
Dass man auf der Ruhr wunderbar Kanu fahren kann, fällt einem als Spaziergänger am Ufer schnell auf. Auch Angler trifft man dort nicht selten an. Der Fluss hält in der Tat eine ganze Reihe von Freizeitaktivitäten bereit. Aber Tauchen? Das ist nun wirklich kein Sport für einen Fluss in Nordrhein-Westfalen. Oder doch?
Viele Taucher reizt an Flüssen die Strömung, die sie quasi ohne eigenes Zutun an wechselnden Unterwasserwelten vorüberträgt. Für sonnigere Klimazonen kann man sich gut vorstellen, wie die bunten Fische dabei wie ein Film an einem vorbeiziehen. Aber wenn man über Tauchen in einem hiesigen Fluss spricht, drängt sich der Gedanke an kaltes, trübes Wasser irgendwie auf. Und er ist auch nicht unbedingt falsch. Was das Tauchen in der Ruhr reizvoll macht, sind andere Dinge wie etwa Entdeckungslust und die Neugier auf die Geschichten, die die verborgene Unterwasserwelt vor der eigenen Haustür zu erzählen hat. Außerdem die sportliche Herausforderung.
Holger Cremer von der Essener Tauchschule „Dive in“ meint dementsprechend: „Wer in der Ruhr taucht, macht das schon, um Action zu erleben.“ Denn Unwägbarkeiten zu überwinden gibt es dabei einige. Nicht nur mit einer 30 Kilogramm schweren Tauchausrüstung die richtige Einstiegsstelle anzupeilen. Die Sicht unter Wasser kann bereits nach wenigen Metern Entfernung schwierig werden. Algen und Schwebeteilchen machen das Wasser trüb und ein Mangel an markanten Punkten erschwert die Orientierung zusätzlich. Auch die Wassertemperatur ist nicht unbedingt warm, sondern macht einen etwas dickeren Neoprenanzug ratsam, damit man nicht auskühlt. Hinzu kommt die Strömung, die genau wie Temperatur und Sicht von den Witterungsbedingungen abhängt – bei Regen etwa nimmt sie zu. „Das Tauchen im Fluss ist nicht unbedingt für Anfänger geeignet,“ bemerkt Tauchcoach Holger Cremer deshalb.
Allgemein ist davon abzuraten, sich auf eigene Faust ohne erfahrenen Guide zum Tauchen in einen Fluss zu begeben. Bei weniger als fünf Metern Sichtweite besteht dort die Gefahr, dass man Hindernisse zu spät erkennt, wenn die Strömung entsprechend stark ist und man beispielsweise gegen Felsen oder Steine stößt oder sich an Gegenständen verfängt. Ausgewiesene Tauchflüsse werden als Sicherheitsmaßnahme am Grund mit farbigen Bändern markiert oder an der Wasseroberfläche mit einer Leine und Hinweis bespannt – Markierungen die dann nicht überschwommen werden sollten. Die Strömung kann beim Flusstauchen insbesondere nach Regenfällen zur Gefahr werden. Normalerweise sanfte Fließgewässer können sich dabei für den Taucher in echte Sturzfluten verwandeln, die ihn ungewollt mitreißen. Wer allerdings neben den üblichen Spielregeln beim Tauchen die besonderen Bedingungen des Flusstauchens beachtet, kann auch in Flüssen sicher tauchen und dabei manches entdecken.
Neben den Unterwasserbewohnern, die man so aus nächster Nähe betrachten kann, zählen dazu die Funde, die man auf dem Grund eines Flusses machen kann. Oft interessante, manchmal skurrile und gelegentlich auch fragwürdige Gegenstände künden dort wie archäologische Zeugnisse von menschlicher Zivilisation. Die Taucher in diesem Unterwasservideo haben in der Ruhr eine leere Geldkassette und ein Gewehr gefunden. Neben Gewehren birgt der Flussgrund noch andere Überreste des Krieges, weshalb Holger Cremer vor Tauchgängen dort die Warnung ausspricht: „Im Fluss liegt scharfe Munition. Dafür gilt: Nur gucken, nicht anfassen.“
Und auch Müll begegnet einem beim Tauchen in der Ruhr – Handys, Autoreifen, Fahrräder, sogar Fernseher liegen dort bisweilen herum, wie Flusstaucher berichten. Bei einem Gewässer, das sich durch ein so dichtbesiedeltes Gebiet schlängelt wie die Ruhr, bleiben Abfallprobleme leider nicht aus, auch wenn man sich fragt, warum jemand seinen Fernseher ausgerechnet im Fluss entsorgen musste. Auch vielen Tauchern geht solch sorgloser Umgang mit dem Fluss zuweit. Um dem etwas entgegensetzen, nehmen einige der Unterwassersportler deshalb an der Initiative Ruhrputzen teil. Bei der Aktion kann jeder mithelfen den Fluss gemeinsam zu entrümpeln. Nicht nur für Flusstaucher wird die Unterwasserwelt dadurch sicher ein Stück attraktiver.