstreifen aus. „Je breiter der Randstreifen ist, desto besser“, meint die Ingenieurin. Sie hat noch weitere praxisnahe Vorschläge, wie Landwirte die Gewässerbelastung senken können: „Oft kann es helfen, für die Kühe auf der Weide eine Tränke zu bauen“, erklärt sie. Denn dann müssten die Tiere nicht mehr direkt aus dem Bach trinken. Wenn man ihnen dann den Zugang zum Fließgewässer versperre, könnten sie dort beim Trinken keine Keime mehr hinterlassen. Außerdem rät die Wissenschaftlerin zu einer „detaillierten Gülle-Bilanzierung“ durch die einzelnen Betriebe. Damit ist gemeint, dass die Landwirte eine ausführliche Dünge-Planung machen, die sich an den Wachstumsphasen des Bewuchses orientiert. In diesen kann der Dünger optimal von den Pflanzen aufgenommen werden. Die Pflanzen binden damit die aufgebrachten Nährstoffe und so gelangen diese nicht in die Gewässer. Generell sei es auch für die Flüsse und Seen günstiger, abgelagerte Gülle zu verwenden, meint Silke Roder, denn „die frische Gülle enthält auch am meisten Keime.“

Es zeigt sich, dass die Qualität unserer Gewässer auf die Mitwirkung der Landwirte angewiesen ist – doch glücklicherweise gibt es verschiedene Kooperationsangebote, die sogar über gesetzliche Vorschriften hinaus bestehen. Denn schließlich haben auch Landwirte als Verbraucher und als Produzenten von Naturprodukten ein Interesse an sauberem Wasser.

Pressekonferenz am Baldeneysee – Zwischenergebnisse des Projekts Sichere Ruhr

Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Ladwig, Sichere Ruhr

Am heutigen Mittwoch kamen Wissenschaftler und Journalisten im Regattahaus am Ufer des Baldeneysees zusammen, um sich mit dem Thema Baden in der Ruhr zu beschäftigen. Auf der Veranstaltung wurden die Zwischenergebnisse des BMBF-Projekts Sichere Ruhr präsentiert und diskutiert:

Zurzeit besteht im Ruhrgebiet ein Badeverbot für die Ruhr und ihre Stauseen. Das Projekt Sichere Ruhr, das vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2014 läuft, überprüft, ob das Baden in der Ruhr hinsichtlich der hygienischen Bedingungen in Zukunft möglich sein könnte. Eine aktuell vom Projekt durchgeführte Bevölkerungsumfrage zeigt, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung eine solche Bademöglichkeit wünscht – und bereit ist, sich finanziell an der Umsetzung zu beteiligen.

Nach zwei Jahren intensiver Forschung können nun erste Aussagen zu den Ergebnissen und zukünftigen Bademöglichkeiten gemacht werden. „Die hygienische Bewertung zeigt, dass Baden in der Ruhr grundsätzlich realisiert werden könnte, wenn auch nicht immer und überall“, sagt Projektsprecher Wolf Merkel. Unter den heutigen Bedingungen wäre die Badenutzung nur an einigen Tagen im Jahr möglich. Um die Zahl möglicher Badetage in der Ruhr zu erhöhen, müsste die Qualität des Wassers noch weiter verbessert werden.

Als Problematisch für den Status eines offiziellen Badegewässers erweisen sich bei natürlichen Gewässern die strengen europaweiten Anforderungen. Eine Einstufung der Ruhr als Badegewässer kann daher zunächst nicht vorgenommen werden, denn, dass das Ziel einer dauerhaften Bademöglichkeit erreicht werden kann ist eher unwahrscheinlich. Allerdings bieten die bereits heute an verschiedenen Abschnitten der Ruhr günstigen hygienischen Bedingungen die Chance, eine rechtliche Basis zu finden, damit der Badespaß bei Trockenwetter geduldet werden kann.

Die beim Baden in der Ruhr bestehenden Gesundheitsgefahren gehen in erster Linie von Krankheitserregern aus. Diese können unter anderem Durchfälle hervorrufen. Erkrankungsrisiken bestehen vor allem für ältere Menschen und Kleinkinder mit einem schwachen Immunsystem. Da die Wasserqualität in natürlichen Gewässern durch Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel das Wetter, jederzeit natürlichen Schwankungen unterliegt, ist ein völlig risikofreies Baden grundsätzlich nicht möglich. Natürlich gibt es beim Baden in Flüssen stets auch Gefahren wie Strömungen oder Treibgut. „Eigentlich sieht es ganz gut aus. Aber Baden in der Ruhr wird immer auch mit Restrisiken verbunden sein“, gibt Merkel zu bedenken. Da jeder selbst entscheiden muss, ob er sich diesen Gefahren aussetzen möchte, würde die Verantwortung, in der Ruhr zu baden, letztlich bei jedem Badegast selbst liegen.

Die hygienische Qualität der Ruhr wird ganz wesentlich durch starken Regen und daraus resultierendes Hochwasser beeinträchtigt. Dabei gelangen Krankheitserreger durch Abschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen, durch Überläufe aus der städtischen Kanalisation und durch Kläranlagenabläufe in den Fluss. Aus diesem Grund wäre die weitere Verbesserung und stetige Kontrolle der hygienischen Wasserwerte in der Ruhr eine Voraussetzung für die künftige Bademöglichkeit.

Hierzu wären zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen notwendig, die den Keimeintrag verringern. Zum Schutz der Badegäste wird derzeit im Projekt auch ein engmaschiges Überwachungssystem erarbeitet. Dieses würde frühzeitig anzeigen, wann das Wasser zum Baden geeignet wäre.

Auch mit der Ausgestaltung von Badestellen beschäftigt sich das Projektteam. Dazu wurden unter Bürgerbeteiligung drei Szenarien zum Baden in der Ruhr entworfen: „Naturnahes Baden“, „Baden an ausgewiesenen Badestellen“, und „Baden in Flussbädern“. Diese Szenarien werden nun als Grundlage für die weitere Planung der Bademöglichkeiten im Gewässer genutzt.  Am 16. und 17. Mai findet ein weiterer Workshop mit Bürgerbeteiligung am Baldeneysee statt. In diesem soll ein Badeszenario im Detail ausgearbeitet werden.

Ob die dabei entworfenen Realisierungsvorschläge, wie eine Bademöglichkeit aussehen kann, aber letztendlich umgesetzt werden, liegt dann an den einzelnen Städten und Kommunen. Derzeit ist zudem noch offen, auf welcher rechtlichen Basis ein Baden in der Ruhr möglich werden könnte. Hierzu analysiert das Projektteam auch die Erfahrungen mit dem Baden in Fließgewässern in anderen Bundesländern und in Europa.

Auf die Endergebnisse des Forschungsprojekts müssen wir noch ein wenig warten – dabei dürfen wir gespannt sein, ob und inwiefern sich die jetzt präsentierten Zwischenergebnisse noch verändern werden.

