
Lange bevor ein Umweltbewusstsein in den Köpfen der Menschen verankert war, litten die Flüsse unter den fortschreitenden Entwicklungen der Menschheit. Zu Zeiten der Industrialisierung ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Einleitungen aus Industrie, Bergbau, Landwirtschaft und Haushalt ungereinigt in die Flüsse eingeleitet und führten zu starken Wasserbelastungen. Die Folge: Fische starben und Menschen, die mit dem Wasser in Berührung kamen, erkrankten zum Teil sehr schwer. So auch in der Ruhr. Als Fließgewässer einer industriell dicht besiedelten Fläche wurde der Fluss vor allem durch Einleitungen aus Industrie und Kohleabbau verunreinigt.
Heute ist die Ruhr einer der saubersten Flüsse Europas, jedoch kann immer noch nicht von einem „reinen“ Fluss oder gar „kristallklarem Wasser“ gesprochen werden – im Gegenteil.
Im letzten Jahr berichteten unter Anderen die WAZ und die Ruhrnachrichten über Chemikalien aus Industrie- und Haushaltsabwässern deren Spurenstoffe immer noch im Ruhrwasser nachgewiesen werden könnten. Die Aufrüstung der Klärwerke mit ultrafeinen Filtern, UV-Desinfektionsanlagen und Aktivkohle-Aufbereitung sei ein Muss.
Doch woraus setzen sich diese Einträge eigentlich zusammen, die auf die Wasserqualität Einfluss nehmen?
Verschiedene Eintragswege führen zu der Summe der Spurenstoffe, die heute noch die Flüsse verunreinigen. Gewässerbelastungen aus der Landwirtschaft sind besonders Nährstoffe und Pestizide. Die konventionelle Landwirtschaft nutzt Dünge- und Pflanzenschutzmittel, die einen erheblichen Anteil an den Mikroschadstoffen in den Flüssen bilden und damit Einfluss auf das Grundwasser nehmen. Wenngleich die Landwirtschaft in Deutschland den Auflagen des Gewässerschutzes unterliegt und bereits viele freiwillige Maßnahmen ergriffen wurden, sind die Nährstoffeinträge weiterhin zu hoch. Eine Umstellung auf Ökolandbau kann hier unter Anderem eine Gegenmaßnahme bilden, zumal die Nachfrage nach Bio-Produkten weiterhin steigt. Zahlreiche Fördermaßnahmen warten auf die Umsetzung. Das Land Nordrhein-Westfalen hat bereits viele Forderungen umgesetzt, muss jedoch – ebenso wie alle anderen deutschen Bundesländer – in den kommenden Jahren die Initiative ergreifen um eine gute Wasserqualität der Oberflächengewässer zu erreichen.
Weitere Einträge kommen aus Haushalten, Kommunen und Industrie. Schwer abbaubare Schadstoffe aus Industrie und Haushalten werden in den Kläranlagen nicht komplett zurückgehalten und fließen als Mikroschadstoffe in die Flüsse. Eine mögliche Gegenmaßnahme ist die Aufrüstung von Kläranlagen. Auch hiermit beschäftigt sich das Projekt Sichere Ruhr. Das Institut für Siedlungswasserwirtschaft an der RWTH Aachen testet und entwickelt Verfahren zur Behandlung von Abwasser und befasst sich mit der Frage wie somit die Einträge in die Ruhr minimiert werden können.
Darüber hinaus wirken sich die Schifffahrt und die strukturelle Veränderung der Flüsse auf deren Wasserqualität aus. Ob Uferbefestigungen, Begradigungen oder Vertiefungen der Fahrrinne – eine Optimierung der Bundeswasserstraßen geht immer auf Kosten der Gewässerökologie. Die Renaturierung und die nachhaltige Nutzung der Bundeswasserstraßen sind Ziele der Bundesregierung auf dem Weg hin zu sauberen Oberflächengewässern.
Was bedeutet das für Sichere Ruhr?
Als nur in Teilen Landes- und Bundeswasserstraße spielen Einträge aus der Schifffahrt für die Ruhr eine untergeordnete Rolle. Doch welche Herausforderungen gilt es für die Landwirtschaft der Zukunft zu meistern? Müssen Bauern dazu verpflichtet werden auf Ökolandbau umzustellen? Und führen noch schärfere Auflagen für industriell eingeleitete Abwässer langfristig zu einer Lösung?