Krankheitserreger

Natürliche Gewässer wirken durch ihre Kühle besonders an heißen Tagen verführerisch und laden dazu ein, ein erfrischendes Bad zu nehmen – manchmal mit unerwarteten Folgen.

Die Wasserqualität natürlicher Gewässer ist nicht mit der von Schwimmbädern zu vergleichen, da Wetter- und Strömungsverhältnisse für eine schwankende Wasserqualität sorgen. Ist die Wasserqualität durch diverse Einflüsse zeitweise stark beeinträchtigt, kommen unter Anderem zahlreiche Krankheitserreger fäkalen Ursprungs im Wasser vor. Die meisten Erreger überleben nur eine kurze Zeit, da ihnen die Widerstandsfähigkeit gegen Umwelteinflüsse fehlt. Jedoch können diese Krankheitserreger in direkter Folge auf eine Verschmutzung – in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Konzentration – für  Einzelerkrankungen oder gar Epidemien sorgen. Besonders nach Starkregen und Gewittern sollte daher das Baden in natürlichen Gewässern vermieden werden, denn bei Starkregen fließt Wasser aus verschiedenen Quellen des Umlandes ungeklärt in den Fluss. Exkremente und Düngemittel, Träger von Bakterien, Viren, Parasiten und Keimen, gelangen so ungefiltert in den Fluss und sorgen für erhebliche Beeinträchtigungen der Wasserqualität.

Doch welche Krankheiten werden über das Wasser übertragen?

Zu den durch Wasser übertragbaren Infektionskrankheiten gehören bakterielle Infektionen, die durch die im Darm vorkommenden Bakterien wie beispielsweise Escherichia coli, intestinale Enterokokken und Clostridium perfringens ausgelöst werden. Die meisten Stämme dieser Bakterien sind nicht humanpathogen, also für den Menschen nicht krankheitserregend, sondern harmlos. Jedoch können auch pathogene Stämme im Wasser vorkommen, die – zum Teil lebensbedrohliche – Infektionskrankheiten auslösen können. Zu diesen bakteriellen Infektionen gehören Harnwegsinfektionen, Durchfallerkrankungen, Chronische Darmentzündungen (Morbus Chrohn und Colitis ulcerosa), Blutvergiftungen (Sepsis), Hirnhautentzündungen (Neonatale und Clostridiale Meningitis), Gasbrand oder auch Herzinnenhautentzündungen (Endokarditis).

Menschen mit geschwächtem Immunsystem, so zum Beispiel ältere Menschen und Kinder, müssen mit besonderer Vorsicht in natürlichen Gewässern baden, denn für sie können auch die Umweltkeime Pseudomonas und Aeromonas schwerwiegende Folgen haben. Diese können ebenfalls Erreger möglicher Wundinfektionen und von Magen-Darm-Erkrankungen sein.

Neben Bakterien lassen sich teilweise auch Viren in natürlichen Gewässern nachweisen. Adeno-, Polyoma-, Rota-, Noro- und Enteroviren sind pathogene, krankmachende Viren, die ebenfalls Erreger für verschiedene Krankheiten sein können. So vor allem für Erkrankungen der Atem- und Harnwege, Nieren- und Durchfallerkrankungen. Enteroviren können darüber hinaus auch  für zahlreiche – auch schwerwiegende – Erkrankungen verantwortlich sein, wie beispielsweise die Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Kinderlähmung, Leberentzündung (Hepatitis), Hirnhautentzündung (Meningitis), Gehirnentzündung (Enzephalitis) und Lähmungen (Paralysen).

Durch die in natürlichen Gewässern vorkommende Parasiten Cryptosporidium parvum und Giardia lamblia werden ebenfalls Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes ausgelöst, so zum Beispiel die Lamblienruhr (Giardiasis). Diese Parasiten zählen in Deutschland zu den Haupterregern für Magen-Darm-Infektionen nach dem Baden in natürlichen Gewässern, aber auch in Schwimmbädern. Jedoch kommt es hier ebenfalls auf das Vorkommen und die Konzentration der enthaltenen Parasiten an.

