Natürliche Gewässer wirken durch ihre Kühle besonders an heißen Tagen verführerisch und laden dazu ein, ein erfrischendes Bad zu nehmen – manchmal mit unerwarteten Folgen.
Die Wasserqualität natürlicher Gewässer ist nicht mit der von Schwimmbädern zu vergleichen, da Wetter- und Strömungsverhältnisse für eine schwankende Wasserqualität sorgen. Ist die Wasserqualität durch diverse Einflüsse zeitweise stark beeinträchtigt, kommen unter Anderem zahlreiche Krankheitserreger fäkalen Ursprungs im Wasser vor. Die meisten Erreger überleben nur eine kurze Zeit, da ihnen die Widerstandsfähigkeit gegen Umwelteinflüsse fehlt. Jedoch können diese Krankheitserreger in direkter Folge auf eine Verschmutzung – in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Konzentration – für Einzelerkrankungen oder gar Epidemien sorgen. Besonders nach Starkregen und Gewittern sollte daher das Baden in natürlichen Gewässern vermieden werden, denn bei Starkregen fließt Wasser aus verschiedenen Quellen des Umlandes ungeklärt in den Fluss. Exkremente und Düngemittel, Träger von Bakterien, Viren, Parasiten und Keimen, gelangen so ungefiltert in den Fluss und sorgen für erhebliche Beeinträchtigungen der Wasserqualität.
Doch welche Krankheiten werden über das Wasser übertragen?
Zu den durch Wasser übertragbaren Infektionskrankheiten gehören bakterielle Infektionen, die durch die im Darm vorkommenden Bakterien wie beispielsweise Escherichia coli, intestinale Enterokokken und Clostridium perfringens ausgelöst werden. Die meisten Stämme dieser Bakterien sind nicht humanpathogen, also für den Menschen nicht krankheitserregend, sondern harmlos. Jedoch können auch pathogene Stämme im Wasser vorkommen, die – zum Teil lebensbedrohliche – Infektionskrankheiten auslösen können. Zu diesen bakteriellen Infektionen gehören Harnwegsinfektionen, Durchfallerkrankungen, Chronische Darmentzündungen (Morbus Chrohn und Colitis ulcerosa), Blutvergiftungen (Sepsis), Hirnhautentzündungen (Neonatale und Clostridiale Meningitis), Gasbrand oder auch Herzinnenhautentzündungen (Endokarditis).
Menschen mit geschwächtem Immunsystem, so zum Beispiel ältere Menschen und Kinder, müssen mit besonderer Vorsicht in natürlichen Gewässern baden, denn für sie können auch die Umweltkeime Pseudomonas und Aeromonas schwerwiegende Folgen haben. Diese können ebenfalls Erreger möglicher Wundinfektionen und von Magen-Darm-Erkrankungen sein.
Neben Bakterien lassen sich teilweise auch Viren in natürlichen Gewässern nachweisen. Adeno-, Polyoma-, Rota-, Noro- und Enteroviren sind pathogene, krankmachende Viren, die ebenfalls Erreger für verschiedene Krankheiten sein können. So vor allem für Erkrankungen der Atem- und Harnwege, Nieren- und Durchfallerkrankungen. Enteroviren können darüber hinaus auch für zahlreiche – auch schwerwiegende – Erkrankungen verantwortlich sein, wie beispielsweise die Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Kinderlähmung, Leberentzündung (Hepatitis), Hirnhautentzündung (Meningitis), Gehirnentzündung (Enzephalitis) und Lähmungen (Paralysen).
Durch die in natürlichen Gewässern vorkommende Parasiten Cryptosporidium parvum und Giardia lamblia werden ebenfalls Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes ausgelöst, so zum Beispiel die Lamblienruhr (Giardiasis). Diese Parasiten zählen in Deutschland zu den Haupterregern für Magen-Darm-Infektionen nach dem Baden in natürlichen Gewässern, aber auch in Schwimmbädern. Jedoch kommt es hier ebenfalls auf das Vorkommen und die Konzentration der enthaltenen Parasiten an.
Ebenfalls durch Parasiten verursacht wird die Badedermatitis, eine weitestgehend harmlose aber stark juckende Hautinfektion. Hierfür verantwortlich sind Vogelschistosomen, Parasiten, die durch Vogelausscheidungen ins Wasser gelangen. Im Wasser dringen die im Kot enthaltenen Larven in Schnecken ein, in denen weitere freischwimmende Larvenstadien, die Zerkarien, heranreifen. Sind diese ausgewachsen, verlassen sie den Zwischenwirt, die Schnecke, um in den Endwirt die Ente einzudringen. Bei der Suche nach einem finalen Wirt können diese Zerkarien versehentlich auch in die menschliche Haut eindringen. Hier können sie sich nicht weiter vermehren und sterben ab. Die Folge der Infektion ist der juckende, ansonsten aber harmlose, Hautauschlag, die Badedermatitis.
Das Projekt Sichere Ruhr untersucht das Ruhrwasser hinsichtlich dieser Krankheitserreger, um ein mögliches Erkrankungsrisiko beim Baden in der Ruhr zukünftig einschätzen zu können.
Bislang ist das Baden in der Ruhr unter Anderem wegen des Risikos möglicher Infektionen verboten. Jedoch prüft das Projekt Sichere Ruhr inwiefern dieses Risiko tatsächlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegeben ist, denn die Wasserqualität der Ruhr hat sich über die Jahrzehnte stets verbessert. Hierzu werden an verschiedenen Stellen der Ruhr Messungen durchgeführt und Werte erhoben. Diese dienen dazu eine umfangreiche und aussagekräftige Risikobewertung der Ruhr machen zu können und daraus am Ende der Projektlaufzeit eine Empfehlung für oder gegen das Badeverbot aussprechen zu können.
Bislang lässt sich bereits festhalten, dass drei Tage nach Starkregen und Gewittern auf keinen Fall in natürlichen Gewässern mit Kläranlageneinleitungen – so auch in der Ruhr – gebadet werden sollte, denn das Vorkommen von Krankheitserregern bakterieller, viraler und parasitärer Art ist nach solchen Ereignissen definitiv gegeben. Auch bei guten Wasserbedingungen können die genannten Erreger vereinzelt vorkommen, jedoch bedeutet das reine Vorkommen von Krankheitserregern im Wasser noch keine sichere Ansteckungsgefahr, also auch keine zwangsläufige Folge an den genannten Infektionen zu erkranken. Das gute Immunsystem vieler Badender, sowie eine geringe Anzahl der Erreger, führen tatsächlich nur in sehr seltenen Fällen zu Erkrankungen nach dem Baden in natürlichen Gewässern.