Nachhaltig fischen – mit der Angel an der Ruhr

Foto: Alois Staudacher
Foto: Alois Staudacher
Foto: Alois Staudacher

„Blinker, Crawler, Fireball, Boillies oder Knicker“ – die Anglergemeinschaft hat ihre eigene Fachsprache, als Laie versteht man schnell nur Bahnhof. Es gibt nicht nur viele verschiedene Angeltechniken, auch das Anglerzubehör erscheint fast wie eine Wissenschaft für sich. Ein Segen für Angler an der Ruhr ist zum einen die Tatsache, sich in dem Gewässer eine Vielzahl unterschiedlicher Fischarten tummeln und zum anderen, dass hier auch geangelt werden darf!

Um sich einen Überblick über die in der Ruhr lebenden Fische, über den Arten- und Naturschutz  und über die Anglersprache zu verschaffen, sollte jeder Sportsfreund zunächst einen Angelschein machen. Dieser Schein fungiert dann als Angelerlaubnis und verlangt eine richtige Fischerprüfung. Die Prüfung dazu kann bei der unteren Fischereibehörde des Landes Nordrhein-Westfalen abgelegt werden. Circa 16.000 Hobby-Angler legen im Jahr die Fischerprüfungen ab.

Der rheinische Fischereiverband von 1880 e.V. bietet zweimal jährlich Vorbereitungskurse für die Prüfung an. Diese sind jedoch keine Voraussetzung um Die Prüfung abzulegen. Angehende Angler können sich auch eigenständig auf die Prüfung vorbereiten.

Viele Angler- und Fischereivereine haben sich auch dem Naturschutz verschrieben. Dabei geht es um die Aufzucht und das Einsetzen unterschiedlicher Fischarten in natürliche Gewässer. So zum Beispiel der Fischereiverein Essen, der Karpfen und Hechte heran züchtet und diese in Ruhr und Baldeneysee setzt.

Die Ruhrfischereigenossenschaft nimmt die Rechte und Pflichten der Fischer und Angler in Nordrhein-Westfalen wahr. Sie kümmert sich um die Fischbestände und sieht die Hege und Pflege der Fische als ihre Pflicht an. Eine wissenschaftliche Untersuchung der Genossenschaft zeigt, dass einige der vielen Fischarten in der Ruhr gefährdet sind und daher nicht gefischt werden sollten. Besonders Fischarten, die weite Strecken zu ihren Laichplätzen zurücklegen, sind sehr bedroht.

Aber auch bei anderen Fischen gilt: man darf nicht jeden Fisch zu jeder Zeit angeln. Laichzeiten, Schonzeiten und das Alter der Fische müssen beachtet werden. Der Artenschutz ist im Gesetz festgehalten, der Hecht zum Beispiel darf zwischen dem 15. Februar und 30. April nicht gefischt werden, und außerhalb der Schonzeit auch nur, wenn er mindestens 45 Zentimeter  lang ist. Diese Richtlinien sind im Landesfischereigesetz Nordrhein-Westfalen festgelegt.

Um den Fischbestand zu schützen, gibt es verschiedene Initiativen und Projekte. So zum Beispiel das Fischschutzprogramm der Stiftung Wasserlauf, die sich vor allem dem Schutz der besonders bedrohten Wanderfischarten verschrieben hat. Als Wanderfischarten, werden solche Fische bezeichnet, die sehr weite Strecken zurücklegen. Manche Arten wechseln dabei sogar zwischen den Gewässertypen (Salz- und Süßwasser).

Angeln kann aber auch helfen, die Gewässerökologie wieder ins Gleichgewicht zu bringen oder das Gleichgewicht zu halten. Die Grundel, ein nicht heimischer Fisch, mittlerweile aber stark in den Flüssen in Nordrhein-Westfalen vertreten, verdrängt beispielsweise die heimischen Arten und ist somit ausdrücklich zum Fang freigegeben. So können Angler durch das Angeln der Grundel zum Schutz des Ökosystems des Flusses beitragen.

Aber auch die Angler selbst sollten einige Gegebenheiten zu ihrer eigenen Sicherheit beachten, wenn sie den Ruhrfisch zu Mittag verzehren möchten. Denn einige der Flussfische sind mit Schadstoffen belastet, vor allem mit Perfluorierten Tensiden (PFT). Deshalb sollten ambitionierte Angler maximal sechs mal pro Monat 300 Gramm Ruhrfisch essen. Selbstgefangene Wildaale, sollten aufgrund erhöhter Belastung mit Dioxin- und Polychlorierten Biphenylen (PCB) hingegen gar nicht verspeist werden.

Damit ist Angeln, so scheint es, eine Wissenschaft für sich. Doch wenn die wesentlichen Regeln und Vorschriften beachtetet werden und jeder Angler gewissenhaft und nachhaltig handelt, so steht dem Angelspaß bald nichts mehr im Wege. In diesem Sinne: Petri Heil!

Vielfalt erhalten am Baldeneysee – das Vogelschutzgebiet Heisinger Bogen

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Foto: Christian Selbach, Sichere Ruhr.

Ein Graureiher landet mit Zweigen im Schnabel auf einem Ast am Ufer des Baldeneysees und senkt seine Schwingen. Sorgfältig bessert das dazugehörige Weibchen bereits das gemeinsame Nest aus. Bald wird das Vogelpaar hier seinen Nachwuchs aufziehen. Auch in diesem Frühjahr kann man ihnen am Baldeneysee wieder dabei zusehen. Etwa 90 Graureiher-Brutpaare nisten hier an der Südspitze der Heisinger Halbinsel. Neben Vögeln leben auch viele Amphibien, Libellen, Falter und Wasserpflanzen im sogenannten Schutzgebiet Heisinger Bogen.

Ein schmaler Wanderweg führt an der Grenze des Schutzgebiets entlang, das von Erlen, Ahorn und Buchen gesäumt ist. Hier bietet sich die Gelegenheit, zahlreiche Vögel zu beobachten, manche davon das ganze Jahr über, denn einige Arten überwintern in Heisingen. Für andere dagegen ist der Heisinger Bogen nur ein Zwischenstopp. Scharen von Wasservögeln nutzen ihn zum Rasten vor ihrem Weiterflug.

Beim Spaziergang am Rande des Schutzgebiets zeigen sich viele Vögel, die den Kontakt mit Menschen gewöhnt sind und kaum Scheu an den Tag legen, darunter Haubentaucher oder Stockenten. Aber auch seltenere Arten kann man hier mit etwas Glück zu Gesicht bekommen, beispielsweise den Eisvogel. Er jagt im Baldeneysee mit Vorliebe nach Fischen. Darin tut es ihm der Kormoran gleich, der schon beinahe ausgerottet war und unter Schutz gestellt wurde. Mittlerweile hat sich der Bestand dieser Vogelart erholt und sie sorgt nun mancherorts für Meinungsverschiedenheiten. Vor allem einige Fischer, die um ihre Erträge bangen, klagen über jagende Kormorane. Am Baldeneysee wurde für dieses Problem jedoch ein Kompromiss gefunden, wie der Naturschutzbund berichtet: Während der Fischaufzucht werden die dafür vorgesehenen Teiche sechs Wochen lang mit Netzen überspannt, um die Kormorane vom Fressen der Jungfische abzuhalten.