Ebenfalls durch Parasiten verursacht wird die Badedermatitis, eine weitestgehend harmlose aber stark juckende Hautinfektion. Hierfür verantwortlich sind Vogelschistosomen, Parasiten, die durch Vogelausscheidungen ins Wasser gelangen. Im Wasser dringen die im Kot enthaltenen Larven in Schnecken ein, in denen weitere freischwimmende Larvenstadien, die  Zerkarien, heranreifen. Sind diese ausgewachsen, verlassen sie den Zwischenwirt, die Schnecke, um in den Endwirt die Ente einzudringen. Bei der Suche nach einem finalen Wirt können diese Zerkarien versehentlich auch in die menschliche Haut eindringen. Hier können sie sich nicht weiter vermehren und sterben ab. Die Folge der Infektion ist der juckende, ansonsten aber harmlose, Hautauschlag, die Badedermatitis.

Das Projekt Sichere Ruhr untersucht das Ruhrwasser hinsichtlich dieser Krankheitserreger, um ein mögliches Erkrankungsrisiko beim Baden in der Ruhr zukünftig einschätzen zu können.

Bislang ist das Baden in der Ruhr unter Anderem wegen des Risikos möglicher Infektionen verboten. Jedoch prüft das Projekt Sichere Ruhr inwiefern dieses Risiko tatsächlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegeben ist, denn die Wasserqualität der Ruhr hat sich über die Jahrzehnte stets verbessert. Hierzu werden an verschiedenen Stellen der Ruhr Messungen durchgeführt und Werte erhoben. Diese dienen dazu eine umfangreiche und aussagekräftige Risikobewertung der Ruhr machen zu können und daraus am Ende der Projektlaufzeit eine Empfehlung für oder gegen das Badeverbot aussprechen zu können.

Bislang lässt sich bereits festhalten, dass drei Tage nach Starkregen und Gewittern auf keinen Fall in natürlichen Gewässern mit Kläranlageneinleitungen – so auch in der Ruhr – gebadet werden sollte, denn das Vorkommen von Krankheitserregern bakterieller, viraler und parasitärer Art ist nach solchen Ereignissen definitiv gegeben. Auch bei guten Wasserbedingungen können die genannten Erreger vereinzelt vorkommen, jedoch bedeutet das reine Vorkommen von Krankheitserregern im Wasser noch keine sichere Ansteckungsgefahr, also auch keine zwangsläufige Folge an den genannten Infektionen zu erkranken. Das gute Immunsystem vieler Badender, sowie eine geringe Anzahl der Erreger, führen tatsächlich nur in sehr seltenen Fällen zu Erkrankungen nach dem Baden in natürlichen Gewässern.

Gefahren beim Baden in natürlichen Gewässern

Das Baden in natürlichen Gewässern birgt stets ein Risiko. Doch natürliche Gewässer sind nicht alle gleich risikoreich. Die Rahmenbedingungen für das Baden in Flüssen und Seen sind neben der Wasserqualität auch Strömungsverhältnisse, Wellengang und Sog. Diese können nicht verallgemeinert werden, sondern weichen in großem Maße voneinander ab.

Im Vergleich zum Baden in Seen ist das Risiko beim Baden in Flüssen und Kanälen deutlich höher – jährlich ertrinken hier die meisten Menschen. Möchte man ein sicheres Bad im Fluss genießen, sollten folgende Regeln eingehalten werden:

