Eine Straße auf dem Wasser – der Schiffsverkehr auf der Ruhr

Transportschiff auf dem Rhein-Herne-Kanal
Foto: Arnold Paul

Für die Menschen in ihrem Einzugsgebiet erfüllt die Ruhr jede Menge nützlicher Zwecke. Aus ihrem Filtrat wird Trinkwasser gewonnen, der Fluss dient zur Kühlung in der regionalen Industrieproduktion und von Wassersportlern wird die Ruhr zur Erholung genutzt. Wie bei vielen Flüssen geht aber auch im Falle der Ruhr ihre Bedeutung über die Region hinaus. Ein besonders augenscheinliches Beispiel dafür ist der Transport. Denn ein Fluss ist sozusagen auch ein natürlicher Transportweg.

Das Wort „natürlich“ ist dabei jedoch mit Einschränkungen verbunden. Denn um Flüsse in größerem Umfang schiffbar zu machen, werden oft Eingriffe in ihren Verlauf genommen, die das Ökosystem des Flusses verändern. Auch für Hochwasser können diese Flussumbauten verantwortlich sein. Auf der anderen Seite gilt es als umweltfreundlich, Güter auf dem Wasser zu transportieren – zumindest im Hinblick auf die Klimabilanz im Vergleich zum Transport auf der Straße oder der Schiene. Denn der Schiffsverkehr benötigt viel weniger Energie und führt entsprechend zu einem deutlich geringeren Ausstoß an Kohlendioxid. Also doch lieber die Wasserstraße wählen?

Der Ruhr kommt die Rolle der Wasserstraße jedenfalls bereits seit vielen Jahrhunderten zu, auch wenn sich diese Rolle mit der Zeit stark gewandelt hat. Schon im Jahre 1033 erhielten die Benediktinermönche in Essen-Werden die königliche Erlaubnis, die Ruhr mit dem Schiff zu befahren. Den entscheidenden Schub bekam der Transport auf dem Fluss jedoch erst im 18. Jahrhundert. Ab 1774 wurde die Ruhr auf Veranlassung der preußischen Regierung so ausgebaut, dass sie für den Gütertransport, speziell den Kohlentransport, geeignet war. Denn in seinem natürlichen Zustand war der Fluss für die großen Aaken, wie die Kohleschiffe damals hießen, nur teilweise befahrbar. Darum wurden Buhnen und Schleusen errichtet, um Kohle, Salz und Getreide entsprechend verschiffen zu können. Außerdem war ein sogenannter Treidelpfad am Ufer notwendig. Darauf zogen Pferde die großen, schweren Schiffe an Seilen stromaufwärts. Bis zu 175 Tonnen Ware fanden Platz auf einer Ruhraake, die sich durch ihren geringen Tiefgang auszeichnete und dadurch für den Flusstransport geeignet war.

Mittelfristig sollte die Ruhr nach den ersten größeren Flussausbauten dieser Zeit durch den Kohletransport zu einem der meistbefahrenen Wasserwege Europas werden, wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum. Der Duisburger Hafen wurde dabei zum Umschlagplatz nicht nur für Kohle, sondern ab etwa 1850 auch für großen Mengen an Eisen und Stahl aus dem Ruhrgebiet. Er stellte für diese Exportgüter, die von hier aus ihren Weg über den Rhein und das Meer nahmen, die Verbindung zum Weltmarkt her.

Die Flüsse im Ruhrgebiet reichten als Transportweg für das hohe Güteraufkommen jedoch bald nicht mehr aus. Sie wurden deshalb durch die Eisenbahn sowie durch künstliche Wasserstraßen, deren Wasserpegel sich leichter regulieren ließ, ergänzt – und später durch diese weitgehend ersetzt. So verlor die Ruhr als Transportweg für Kohle und Industriegüter mehr und mehr an Bedeutung und zum Ende des 19. Jahrhunderts kam hier der Schiffsverkehr vollständig zum Erliegen.

In Mülheim an der Ruhr wurde dieser Entwicklung entgegen allerdings ab 1913 der Rhein-Ruhr-Hafen errichtet sowie die Ruhr als Verbindung zum Rhein und dem Duisburger Hafen auf zwölf Kilometern zu einem Schifffahrtskanal ausgebaut, inklusive zweier Schleusen. Nur noch dieser untere, staugeregelte Bereich der Ruhr ist heute wie die Kanäle als Bundeswasserstraße für große Transportschiffe befahrbar. Ähnlich wie ihre Vorgänger zu Beginn der Ruhrschifffahrt verkehren diese Frachter also nur zwischen Mülheim und Duisburg.

Der Oberlauf des Flusses dagegen gibt heute wieder ein natürlicheres Bild ab. Er wird nur noch von Fahrgastschiffen genutzt. Hier und auf den fünf Stauseen der Ruhr sind Personenschiffe wie die der Weißen Flotte unterwegs und befördern Erholung Suchende. Daneben nutzen viele Segel- und Ruderboote den Fluss zu diesem Zweck. Aber große Kohleschiffe sieht man hier nicht mehr fahren. Für die Hoffnung vieler, dass man in der Ruhr bald wieder das Baden erlauben könnte, ist das sicher von Vorteil.

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