Neben der Fischaufzucht ergeben sich auch für die Gewässerhygiene Herausforderungen durch das Vogelschutzgebiet. Mit den Ausscheidungen von Vögeln können etwa Bakterien ins Wasser gelangen. Ein Beispiel hierfür ist Campylobacter, der Erreger der Magen-Darm-Entzündung. „Die Vögel sind hier häufig mit dem Bakterium infiziert, ohne Symptome aufzuweisen“, erläutert Marina Horstkott von der Universität Duisburg-Essen. Die Vermehrungsbedingungen im Wirt Wasservogel seien für den Krankheitserreger sehr günstig, meint die Doktorandin, unter anderem aufgrund der Körpertemperatur der Vögel. „So können hohe Konzentrationen mit dem Vogelkot ausgeschieden werden und ins Wasser gelangen.“ Das Forschungsprojekt Sichere Ruhr hat deshalb direkt am Heisinger Bogen eine seiner Messstellen eingerichtet, um die Auswirkungen der Einträge von Vögeln auf die Wasserqualität zu untersuchen.

Dabei haben die Wissenschaftler eine weitere mögliche „Nebenwirkung“ des für Vögel idealen Schutzraums im Blick: die Badedermatitis. Sie wird von sogenannten Vogelschistosomen ausgelöst, Parasiten, die sich normalerweise Schnecken und Enten als Wirt aussuchen. Christian Selbach, Biologe in der Abteilung für Aquatische Ökologie an der Universität Duisburg-Essen, erklärt: „Das Risiko der Badedermatitis entsteht durch die freischwimmenden Larven der Parasiten, die versehentlich den Menschen befallen und dort einen juckenden Hautausschlag verursachen können.“ Da das Vogelschutzgebiet Heisinger Bogen sowohl für Entenvögel als auch Schneckenarten gute Bedingungen biete, könnten hier auch deren Parasiten vorkommen. „Ein Infektionsrisiko ist allerdings nicht auf dieses Gebiet beschränkt,“ führt der Wissenschaftler aus, „weil geeignete Enten- und Schneckenwirte auch an anderen Stellen im Baldeneysee anzutreffen sind.“

Außer diesen möglichen Nebenwirkungen für Menschen ergeben sich aber auch für die zum Teil bedrohten Tiere im Schutzgebiet Probleme aus dem gegenseitigen Kontakt. Die Fachinformation des Landesumweltministeriums führt Müll, freilaufende Hunde sowie Beeinträchtigungen durch unachtsame Wassersportler als Herausforderungen für das Schutzziel des Gebiets Heisinger Bogen auf. Auch das Füttern der Wasservögel durch Spaziergänger greift in das Ökosystem ein, weshalb davon abzuraten ist. Es kann beispielsweise zu einer Überbevölkerung mancher Vogelarten beitragen – und damit indirekt auch die Wasserqualität negativ beeinflussen, weil ein Überschuss an Vogelkot in den See gelangt.

Im Interesse der Vögel kann man aufs Füttern verzichten und Hunde anleinen. Auf der anderen Seite ist die Badedermatitis für die betroffenen Menschen zwar unangenehm, gilt aber nicht als gefährlich. Was jedoch klar wird: Falls man in Zukunft im Baldeneysee wieder schwimmen könnte, bliebe es wichtig, den Schutz von Badenden und Tieren miteinander in Einklang zu halten.

Projektpartner: IWW – Was die Ampel morgen sagt

Foto: Pascal Bovée, Sichere Ruhr.
Foto: Pascal Bovée, Sichere Ruhr.
Foto: Pascal Bovée, Sichere Ruhr.

Jedes Kind lernt früh: Eine grüne Ampel heißt noch nicht, dass tatsächlich alle Autos anhalten. Und jeder Erwachsene weiß: Eine rote bedeutet nicht, dass überhaupt eins kommt.

Dass man also immer noch am besten selbst nach links und rechts schaut, ist im Straßenverkehr jedem klar. Beim Baden in Seen und Flüssen macht sich dies dagegen nicht jeder bewusst. Ein Ort, wo man sich bemüht, dafür ein Bewusstsein zu schaffen, ist das IWW Zentrum Wasser in Mülheim.

Am IWW, wo das Projekt Sichere Ruhr koordiniert wird, beschäftigen sich eine Vielzahl von Mitarbeitern mit dem Ruhrwasser. Dort arbeiten unter anderem Mikrobiologen, Technologen, Ökonomen oder Statistiker an dem Projekt.

Laut Projektkoordinator Dr. Wolf Merkel ist eine wesentliche Aufgabe der Forscher dabei, wissenschaftliche Fakten für die Diskussion um die Frage ‚Könnte die Ruhr künftig zum Baden genutzt werden?’ bereitzustellen. „Im aktuellen Rechtsrahmen ist dies nicht möglich, weil die schwankende Wasserqualität bei Regen in der EU-Badegewässerrichtlinie nicht berücksichtigt wird“, meint der Ingenieur. „Teil der Arbeiten im Projekt ist es daher, Lösungswege hierfür aufzuzeigen.“

Martin Strathmann, Andreas Hein und Hans-Joachim Mälzer sind drei Mülheimer Kollegen, die an diesen Lösungswegen arbeiten. Im Interview mit ihnen wird schnell klar, dass sie eng zusammenarbeiten. Die Daten, die Martin Strathmann und seine Kollegen aus der mikrobiologischen Abteilung sammeln, wenn sie Wasserproben an der Ruhr nehmen, helfen beispielweise Hans-Joachim Mälzer bei der Entwicklung einer aussagekräftigen Vorhersage zur Wasserqualität. Und für Andreas Hein spielt beides eine Rolle, wenn er mögliche Badeszenarien am Baldeneysee miteinander vergleicht. „Im Projekt Sichere Ruhr sind wir nicht nur bei uns im Haus eng vernetzt“, erläutert der Mikrobiologe Martin Strathmann. „Wenn wir an der Ruhr oder am Baldeneysee Wasserproben nehmen sind beispielsweise auch die Kollegen vom Essener Biofilmcenter und Wissenschaftler aus Bonn und Bochum mit dabei.“

„Mit mehreren Kühltaschen bepackt kommen wir dann vom Fluss zurück ins Labor“, beschreibt der 40-jährige die Mühen in der Projektarbeit. Im Labor untersucht er die Proben dann zusammen mit seinen Kollegen Dietmar Pütz, Kathrin Bemmann, Susanne Grobe und Gabriela Schaule.

Das IWW arbeitet breit gefächert und besitzt für den gesamten Wasserkreislauf Experten. Dass Martin Strathmann, der an der Universität Duisburg-Essen promoviert hat, trotzdem auch mit anderen Instituten so häufig in Verbindung steht, zeigt, welche große Menge an Daten und Untersuchungen für das Projekt Sichere Ruhr bearbeitet werden muss.