  1. Gehen Sie niemals an Wasserbauwerken und Buhnen schwimmen! Diese Wasserbauwerke verhindern, dass das Wasser im Fließgewässer gleichmäßig fließt. Stattdessen kommt es hier schnell zu Verwirbelungen, die auch geübte Schwimmer überraschen können und für Panik sorgen.
  2. Springen Sie nicht von Brücken in einen Fluss! Die Wassertiefe ist hierbei nicht einsehbar und kann leicht überschätzt werden. Die Folgen können bis hin zu lebensbedrohlichen Verletzungen reichen.
  3. Gehen Sie nicht schwimmen, wenn Schiffe unterwegs sind! Vorbeifahrende Schiffe sorgen für einen erhöhten Wellengang, starken Sog und unvorhersehbare Strömungen. Dies kann plötzlich zu einem erhöhten Wasserpegel am Ufer sorgen und damit dort spielende Kinder in Gefahr bringen.
  4. Schwimmen Sie niemals gegen die Strömung an, sondern lassen Sie sich stets von dieser mittreiben! Die Strömung ist oft stärker als gedacht, weshalb auch geübte Schwimmer ihr Können teilweise überschätzen.
  5. Beachten Sie Badeverbote! Badeverbote sind meist aus Gründen der Sicherheit ausgesprochen worden. Gefahren durch Wasserbauwerke, Einleitungen und Strömungen soll so vorgebeugt werden. Darüber hinaus sind Flora und Fauna in Natur- und Wasserschutzgebieten nicht zu beeinträchtigen – Hier gilt ebenfalls ein ausdrückliches Badeverbot.

Für das Baden in Seen gelten ebenfalls besondere Regeln, die es im Sinne der Sicherheit einzuhalten gilt:

  1. Schwimmen Sie nicht zu weit raus! Besonders tiefe Seen haben unterschiedliche Temperaturschichten. Wenn man besonders weit herausschwimmt oder taucht kann der Temperaturwechsel von dem warmen Oberflächenwasser und dem tiefen Wasser so erheblich sein, dass ein Kälteschock mit Herzversagen drohen kann.
  2. Achtung beim Baden in Baggerseen! Bei Baggerseen handelt es sich um ehemalige Kiesgruben oder Steinbrüche. Die bis zu 30 Meter in die Tiefe reichenden Baggerseen haben oft steil abfallende Ufer. Außerdem können die Uferanschüttungen abrutschen. Bleiben Sie also in den beschilderten Badezonen.
  3. Vorsicht vor Wasserpflanzen! In stehenden Gewässern gibt es oft Wasserpflanzen mit langen Auswüchsen. Bleibt man hier einmal hängen, muss Ruhe bewahrt werden.

Sollte jemand anderes in Gefahr geraten, wählen Sie schnell die 112. Gehen Sie selbst nur ins Wasser, wenn Sie sich hierdurch selbst nicht in Gefahr bringen. Eigenschutz geht vor!

Generell gilt: Erst denken, dann schwimmen. Die Informationsbeschaffung über ein mögliches Badegewässer sollte immer vorab geschehen. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DRLG) und die Deutsche Wasserwacht (DRK) kennen die Gefahren, die von einem natürlichen Gewässer ausgehen und können daher bestens Auskunft geben. Fragen Sie einfach in der Ortsgruppe nach.

Weitere Informationen zum Schwimmen in öffentlichen und natürlichen Gewässern, finden Sie auf der Internetpräsenz der DLRG und der DRK.

 

Anforderungen an das Baden in der Ruhr

Am 19. und 20. April 2012 fand der Szenarien-Workshop zum Thema „Baden im Baldeneysee“ statt. Zahlreiche engagierte Bürger sowie Interessensvertreter verschiedener Organisationen folgten dem Aufruf, sich aktiv in die Planungen des Projekts Sichere Ruhr einzubringen und es mit ihrem Wissen, ihren Anregungen und ihrer Kritik zu bereichern. Im Workshop entstanden die folgenden Anforderungen an das Baden in der Ruhr. Diese Anforderungen sollten bei den später von den Teilnehmern entwickelten Bade-Szenarien als Grundlage berücksichtigt werden und sollen ebenso bei einer möglichen Umsetzung der Szenarien Beachtung finden.

