Die Wildtiere kehren zurück – auch an die Ruhr

Weißstorch. Foto: Zibolsky. NABU
Foto: S. Zibolsky, NABU

Was haben ein Lachs und ein Fischotter gemeinsam? Beide schwimmen selten in der Ruhr, denn in Nordrhein-Westfalen sind sie vom Aussterben bedroht. Die roten Listen gefährdeter Arten scheinen hierzulande immer länger zu werden. Eine aktuelle Studie zeigt allerdings, dass es auch umgekehrt gehen kann: Manche bedrohten Tierbestände erholen sich europaweit, auch an Rhein und Ruhr. Gesetzlicher Schutz hat ihnen geholfen.

Die Studie „Wildlife Comeback in Europe“, die in Zusammenarbeit der Zoological Society of London mit dem Dachverband des deutschen Naturschutzbundes (BirdLife International) und den Vogelschützern vom European Bird Census Council durchgeführt wurde, listet 37 Rückkehrer nach Europa auf: Bekannte Tierarten, die stark gefährdet waren, deren Bestände sich aber inzwischen spürbar erholt haben. So prominente Vertreter wie der Grauwolf und der Seeadler sind darunter.

Zu den auch in Nordrhein-Westfalen beheimateten Tieren, die wieder zahlreicher geworden sind, gehören der Weißstorch, der Wanderfalke und der Biber. Letzterer breitet sich etwa im Rheinland wieder aus. Auch an der Ruhr freuen sich manche Spaziergänger, ihn wiedergesehen zu haben, jedoch wird er dabei meist mit der hier häufig vorkommenden Biberratte verwechselt. Der Biber ist auch ein Beispiel für die Probleme, die wir mit wilden Tieren haben, mit denen wir es nicht mehr gewöhnt sind zusammenzuleben. Dass Biber Bäume fällen, ist bekannt, aber wenn sie es dann tatsächlich tun, fühlt sich manch einer gestört. In Bayern ging das bereits soweit, dass Bibergegner die Dämme des Nagers angezündet oder mit dem Bagger planiert haben.

Damit es soweit nicht kommt, ist Aufklärung über die Verhaltensweisen wilder Tiere und über den richtigen Umgang mit ihnen gefragt. So sieht es auch Frans Schepers von der Initiative Rewilding Europe. Ihm ist wichtig, „dass wir die Toleranz für wildlebende Tiere erhöhen.“ Denn nur dann ist ihrem Comeback auch Erfolg vergönnt.  „Die Wildtiere kehren zurück, wenn wir es ihnen erlauben“, so Schepers, „dieser Report zeigt das.“ Auch würden noch weitere Arten folgen, glaubt der Naturschützer. Aber nur unter der Bedingung, dass wir die Tiere „weiterhin gesetzlich schützen, ihre Bestände aktiv pflegen und wiederansiedeln.“ Professor Jonathan Baillie von der Londoner Zoologischen Gesellschaft pflichtet ihm bei: „Die vorliegende Studie hilft uns zu verstehen, welche Schritte notwendig sind, um anderen Arten eine ähnliche Erholung ihrer Bestände zu ermöglichen.“

In der Studie zum Wildlife-Comeback werden als erfolgreiche Maßnahmen für die Rückkehr der Tiere unter anderem die Gründung des Netzwerks europäischer Schutzgebiete (Natura 2000) genannt sowie die Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Denn die Qualität der Gewässer spielt für viele Tiere eine entscheidende Rolle.

Dennoch müssten sich die untersuchten Tierbestände noch weiter erholen, bevor sie als gesichert gelten könnten, so die Studie. Der Naturschutzbund merkt trotz aller Erfolge an, dass der Bestand anderer Arten weiterhin dramatisch abnähme. Dies gelte insbesondere für die Vögel der Agrarlandschaft. Dazu zählen solche wie die Grauammer, die weniger bekannt sind und unscheinbarer wirken als die Naturschutz-Aushängeschilder Adler oder Storch.  Der Präsident des Naturschutzbundes Olaf Tschimpke fordert deshalb, bestehendes Naturschutzrecht konsequenter umzusetzen: „Solange die deutschen Behörden bei der Zerstörung von artenreichem Grünland in Schutzgebieten alle Augen zudrücken, ist ein Comeback unserer Wiesenvögel in weiter Ferne“, kritisiert er.

Ein Beispiel für Maßnahmen zugunsten der Wiesenvögel ist die Heisinger Aue in Essen. Im Vogelschutzgebiet am Baldeneysee zeigen sich zudem Erfolge beim Schutz von Arten wie dem schillernden Eisvogel, für den sauberes Wasser und naturnahe Flüsse besonders wichtig sind. Letzteres benötigen auch der Fischotter und der Biber, wenn sie zurückkommen sollen. Es bleibt allerdings die Frage: Inwieweit sind wir bereit, uns auch mit ihnen zu arrangieren, wenn sie uns wirklich wieder begegnen?

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