„Für meine Arbeit kann es eigentlich nicht genug solcher Daten geben“, meint Kollege Hans-Joachim Mälzer, der gemeinsam mit Tim aus der Beek und Frank-Andreas Weber an der Entwicklung einer Vorhersage der Ruhrwasserqualität arbeitet. An seinem Computer im Büro des IWW bastelt er an für Laien nur schwer verständlichen Graphen. Die Berechnungen, die der Ingenieur mit historischen und aktuellen Daten speist, sollen irgendwann helfen, Badende im Voraus vor Wasserverunreinigungen zu warnen. Dafür nutzt der Wissenschaftler, der selbst passionierter Schwimmer ist, statistische Verfahren, physikalisch-chemische Modellrechnungen und zusammen mit dem Projektpartner aquatune auch künstliche neuronale Netze, die er beispielsweise mit Wetterdaten und den Ergebnissen von den Wasseruntersuchungen seiner Kollegen versorgt.

„Es wäre mal interessant, wie viele Daten im ganzen Projekt Sichere Ruhr insgesamt wohl bearbeitet werden müssen“, meint sein Kollege Andreas Hein. „Allein bei unserer Bevölkerungsumfrage haben wir ja schon über 220.000 Einzelantworten bekommen“, erklärt der diplomierte Volkswirt. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Soziologie, dem Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Duisburg-Essen und dem Ruhrverband haben er und seine Kollegin Marina Neskovic ermittelt, was die Bürger in der Region über das Baden in der Ruhr und dem Baldeneysee denken. Zum Beispiel wurde gefragt, wie viel Geld es den Bürgern wert wäre, dort unter verschiedenen möglichen Bedingungen baden gehen zu können. Nun ist das Team um Andreas Hein damit beschäftigt, anhand der Antworten der Bevölkerung das Verhältnis von Kosten und Nutzen für die verschiedenen Badeszenarien zu bewerten. Die Kosten sind dabei noch nicht vollständig kalkulierbar, weil sie auch von den Ergebnissen anderer Arbeitsbereiche im Projekt Sichere Ruhr abhängen. Aber ein Ergebnis aus der Umfrage verrät der Ökonom schon: „Nur wenige der Bürger, die wir befragt haben, wollen, dass die Badesituation so bleibt, wie sie im Moment ist. Die meisten wünschen sich einen Wasserzugang in Form einer oder mehrerer ausgewiesener Badestellen.“

So eine speziell zum Baden ausgewiesene Uferstelle könnte helfen, Risiken wie einen unebenen Grund oder den Schiffsverkehr auf dem Fluss übersichtlich zu halten. „Ob man auf einem glatten Stein ausrutschen kann oder die vorbeifahrenden Schiffe – das würde mir persönlich mehr Sorgen bereiten als ein möglicher Durchfall“, sagt Mikrobiologe Martin Strathmann. Er weiß aber, dass „auch für die Sicherheit von Kindern oder gesundheitlich angeschlagenen Bürgern mit schwachem Immunsystem gesorgt werden muss und daher eine Bewertung im Rahmen des geltenden Rechts erfolgen muss.“ Sein Kollege Hans-Joachim Mälzer würde gerne eines Tages auch in der Ruhr schwimmen, wenn die rechtliche Situation geklärt ist – so lange geht er weiterhin lieber zum Baggersee.

Andreas Hein findet, dass es wichtig ist, die Bevölkerung über mögliche Risiken und Sicherheitsmaßnahmen zu informieren. „Wenn ich mir etwas wünschen würde, das mindestens überbleiben soll aus dem Projekt Sichere Ruhr, dann wäre das eine höhere Sensibilisierung und besseres Verständnis zu diesem Thema, bei den Badenden selbst, aber auch bei Badebetreibern, Verwaltungen und allen, die es angeht.“ Dabei hofft der Volkswirt, dass aus dem Projekt eine öffentliche Informationsmöglichkeit über den Gewässerzustand hervorgeht, die immer aktuell verfügbar wäre, „also eine Hilfe für denjenigen, der für sich entscheidet, gehe ich rein oder gehe ich nicht rein ins Wasser.“

Eine Ampel könnte das sein, die Grün oder Rot zeigt, je nachdem, ob zu große Sicherheitsrisiken zum Baden bestehen oder nicht. Der passionierte Schwimmer und Verfahrensingenieur Hans-Joachim Mälzer arbeitet mithilfe seiner Modellvorhersagen an so einem Ampel-System. „Die Herausforderung dabei ist, alle Daten richtig auf einfache Aussagen wie ‚Rot’ oder ‚Grün’ oder auf einfache Risikostufen zu reduzieren“, erklärt der Wissenschaftler. Außerdem weiß er natürlich, dass selbst eine solche wissenschaftliche Vorhersage ihre Grenzen hat. Es gilt, wie beim Straßenverkehr, den Verstand sollte man nie ganz ausschalten. Deshalb sind sich die IWW-Mitarbeiter einig, dass sich jeder, der in der Ruhr baden möchte, über die Risiken und seine Eigenverantwortung im Klaren sein müsse. Ob die Ampel schließlich Grün oder Rot zeigt, mag in Zukunft vielleicht nicht nur an der Straßenkreuzung, sondern auch beim Baden in Seen und Flüssen ein nützliches Hilfsmittel sein. Es kann einem aber nicht die Entscheidung abnehmen, ob man schließlich ins Wasser springt.

Roter Planet Ruhr – Das MARS-Projekt erforscht unsere Flüsse

Foto: Benjamin Kupilas.
Foto: Benjamin Kupilas.

Dass es auf unserem Nachbarplaneten einmal Wasser gegeben hat – und damit früher eine wichtige Grundlage für organisches Leben dort existierte – ist ein bedeutendes Zwischenergebnis, das uns amerikanische Roboterfahrzeuge vom Mars geliefert haben. Auch die Europäer haben inzwischen ihr MARS-Projekt und damit haben sie es ebenfalls aufs Wasser abgesehen. Allerdings erforschen Europas Wissenschaftler den lebensspendenden Stoff nicht auf fernen Gestirnen, sondern etwas bodenständiger – vor der eigenen Haustür, zum Beispiel an der Ruhr.

MARS steht in diesem Fall daher nicht für den Planeten sondern für „Managing Aquatic ecosystems and water Ressources under multiple Stress“ und beschäftigt sich mit der Frage, wie mehrere gleichzeitige Belastungen auf ein Gewässer wirken. Als Belastungen – oder sogenannte „Stressoren“, wie die beteiligten Wissenschaftler sagen – gelten beispielsweise Schadstoffe, die durch Industrie oder Landwirtschaft ins Wasser gelangt sind, aber auch klimatische Extrembedingungen wie Hitzewellen oder der Einfluss, den Wasserkraftanlagen auf die betroffenen Gewässer haben. Diese Stressoren haben gemeinsam, dass sie häufig direkt und negativ auf im Wasser lebende Pflanzen, Fische, Insekten oder Mikroorganismen einwirken.