Hygiene
Durchfallerkrankungen, Erkrankungen der Gehörgänge sowie Badedermatitis sind unangenehme Folgen, die ein Ruhrbad zum Status Quo (Stand: April 2012) mit sich bringen kann. Doch wie kommen diese Krankheitserreger in das Ruhrwasser? Einträge aus der Landwirtschaft, Verunreinigungen von Straßen und Häusern sowie Ausscheidungen von Vögeln haben einen wesentlichen Einfluss auf die Verunreinigung des Wassers. Starkregen spült diese verschiedenen Einträge in die Ruhr, so dass zum derzeitigen Zeitpunkt keine konstante Wasserqualität des Flusses gegeben ist. Sollte also das Baden offiziell oder auf eigene Gefahr erlaubt werden, muss der Verstand mit baden gehen. Besonders wichtig ist, dass der Fluss nach Unwettern gemieden werden sollte.

Mögliche hygienische Verschlechterungen der Wasserqualität durch Badende, wie zum Beispiel durch Sonnencreme oder Hautschüppchen sind jedoch nicht, wie häufig vermutet, gegeben. Diese Mikroverunreinigungen  werden in so großem Maße verdünnt, dass sie für die Wasserqualität keinerlei Beeinträchtigung darstellen.

Für die Informationsvermittlung bezüglich möglicher hygienischer Einschränkungen der Wasserqualität muss ein Frühwarnsystem entwickelt werden, das nicht-wissenschaftlich aufbereitete, verständliche Informationen bereithält.

Rechtslage
Ist es überhaupt erlaubt, ein generelles Badeverbot auszusprechen oder hat nicht vielmehr jeder Bürger ein Recht auf uneingeschränkten Zugang zu öffentlichen Gewässern und damit zum Baden? Ein generelles Badeverbot ist nach der gegebenen Rechtslage eigentlich nicht aufrecht zu halten. Jedem EU-Bürger steht das Recht zu, in Flüssen und Seen zu baden, ausgenommen davon sind Natur- und Wasserschutzgebiete. Hier gilt ein generelles Badeverbot. Zudem sind Kommunen dazu verpflichtet, sobald mehrere Bürger an einer bestimmten Stelle ins Wasser gehen, die Wasserqualität dieser Stelle zu untersuchen. Geht hiervon keine Gefahr aus, ist diese Stelle laut Badegewässerrichtlinie als offizielle Badestelle auszuweisen. Eine Vorgabe, die in der Ruhr nicht umzusetzen ist, denn die Wasserqualität schwankt. Doch unter welchen Voraussetzungen könnte das Baden in der Ruhr dennoch legalisiert werden? Unter Berücksichtigung verschiedener Möglichkeiten kommt rechtlich vielmals nur ein Baden auf eigenes Risiko in Frage. Denn offizielle Badestellen benötigen eine Infrastruktur mit Aufsicht, Parkplätzen und Müllentsorgung sowie die Beachtung der Verkehrssicherheitspflicht. Eine weitere Anforderung an das Projekt ist es damit, eine praktikable Lösung, die den rechtlichen Rahmenbedingungen entspricht, zu finden.

Nutzen
Welchen Nutzen bringt das Baden in der Ruhr für die Region und die Bewohner mit sich? Hierbei gibt es neben dem direkt sichtbaren kommerziellen Nutzen für Gastronomie, Hotellerie und andere Freizeitzweige auch weitere Nutzen für den Bürger, die erst auf den zweiten Blick erkennbar sind.

Ein zentraler Punkt ist hierbei der Imagewandel der Region, der mit dem naturnahen Baden im urbanen Raum weiter unterstützt werden könnte. Das Ruhrgebiet als Industrie- und Kohleabbaugebiet ist vielen ein Begriff, doch sein Wandel zur Kulturregion und grünen Großstadt ist im vollen Gange. Das Baden in der Ruhr würde diesen Wandel positiv unterstützen. Das Image der Region und ihrer Bewohner würde damit verbessert. Neben dem positiven Ansehen würde dies natürlich auch einen Standortvorteil der Region mit sich bringen.