Die MARS-Studie hat sich nun zum Ziel gemacht, speziell das Zusammenwirken solcher Stressfaktoren zu ergründen, weil diese eben nicht mehr nur einzeln, sondern gerade in Kombination auftreten und unsere Flüsse und Seen gemeinsam belasten. Eine Vielzahl von Instituten auf dem ganzen Kontinent ist an der internationalen Studie beteiligt. Mithilfe europaweit gesammelter Daten und deren Vergleich ergründen die beteiligten Forscher, wie die „multiplen Stressoren“ zusammenwirken, wie sie sich gegenseitig verstärken oder auch abschwächen. Dabei erhoffen die sich die MARS-Forscher auch Erkenntnisse über den Effekt, den mehrere gleichzeitige Belastungen auf die Lebensräume bzw. Ökosysteme der europäischen Flüsse und Seen haben.

Auch die Ruhr ist als einer von 16 europäischen Flüssen Gegenstand der Untersuchungen des MARS-Projekts. „Hier werden die Auswirkungen des Eintrags von Feinsedimenten auf den ökologischen Zustand des Flusses untersucht“, erläutert Professor Daniel Hering vom Institut für Aquatische Ökologie der Universität Duisburg-Essen. „Wir analysieren Daten, um die Frage zu beantworten, welche Stressoren-Kombinationen den derzeitigen Zustand der Ruhr bedingen.“ Ziel sei es dabei, eine Vorhersage zu erstellen, wie sich das Ökosystem Ruhr unter verschiedenen Szenarien entwickelt. Genauere Angaben zum Projekt macht Professor Hering in diesem Video-Interview.

Als mögliche Zukunftsszenarien geht das MARS-Projekt etwa von einem zunehmenden Klimawandel aus oder von einer Veränderung der Landwirtschaft hin zu ökologischen Anbaumethoden. Mithilfe von Simulationen soll vorhergesagt werden, welche Konsequenzen diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen auf den Gewässerlebensraum haben. Dabei geht es dem MARS-Projekt auch darum,  sinnvolle Strategien für den Umgang mit den betroffenen Gewässern zu erarbeiten und so europäische Umweltschutzvorgaben umsetzen zu helfen.

Auf diesem Weg gewinnt das Projekt auch Bedeutung für die Menschen, die an Europas Flüssen und Seen leben, denn diese werden häufig als Quelle für Trinkwasser und Nahrung oder zum Baden genutzt. MARS-Forschung spielt sich also nicht immer weit weg ab, sondern betrifft manchmal auch die Bevölkerung direkt an der Ruhr.

Einsatz für den Wasserschutz – Weltwassertag 2014

WeltwassertagAm Samstag ist es wieder soweit. Wie in jedem Jahr steht der Tag ganz unter der Flagge des Wassers  – und das rund um den Globus – denn es ist Weltwassertag. Der Weltwassertag wurde 1993 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen und findet seit dem jährlich am 22. März statt. Einmal im Jahr soll mit diesem Tag die Aufmerksamkeit der Menschen auf das kostbare Gut Wasser gelenkt werden. Ein bewussterer Umgang und die Wertschätzung der Ressource sind dabei zwei der Ziele, die sich die Vereinten Nationen von der Einführung dieses Tages erhoffen. Damit sich der Fokus aber jedes Mal ein wenig verändert, wird der Weltwassertag in jedem Jahr durch ein anderes Motto begleitet. In diesem Jahr steht er unter dem Motto „ Wasser und Energie“.

Zwar scheint es zunächst, als hätten Wasser und Energie keine Gemeinsamkeiten. Bei näherer Betrachtung leuchtet aber ein, dass beide Ressourcen eng miteinander verbunden sind und sogar in gegenseitiger Abhängigkeit zueinander stehen. Denn durch Wasserkraft kann sehr einfach Energie erzeugt werden. 16 Prozent des Stroms, der weltweit durch erneuerbare Energien erzeugt wird, stammt zum Beispiel aus der Wasserkraft.

Doch was ist das Besondere am Weltwassertag – schließlich sollte ein bewusster Umgang mit Wasser jeden Tag gelebt werden? Das Thema Wasser soll an diesem Tag durch eine Vielzahl von Aktionen einen Tag lang ganz besonders in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen und viele Vereine richten jedes Jahr verschiedene Veranstaltungen zu diesem Zweck aus. Durchgeführt werden zum Beispiel öffentliche Vorträge, Debatten, Konzerte, Picknicks, Sportereignisse oder Filmvorführungen, der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Außerdem wird in Deutschland vom Umweltbundesamt der Gewässertyp des Jahres gekürt. Für alle, die jetzt neugierig geworden sind und selbst aktiv werden möchten, bietet das Deutsche Wasser Serviceportal einen Überblick über viele Aktionen die bislang in der Bundesrepublik geplant sind.

Auch in der Metropole Ruhr wird es am Samstag verschiedene Aktionen zum Weltwassertag geben. Die Stadtwerke in Bochum laden beispielsweise zum „Abend des Wassers“ ein. Dort wird eine Aufführung von Melvilles Moby Dick zu sehen sein. Die Stadtwerke Duisburg bieten auf ihrer Website ein kurzes Info-Special zum Thema Wasser und Energie an. Hier können spannende Fakten zum Thema Wasser und Duisburg nachgelesen werden und das nicht nur am 22. März.

Auch andernorts werden Aktionen anlässlich des Weltwassertags unabhängig vom 22. März veranstaltet. Dies zeigt, wie viel Aufmerksamkeit und Engagement das Thema Wasser weltweit erfährt. Einen konkreten Überblick über die verschiedenen Aktionen gibt diese Karte. Hier sind alle größeren Events anlässlich des Weltwassertags verzeichnet, die den Schutz und die Aufmerksamkeit für die Ressource Wasser zum Ziel haben.

Generell gilt „World Water Day is what you make out of it.“ Der Weltwassertag ist demnach als globale Mitmach-Aktion gedacht. Um trotzdem ein Netzwerk zusammenhängender Aktionen zu schaffen, kann jedermann sein Event auf der offiziellen Website des Weltwassertages registrieren. Damit ist Ihr Einsatz für den Schutz des Wasser gefragt!

Bunte Boote, Blaue Ruhr – Start der Kanusaison

Foto: Pascal Bovée, Sichere Ruhr.
Foto: Pascal Bovée, Sichere Ruhr.
Foto: Pascal Bovée, Sichere Ruhr.

Strahlender Himmel, Frühlingstemperaturen und blaues Wasser – die Paddler vom Kajak- und Kanuverein in Essen-Werden haben gute Laune. In Schwimmwesten, das Gesicht mit bunten Schirmmützen gegen die Sonne geschützt, stehen die Kanufahrer auf der Wiese ihres Vereinsgeländes am Baldeneysee. Manche tragen blaue Neoprenhosen und streifen gerade eine Windjacke über, andere haben schon das Paddel in der Hand. Scherzend begrüßen einige den Vereinsvorsitzenden. Nach dem Winter ist es heute endlich wieder so weit: Mit dem Anpaddeln beginnt für die Mitglieder des Rasen- und Wassersportvereins Essen (RAWA) – wie für hunderte andere Vereine in der Region Wupper-Ruhr – offiziell die neue Kanusaison.