Darüber hinaus bedeutet die Möglichkeit des Badens für die Bewohner selbst mehr Lebensqualität und Freizeitwert. Die Ruhr würde zu einem Ort der Begegnung und Entspannung. Zusätzlich könnten die Bürger von der naturnahen Erfahrungswelt profitieren, die besonders für Kinder ein erhebliches spielerisches Lernmoment mitbringt. Sie könnten Erfahrungen im Umgang mit der Natur sammeln und diese als ihre direkte Umwelt kennen und wertschätzen lernen.

Finanzierung
Die zentrale Fragestellung beim Thema Finanzierung ist natürlich die Frage danach, wer das Geld für eine mögliche Realisierung der Bade-Szenarien zur Verfügung stellen soll.

Als Nutznießer profitieren natürlich besonders die Bürger von der Bademöglichkeit der Ruhr, weshalb diese das Vorhaben in der ein oder anderen Weise durch einen kleinen Beitrag mit stemmen könnten. Die Bereitschaft für etwas Schönes und Nutzenbringendes auch selber zahlen zu wollen, wurde von engagierten Teilnehmern des Workshops durchaus in Betracht gezogen. Denkbar wäre hier Eintrittsgeldern für bestimmte Stellen am Baldeneysee und der Ruhr, Badescheine analog zum Anglerschein oder auch eine Kurtaxe oder Einnahmen durch Steuern. Mit diesen verschiedenen bürgergetragenen Finanzierungsinstrumenten könnte eine mögliche Infrastruktur an angedachten Badestellen errichtet und aufrechterhalten werden. Welche Form genau hierfür geeignet und von den Bürgern gewünscht ist, gilt es im Laufe des Projekts herauszufinden.

Zusätzlich zu den Bürgern könnten diejenigen Personen oder Institutionen zur Kasse gebeten werden, die für die schlechte Wasserqualität verantwortlich sind. Ebenso stellt die Kostenübernahme durch weitere Institutionen, die von der Ruhr als Badegewässer profitieren, eine Finanzierungsmöglichkeit dar. Solche Institutionen wären beispielsweise Restaurants, Wassersportclubs oder Hotels, die an der Ruhr ansässig sind.

Kommunikation
„Kann ich heute baden? Ja oder Nein?“ – dies ist die zentrale Fragestellung, die künftig für Badewillige von großem Interesse sein könnte. Auch wer tiefergehende Informationen rund um Schadstoffkonzentrationen und genauere Wasserwerte sucht sollte in der Lage sein, diese zum Beispiel auf einer Website oder mittels mobiler App abrufen zu können. Daher sollte ein Kommunikationssystem entwickelt werden, welches den Abruf eben dieser Information ohne großen Aufwand ermöglicht.

Sollte tatsächlich ein Badeverbot für einen bestimmten Tag ausgesprochen werden, müsste dieses mit Begründung angegeben werden, sodass es nicht willkürlich wirkt und für alle Bürger nachvollziehbar ist. Nur so kann der Bürger lernen, in welchen Situationen Baden in der Ruhr nach wie vor nicht möglich wäre.

Die Antwort auf die zentrale Frage und alle relevanten Informationen sollten dabei mit Bedacht auf älteres Publikum nicht nur per Internet vermittelt werden, sondern auch über andere Medien wie die Zeitung oder das Radio für die Nutzer zur Verfügung stehen. Unmittelbar am Badeort könnte darüber hinaus ein Ampelsystem in Kombination mit einer Informationstafel über die Badewasserqualität Auskunft geben. Doch wie soll ein solches Ampel- bzw. Frühwarnsystem aussehen? Von Ampeln über Fahnen bis hin zu fünfstufigen Skalen ist vieles denkbar. Als weitere Anforderung ergibt sich schließlich die Entwicklung eines einfach zu lesenden Kommunikations- und Frühwarnsystems zur Badewasserqualität.

 

Szenario Flussbäder an der Ruhr

Im dritten Szenario des zweiten Workshop-Tages ließen die Bürger und Experten ihren Gedanken freien Lauf und überlegten gemeinsam, wie die Vision eines „Flussbads an der Ruhr“ aussehen könnte. Hierbei handelt es sich um ein Szenario, das an der Flussbadetradition der Ruhr und den Seen angelehnt ist.

Der Baldeneysee beispielsweise bietet sich perfekt als Badesee an: Er ist verkehrstechnisch gut angeschlossen, es gibt Parkplätze, Toilettenanlagen und für das leibliche Wohl vor Ort ist auch gesorgt. Allerdings müssen sich hier die Badewilligen den See und das Ufer mit Wassersportlern, der Weißen Flotte, Campingplätzen und Cafés teilen. Das Ufer ist sehr begehrt und daher gibt es derzeit kaum Platz für einen ausladenden Badestrand. Denkbar ist jedoch einen kleinen begrenzten Badebereich am Seaside Beach einzurichten, in dem man sich an heißen Tagen erfrischen kann. Dies wäre jedoch nicht ein klassisches Flussschwimmbad, nur eine Erweiterung des Freizeitangebotes des Seaside Beach. Der Grundgedanke des Seaside Beach als Freizeitoase ständ weiterhin im Vordergrund. Als Alternative für Schwimmlustige kommen weitere mögliche Stellen in Betracht, wo sich ein Flussbad einrichten ließe, so zum Beispiel in Essen Steele und im Werdener Löwental. In Steele betreibt derzeit der Steeler Schwimmverein ein Bad am Ufer der Ruhr, sodass dieser eventuell auch als Betreiber des Bads in Frage käme. Beide Orte sind weitgehend verkehrstechnisch erschlossen, sodass keine ganz neue Infrastruktur geschaffen werden muss. Ein einziges Flussbad an der Ruhr stellt keine Option dar, da diese dann an heißen Tagen überrannt würde. Drei verschiedene Flussbäder mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten hingegen würden die Masse des Publikums auffangen und für jedes Interesse eine Anlaufstelle bieten. Ein zahlungsbereites Publikum, dem ein Event- und Lifestylecharakter wichtig ist, könnte sich am Seaside Beach im Baldeneysee erfrischen. Im Löwental bietet sich darüber hinaus ein einfach ausgestattetes Flussbad, das mit einem niedrigen Eintrittspreisniveaus beispielsweise für Jugendliche interessant wäre. Familien hingegen könnten im Steeler Bad das naturnahe Baden genießen.

Im Gegensatz zu den anderen beiden Szenarien, dem freien Baden und den ausgewiesenen Badestellen an der Ruhr, wird ein Flussbad durch eine Badeaufsicht ständig überwacht. Die Sicherheit der Schwimmer ist somit auf jeden Fall gewährleistet.

Die bestehende Infrastruktur wird in diesem Szenario weitestgehend genutzt, jedoch bedarf es eines Ausbaus in Sachen Verkehr. Der weitere Ausbau von Parkmöglichkeiten und Parkleitsystemen oder der Einsatz von Shuttlebussen kommen hier als Investitionen auf die Stadt und die Badbetreiber zu.

Kommunikativ müssen die Flussbäder vernetzt werden, da diese nicht getrennt voneinander zu betrachten sind. Es handelt sich um Bäder am gleichen Fluss, also drei Bäder mit demselben Wasser, der selben Wasserqualität und den gleichen Gegebenheiten. Der Verbund der Bäder ist demnach unumgänglich.

Darüber hinaus müssen die Bürger sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Die Besucher müssen die Ruhr als Ökosystem und Naturgewässer wahrnehmen, um verantwortungsvoll mit ihr umgehen zu können. Die Entwicklung eines entsprechenden Bewusstseins und einer Badekultur ist daher wesentlich. Schilder, die über Flora und Fauna des heimischen Gewässers informieren können eine Möglichkeit der Bürgerkommunikation darstellen.