Lachend ziehen die Kanuten ihre gelben und roten Boote ins Wasser. „So kann das gern jedes Jahr sein“, sagt Wanderwart Karl Engbring und deutet auf den klaren Himmel. Schon seit seiner Kindheit lebt er an der Ruhr und betreibt hier Wassersport.  Und mit dem Wasser ist er genauso zufrieden wie mit dem Wetter. „Auf eine ganze Paddellänge ist das Wasser hier klar“, sagt er. „Früher sah das im Ruhrgebiet mal anders aus.“

Über die Wasserqualität macht Engbring sich also beim Kanufahren heutzutage keine großen Gedanken mehr. Eine Paddlerin im Neoprenanzug pflichtet ihm da bei. „Das Wasser ist toll! Auf die Temperatur muss man aber schon etwas aufpassen“, sagt sie. „Es ist noch nicht so warm, wenn man da reinfällt und schwimmen möchte, kann man sich bald nicht mehr gut bewegen.“

Die Beachtung der Wassertemperatur ist ähnlich wie das Tragen von Schwimmwesten eine Sicherheitsmaßnahme, auf die sie und ihre Vereinskollegen beim Kanusport achten. Denn auch wenn sich die Essener Kanuten über die hygienische Gewässerqualität des Baldeneysees keine Sorgen machen, spielt die Sicherheit auf dem Wasser in ihrem Sport natürlich eine Rolle.

Der Deutsche Kanu-Verband gibt aus diesem Grund Hinweise zum richtigen Verhalten auf dem Wasser. Dazu gehört beispielsweise, dass der Schiffsverkehr und die Segler beachtet werden müssen. Zum umsichtigen Verhalten beim Kanu- oder Kajakfahren zählt aber ebenso, dass die Sportler sich über mögliche Gefahren wie Wasserstand, Wehre und die Wetterlage informieren, beispielsweise bei der Talsperrenleitzentrale des Ruhrverbands. Dort gibt es eine Online-Gewässerinformation, die den Wasserstand, den Durchfluss und die Fließgeschwindigkeit der Ruhr anzeigt. Denn bei Hochwasser im Kanu zu sitzen, kann gefährlich werden. Deshalb müssen die Kanufahrer den Wasserpegel im Auge behalten. Genauso wie die Fließgeschwindigkeit des Gewässers, auf dem sie unterwegs sind, weil nicht jede Strömung mit dem Paddel so einfach zu beherrschen ist. An manchen Stellen der Ruhr, die Paddler gerne befahren, können sie so mögliche Gefahren erkennen und umgehen.

Hier auf dem Baldeneysee ist die Lage in dieser Hinsicht allerdings vergleichsweise entspannt. Da der See durch ein Stauwehr reguliert wird, besitzt er so gut wie keine Strömung, was das Einteilen der Kräfte beim Kanufahren erleichtert. Und auch der Wasserstand ist hier vom Ruhrpegel unabhängig, so dass Hochwasser nur in Extremfällen zur Gefahr wird. Zusammen mit einer beeindruckenden Aussicht auf die Landschaft sind das am Baldeneysee fast schon ideale Bedingungen für Paddler. Kein Wunder, dass sie sich heute zum Anpaddeln hier tummeln.

Projektpartner: Ruhrverband – Netzwerke spannen und einen Faden spinnen

Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Ladwig, Sichere Ruhr

Knapp tausend Mitarbeiter arbeiten beim Ruhrverband, einem der Partner des Projektes Sichere Ruhr, im Dienste der Ruhr, ihren Nebenflüssen und Seen. Das Wasserwirtschaftsunternehmen bewirtschaftet die Talsperren, reinigt das Abwasser und stellt damit die Wasserversorgung von 4,6 Millionen Menschen im Ballungsraum Ruhrgebiete sicher.

Eine der knapp tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Britta Schönemann. Zusammen mit Professor Norbert Jardin, dem Leiter der Planungsabteilung beim Ruhrverband, arbeitet sie in dem Teilprojekt von Sichere Ruhr, dem Arbeitspaket 5 mit.

Das Realisierungskonzept Ruhr „Baden und Trinkwasser“ steht unter dem Leitgedanken der Einbindung der Öffentlichkeit zur Gestaltung des gewässerpolitischen Prozesses zum Baden in der Ruhr. In diesem Projekt wird neben professionell moderierten Stakeholder-Workshops eine ökonomische Kosten-Nutzenbewertung des Badekonzeptes umgesetzt. Zum Ende des Projekts in 2014 soll dann ein zusammenführendes Dokument, der Handlungsleitfaden zum Flussbaden entstehen. Dieser stellt ein zentrales Ergebnis des Projekts Sichere Ruhr dar.

Frau Schönemanns zentrale Aufgabe im Projekt besteht derzeit in der Vorbereitung des nächsten Stakeholder-Workshops zur Umsetzung eines ausgewählten Badeszenarios. Dazu waren und sind einige Vorarbeiten notwendig. So auch die Abfrage nach der Zahlungsbereitschaft und die Auswahl eines Präferenzszenarios mittels der telefonischen Bevölkerungsumfrage in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern IWW, UDE-SOZ und UDE-KOM. Diese Ergebnis benötigt der Ruhrverband später als Grundlage für die ökonomische Bewertung eines Badekonzepts für die Ruhr.

Eine weitere Aufgabe, in die Professor Jardin und Frau Schönemann viel Arbeit investieren, besteht im Spinnen eines Fadens – des Handlungsleitfadens zum Flussbaden in der Ruhr. Der stetige Kontakt mit den Projektpartnern ist hierfür von großer Bedeutung. Denn die Ergebnisse aller vorangegangenen Arbeiten der Partner sollen in den Leitfaden einfließen. Dabei ist es wichtig, dass der Ruhrverband keinen der Partner aus den Augen verliert und so den Überblick über alle erledigten Arbeitsschritte behält – eine Herausforderung. Frau Schönemann sieht den Auftrag daher darin, nicht nur den Fokus auf den eigenen Aufgaben zu halten, sondern immer wieder den Blick über den Tellerrand zu suchen und die Erkenntnisse aller Partner zu beachten. Um diese Herausforderung zu meistern, steht die ökologische Ökonomin in regelmäßigem Kontakt mit den Partnern und leistet ganze Vernetzungsarbeit für den Ruhrverband.

Für den Ruhrverband – als Manager der Ruhr – war das Projekt natürlich sehr wichtig. Zusammen mit dem IWW entwarf der Verband das Konzept und übernahm eine der zentralen Rollen des Projektes.

Professor Jardin, der bereits seit vielen Jahren beim Ruhrverband tätig ist, reizt an dem Projekt besonders das Potential der Ruhr für die Badenutzung einer umfassenden und kritischen naturwissenschaftlichen Prüfung zu unterziehen und neue Wege der Beteiligung der Bevölkerung und der Stakeholder an wasserwirtschaftlichen Maßnahmen und Prozessen zu beschreiten.