Welches Szenario sich eines Tages wohlmöglich durchsetzen wird und eine tatsächliche Bademöglichkeit darstellt, lässt sich gegenwärtig nicht sagen. Dennoch zeigen die drei Szenarien, das verschiedene Möglichkeiten denkbar sind, wie Baden an der Ruhr in Zukunft möglich wäre.

Szenario Ausgewiesene Badestellen an der Ruhr

Das zweite Szenario, das im Rahmen des Workshops zum Thema “Baden in der Ruhr” im April von den Teilnehmern entwickelt wurde trägt den Titel “Ausgewiesene Badestellen”. Dieses Szenario beschreibt die Zwischenlösung, zwischen den beiden Szenarien “Freies Baden” und “Flussbäder”.

Eine Badestelle meint hierbei eine offiziell freigegebene Badestelle, die sich an problemlos zugänglichen Orten befindet. Hierbei eignet sich die Ruhr grundsätzlich besser für das Szenario als der Baldeneysee, da hier bereits viele Einschränkungen durch die derzeitige Nutzung von Wassersportlern, Anglern und der Weißen Flotte gegeben sind. Eine Badestelle am See könnte jedoch am Seaside Beach Baldeney eingerichtet werden. So kämen auch Seeliebhaber auf ihre Kosten. Weitere mögliche Badestellen könnten sein: Haus Scheppen, Mülheimer Ruhrstrand, Zeche Carl Funke, Rote Mühle, Strandbad Spillenburg Essen-Steele, Haus am See und Löwental. Weitere Einschränkungen gehen von der Nähe von Schifffahrtswegen und Anlegestellen der Weißen Flotte und Natur- und Vogelschutzgebieten aus.

Wie diese ausgewiesenen Badestellen sich optisch gestalten würde, ob mit Sand oder ohne, muss bei Umsetzung dieses Szenarios weitergehend diskutiert werden. Klar ist jedoch, dass die Badestellen deutlich gekennzeichnet werden müssen. Hierdurch kann auch vermieden werden, dass zu viel an nicht-freigegebenen Stellen gebadet würde. An diesen Badestellen sollte eine Infotafel über aktuelle Wasserwerte informieren. Zudem könnten solarbetriebene Notrufsäulen  in Verbindung mit einer gut sichtbaren Kilometrierung des Flusses zur Durchgabe des Standortes an jeder Badestelle installiert werden. Diese Säule soll den Nutzer mit dem bestehenden Sicherheitssystem der DLRG, Feuerwehr, etc. verbinden.

Um die Kosten möglichst gering zu halten sind weitere infrastrukturelle Maßnahmen in einem kleinen Rahmen zur Umsetzung des Szenarios nötig: eine gute verkehrstechnische Anbindung, Sanitäranlagen, regelmäßige Wartung der Badestellen, Müllentsorgung sowie ein befestigter Zugang zum Wasser, beispielsweise in Form eines Steges.

Auf eine konstante Badeaufsicht wurde bei der Entwicklung dieses Szenarios auch verzichtet, dagegen können Bojen den Schwimmbereich ausweisen und somit gewährleisten, dass sich kein Schwimmer in die Fahrrinne verirrt.

Die Informationen rund um die Wasserqualität sollen neben den Infotafeln über gängige Medien verbreitet werden. Darüber hinaus kann ein Ampelsystem vor Ort zudem eine Badeempfehlung geben oder aber vom Baden abraten.

Die Finanzierung des Szenarios muss anteilig von den beteiligten Institutionen, beispielsweise der Stadt, den Kommunen, dem Ruhrverband, etc. aufgeteilt werden. Eine andere Möglichkeit ist es, die Nutznießer des Projekts, z.B. die Gastronomie, die Campingplätze, etc. an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Darüber hinaus können externe Sponsoren angeworben werden.