Doch er alleine konnte die Aufgaben des Ruhrverbandes beim Projekt Sichere Ruhr nicht stemmen und holte Britta Schönemann mit an Bord. Für sie war gleich klar, dass diese Stelle das Richtige ist. Denn in ihrem Studium hat sie sich für den Schwerpunkt Wasserökonomie entschieden – so erfüllt ihr heutiger Job die fachlichen Anforderungen, die sie sich gewünscht hat. Und auch auf privater Ebene kann sie sich besonders für das Projekt begeistern, nicht zuletzt weil sie sich als gebürtige Bochumerin seit jeher mit der Ruhr verbunden fühlt und den Freizeit- und Erholungswert der die Ruhr umgebenden Landschaft sehr schätzt.

Den Gewinn für die Region – sollte das Baden in der Ruhr in Zukunft möglich werden – sehen die Beiden ganz klar in einer Steigerung der Lebensqualität der Bürger und Bürgerinnen. Und im Imagewandel der Region; denn die Ruhr als sauberes Badegewässer würde verdeutlichen, dass die industriellen Belastungen zurückgegangen sind und das strukturelle Veränderungen die Region gewandelt haben.

Auf die Frage nach ihrem persönlichen Wunsch für die Badezukunft der Ruhr antwortete sie, dass sie sich wünschen würde, dass das Potential der Ruhr für eine mögliche Badenutzung erschlossen werden kann. Allerdings weisen Sie auch immer mit Nachdruck darauf hin, dass der Fluss Ruhr in einer der dicht besiedelsten Region Europas wohl nie Schwimmbadqualität haben wird und daher beim Baden immer Restrisiken bestehen werden. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die hygienische Wasserqualität, sondern ebenso in Bezug auf natürliche Gefahren wie Stromschnellen, Verwirbelungen und dergleichen. Für sie ist klar, dass ein Bad in der Ruhr immer in Eigenverantwortung geschehen muss. Daher würde sich Frau Schönemann auch die Zugänglichkeit von wichtigen Informationen wünschen, damit jedermann in der Lage wäre, die Risiken eigenständig einschätzen zu können.

Der Wunsch des Ruhrverbandes für die Zukunft der Ruhr ist ganz klar ein gewissenhafter Umgang der Menschen mit ihrem Fluss – ob Badeverbot oder nicht. Denn nur wenn die Bürgerinnen und Bürger mit der Ruhr verantwortlich umgehen, ist überhaupt eine Badezukunft denkbar.

Ob die Naturliebhaberin an einem heißen Sommertag selber einen Sprung in die Ruhr riskieren würde? Sobald das offizielle Badeverbot fallen würde, stünde einer Erfrischung im Großstadtfluss nichts im Wege.

Fische wissen es zuerst – Flusstiere als Indikator für die Wasserqualität

Foto: Dr Bernd Stemmer
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Foto: Bernd Stemmer

Den Spaziergängern verdarb es gründlich ihren Samstagnachmittag: Sie sahen immer mehr tote Fische auf dem Wasser treiben. Tausende Tiere waren es, die Ende 2011 im Essener Stadtteil Kupferdreh ans Ufer der Ruhr gespült wurden und damit für einen Großeinsatz von Behörden und Wissenschaftlern am Fluss sorgten. Wasserproben nach dem Fischunglück wiesen auf eine illegale Schadstoffeinleitung hin, so dass Polizei und Forscher sich auf die Spur der Wasserverschmutzer zu machen begannen.

Das Ereignis liegt inzwischen mehrere Jahre zurück, doch es macht noch immer deutlich: Wenn Fische auf Schwankungen der Wasserqualität reagieren, kann das auch für den Menschen zum wichtigen Hinweis werden, dass etwas mit dem Wasser nicht stimmt.

In München beispielsweise setzen die Stadtwerke deshalb nicht ohne Grund gezielt Bachforellen und Saiblinge ein, um die Trinkwasserqualität in der Großstadt zu überprüfen. Schon auf kleinste Verunreinigungen des Wassers reagieren die Fische meist unmittelbar. Sie zeigen dann zum Beispiel eine eingeschränkte Beweglichkeit oder weichen bei der Nahrungsaufnahme von ihrem üblichen Verhalten ab. Auf diese Weise stellen die Flussbewohner sozusagen ein Frühwarnsystem für Probleme in der  Trinkwasserversorgung dar.

Es verwundert nicht, dass Fische als Wasserlebewesen auch besonders sensibel für  Veränderungen in Gewässern sind. Ein Beispiel ist die Temperatur. So bevorzugen viele Fischarten kühle, sauerstoffreiche Flüsse und können sich nur schwer an wärmeres und sauerstoffärmeres Wasser.  Nur etwa ein Fünftel der Fischarten kann sich an Wassertemperaturen von mehr als 20 Grad anpassen. Wenn Bäche oder kleinere Seen in heißen Sommern durch Verdunstung stark an Wasser verlieren, konzentrieren sich Nähr- und Schadstoffe im verbleibenden Niedrigwasser – worauf wiederum die Fische reagieren.

Derartige Reaktionen von Wasserlebewesen auf Umweltbelastungen besser einschätzen zu können, helfen Forschungsprojekte wie etwa das Projekt MARS, das in 16 Ländern die Auswirkungen verschiedener „Stressfaktoren“ wie Klimawandel oder Landwirtschaft auf die europäischen Gewässer untersucht. In Experimenten wird dabei simuliert, wie wirbellose Tiere, Fische, Wasserpflanzen und Plankton auf mehrere gleichzeitige Belastungen wie die genannten reagieren. Auch in renaturierten Gewässerbereichen wird dies untersucht. „Denn hierzu wissen wir bislang nur wenig“, erklärt Professor Daniel Hering von der Abteilung für Aquatische Ökologie der Universität Duisburg-Essen, die das Projekt koordiniert.

Neben der wissenschaftlichen Untersuchung und Frühwarnung können Fische aber umgekehrt auch gezielt zur Verbesserung der Wasserqualität eingesetzt werden. An den Ruhrtalsperren etwa werden Raubfische eingesetzt, um das gestörte ökologische Gleichgewicht zu korrigieren und so das Algenwachstum einzudämmen. Und am Baldeneysee zeigen Fraßspuren an Elodea-Pflanzen, wie Fische – in diesem Fall Rotfedern – helfen können, schädlichem Pflanzenwuchs zu begrenzen. Die Elodea, auch Wasserpest genannt,  hatte in einigen Ruhrstauseen wie dem Hengsteysee oder dem Kemnader See in den vergangenen Jahrzehnten zum Teil problematische Ausmaße angenommen. Ihr Massenvorkommen hatte zum Verstopfen von Schleusen und Laufwasserkraftwerken geführt sowie die Schifffahrt und den Wassersport behindert.

Der Einsatz von Fischen bei der Eindämmung solcher Probleme zeigt: Die Süßwasserbewohner sind von Bedeutung dafür, wie sich unsere Flüsse und Seen entwickeln und ob wir sie bedenkenlos zum Trinken und Baden, zum Transport und zur Energiegewinnung  nutzen können. Laut Weltnaturschutzorganisation (IUCN) sind allerdings von den 522 Arten der europäischen Süßwasserfische mehr als ein Drittel bedroht.