Szenario Naturnahes Baden an der Ruhr

Baldeneysee

Die Möglichkeiten des Badens in der Ruhr sind heute noch eine Zukunftsmelodie. Drei Szenarien, wie das Baden künftig möglich sein könnte wurden im Rahmen des Projekts Sichere Ruhr im Workshop „Baden im Baldeneysee“ im April 2013 entwickelt. Hierbei wurden folgende Punkte in die Entwicklung mit einbezogen: Die hygienische Qualität, der rechtliche Status mit seinen Konsequenzen, die Kosten und Finanzierung, der gesellschaftliche Nutzen, die Kommunikation, die Infrastruktur, das Thema Sicherheit und der Aspekt der Müllentsorgung.

Das Szenario „Freies Baden in der Ruhr“ verzichtet auf offizielle Badestellen oder gar Flussbäder mit Parkplätzen und Imbissbuden. Freies Baden meint das Baden auf eigene Gefahr überall dort, wo die Ruhr zugänglich ist. Ausnahmen: Naturschutzgebiete und Privatgrund. Zudem meint das Baden auf eigene Gefahr dabei nicht das Unwissen über mögliche Gefahren, sondern ein Baden auf eigene Verantwortung. Schilder müssen daher über mögliche Gefahren informieren, Naturschutzgebiete und Privatgrund ausweisen.

Entscheidet sich ein Badewilliger trotz möglicher Gefahren ins Wasser zu springen, kann er sich nicht auf eine konstante Badeaufsicht oder –rettung verlassen. In diesem Szenario ist das Baden auf eigene Gefahr tatsächlich ein Baden mit Restrisiko, das von jedem Badenden selbst getragen wird. Natürlich steht dabei das normale Notfallangebot der Feuerwehr auf Anruf bereit.

Informationen zum Thema Hygiene, wie aktuelle Wasserwerte und Prognosen über die Wasserqualität, stehen darüber hinaus jedem Badelustigen per Internet zur Verfügung. Hierbei können auch Empfehlungen zum Nicht-Baden nach Regenfällen ausgesprochen werden. Ob einer solchen Empfehlung dann Folge geleistet wird, entscheidet wiederum jeder Badende für sich.

Müllproblematiken würden mit einer minimalen Infrastruktur in Form von Müllbehältern entlang der Ruhr vorgesorgt. Für die Leerung dieser ist dann die anliegende Gemeinde zuständig.

Der positive Nutzen des Badeszenarios besteht hierbei vor allem in der Zunahme der Lebensqualität; die Nachteile bestehen in möglichen Interessenskonflikten mit derzeitigen Nutzern der Ruhr und des Baldeneysees. Vorzustellen ist dabei auch die Ruhr generell zum Baden freizugeben, den Baldeneysee dagegen mit Badestellen zu bestücken um diesen möglichen Nutzungskonflikten vorzubeugen. Die Gleichberechtigung soll hierbei jedoch auch nicht zu kurz kommen.

Ein weiterer Nutzen entsteht vor allem für das Image der Region und damit für das Image aller anliegenden Kommunen. Als Nutznießer des Szenarios könnten die Anrainerkommunen im Sinne des Umweltschutzes diese geringe Infrastruktur in Form von Müllbehältern, Beschilderung und Internetinformationen tragen.

Foto: Ruhrverband
Foto: Ruhrverband

Die Ruhr ist ein Fluss mit einer langen Tradition und Geschichte – nicht zuletzt gibt er dem Ruhrgebiet seinen Namen.

Hier werden Informationen rund um die Ruhr und ihre Seen gesammelt. Zur Geschichte und Badetradition, aber auch zur heutigen Flussreinigung und Trinkwassergewinnung. Hier werden praktische Fragen beantwortet: Welchen Weg nimmt unser Abwasser? Und wie funktionieren eigentlich ein Wehr, eine Kläranlage oder ein Wasserwerk? Nach und nach werden immer mehr Fragen rund um die Ruhr und Wasser im Allgemeinen beantwortet. Hier wächst das Wissen zum Thema Wasser – das Wasserwissen.