Gründe für das großflächige Artensterben sind unter anderem die Regulierung von Flüssen, die Entwässerung von Feuchtgebieten, die Wasserentnahme durch den Menschen und der Klimawandel. Auch Wehre und Staumauern von Kraftwerken können besonders die wandernden Fischarten gefährden.

Zwar werden Süßwasserfische erfolgreich zur Pflanzeneindämmung und in Wasseruntersuchungen eingesetzt, aber vielleicht müsste man fragen: Nehmen wir die Fische als Hinweis auf unsere Gewässerqualität wirklich ernst genug?

 

Die Industrie hat Durst

Foto: Hans-Jürgen Wiese
Foto: Hans-Jürgen Wiese
Foto: Hans-Jürgen Wiese

Das Ruhrgebiet ist bekannt als eine der ehemals größten Industrieregionen Europas. Der Grund für den Boom der Region als industrielle Hochburg liegt tief verborgen unter der Erde: Kohle, der Brennstoff der Industrie. So wurde in der Region lange Zeit Kohle gefördert, Koks erzeugt und Stahl gegossen. Doch das Kohlevorkommen allein ist kein Garant für das industrielle Wachstum einer Region. Wo Brennstoff ist muss auch ein Löschmittel sein. Damit ist Wasser eine ebenso unverzichtbare Voraussetzung für die Produktion von Waren. In erster Linie löscht das Wasser allerdings nicht Brennstoffe sondern den allgemeinen Durst der Industrie, und der ist groß. Durch das Ruhrgebiet fließt mit der Ruhr eine Quelle, die den Durst der Industrie mit ihrem Wasservorrat stillen kann. In dem Fluss liegt damit ein zweiter Schlüssel für das damals starke Wachstum der Industrie im Westen Deutschlands. Aber warum ist der Durst der Industrie so groß und welche Auswirkung hat das auf die Flüsse?

Von dem Süßwasser, das uns weltweit zur Verfügung steht, werden bis zu 20 Prozent für die Produktion verschiedenster Güter genutzt. Nach Angaben der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz toppt Deutschland diesen Durchschnittswert sogar. Hier ist es rund ein Drittel des Süßwassers, das auf Produktionsprozesse entfällt. Dabei verbraucht die chemischen Industrie mit der Hälfte des Wassers, das in der gesamten deutschen Industrie genutzt wird, den Löwenanteil. Doch auch die Metall- und die Papierindustrie benötigen viel Wasser für die Produktion ihrer Güter. Für die Herstellung von einer einzigen Tonne Stahl werden zum Beispiel ganze 200.000 Liter Wasser benötigt. In einer Tonne Papier steckt sogar die doppelte Menge Wasser. Doch den Preis für den höchsten Wasserverbrauch pro Tonne gewinnt Plastik: Für diesen Produktionsprozess wird sage und schreibe eine halbe Million Liter des kostbaren Guts benötigt.

Das Wasser wird in den industriellen Prozessen auf vielfältige Art eingesetzt. Natürlich dient es als Rohstoff, der in die Produkte mit einfließt. Es wird aber auch in verschiedenen Bereichen der vielen Produktionsschritte eingesetzt, etwa als Kühlwasser, oder als sogenanntes Kesselwasser, um Dampfturbinen zu betreiben.

Diese großen Mengen an Wasser werden zum großen Teil aus Oberflächengewässern in der Nähe der Industriestandorte gewonnen – also aus Seen oder Flüssen. So auch aus der Ruhr. Natürliche Gewässer verfügen allerdings nicht immer über die gleiche Menge an Wasser, sie unterliegen natürlichen Schwankungen. Vor allem in sehr heißen und trockenen Sommern kann daher der Wasserstand eines Flusses in großen Industrieregionen nicht ausreichend sein, um den Bedarf zu decken. Damit im Ruhrgebiet im heißen Sommer die Industrieanlagen jedoch nicht still stehen, werden Schwankungen des Wasserstandes in der Ruhr mit Hilfe von Talsperren ausgeglichen. So kann zum einen die Versorgung der Industrie mit ausreichend Wasser sichergestellt werden, zum anderen wird so aber auch die Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung gewährleistet. Insgesamt gibt es im Versorgungsgebiet des Ruhrverbandes, der die Ruhr bewirtschaftet, acht solcher Talsperren. Diese betreibt der Verband gemeinsam mit allen Unternehmen, die im Jahr mehr als 30.000 Kubikmeter Wasser  aus der Ruhr entnehmen. So kann der Durst der Industrie im Ruhrgebiet täglich gestillt werden.

Der hohe Wasserverbrauch, der für die Herstellung der vielen Güter anfällt, ist allerdings nicht der einzige Wehmutstropfen unseres täglichen Konsums. Eine weitere Schwierigkeit, die sich aus dem hohen Wasserverbrauch der Industrie ergibt, ist das viele Abwasser, das bei der Produktion entsteht. Das Wasser, das in den Herstellungsprozess einfließt und nicht direkt in den Gütern verarbeitet wird, muss schließlich irgendwo bleiben. Das Problem ist dabei, dass das Abwasser meist mit vielen Stoffen wie zum Beispiel Schwermetallen, Ölen oder Säuren belastet ist. Es kann also nicht einfach wieder in die Flüsse zurückgeleitet werden, sondern muss zunächst vorbehandelt werden. In der Vorbehandlung müssen die verschiedenen Schadstoffe wieder aus dem Wasser herausgefiltert werden, bevor es dann in die öffentlichen Kläranlagen zurückgeführt wird. Diese Kläranlagen übernehmen dann den restlichen Reinigungsprozess des Wassers.

Um den Industriefluss Ruhr sauber zu halten, unterhält der Ruhrverband fast hundert Kläranlagen. Außerdem gibt es an der Ruhr fünf Stauseen, die den Fluss durch Sedimentierung auf natürliche Art reinigen. Der Baldeneysee hält beispielsweise mehrere zehntausend Tonnen verunreinigten Schlamm pro Jahr zurück. So konnte erreicht werden, dass die Ruhr, trotz ihrer turbulenten Vergangenheit, heute auf dem größten Teil ihrer Strecke nur noch mäßig belastet ist.

Ganz schön viel, was wir der Ruhr schon alles zugemutet haben. Aber Verbrauch und Verunreinigung von Wasser sind nun mal unvermeidliche Nebenwirkungen von Industrieproduktion. Oder lässt sich Industrie auch wasserfreundlich denken? Zumindest ein paar Ansätze gibt es schon: So wird in vielen Produktionskreisläufen das Wasser mehrmals hintereinander benutzt. Das spart nicht nur Wasser, sondern senkt auch die Wasserkosten für die Unternehmen. Auch werden heutzutage zum Beispiel Verunreinigungen wie Metalle so aus dem Wasser herausgefiltert, dass sie als Wertstoffe zurückgewonnen und recycelt werden können. An neuen Verfahren zum Schutz der Gewässer wird stetig weiter geforscht. Vielleicht sind wir eines Tages so weit, dass die industrielle Produktion von Konsumgütern nicht mehr zu Lasten der Gewässer geht?