Sichere-Ruhr-Workshop bringt Ergebnisse – Interessengemeinschaft „Baden in der Ruhr“ will sich gründen

Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr.
Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr.

Am 16. und 17. Mai 2014 fand in Essen-Werden im Rahmen des Projekts Sichere Ruhr ein erneuter Workshop zum Thema „Baden in der Ruhr“ statt, an dem jeder Interessierte teilnehmen konnte. Im Regattahaus am Baldeneysee hatten sich bei sonnigem Wetter zahlreiche engagierte Bürger sowie Vertreter verschiedener Organisationen versammelt, um gemeinsam auszuloten, wie eine Bademöglichkeit in Fluss und See im Detail aussehen könnte. Dabei gab es konkrete Ergebnisse.

Der Workshop im Regattahaus war die Fortsetzung einer ersten Zusammenkunft von 2013, bei der sich die Teilnehmer bereits mit den allgemeinen Gegebenheiten des Badens in Fließgewässern vertraut gemacht hatten sowie erste Vorschläge, Wünsche und Anregungen für das Ruhrbaden zusammengetragen hatten. Auch am vergangenen Wochenende begann das Arbeitstreffen mit einer Einarbeitung in die Thematik: Zunächst brachten sich die Anwesenden auf den neuesten Stand der Untersuchungen des Projekts Sichere Ruhr. Das Forschungsprojekt, an dem Wissenschaftler mehrerer Universitäten beteiligt sind, widmet sich seit 2012 der Frage, ob bzw. inwieweit die Ruhr künftig als Badegewässer genutzt werden kann.

Die Workshop-Teilnehmer im Regattahaus informierten sich in Kleingruppen bei den Mitarbeitern des Projekts über die Zwischenergebnisse der Forschung zu den verschiedenen Aspekten des Ruhrbadens. Dies geschah anhand der vier Themeninseln „Hygiene“, „Recht“, „Kosten, Nutzen und Finanzierung“ sowie „Information und Kommunikation“. Nacheinander durchliefen die Kleingruppen diese Themeninseln, wobei die Teilnehmenden bereits rege Fragen stellten und ihre Anmerkungen einbrachten. Darüber hinaus gab es bei einer fünften Themeninsel zu „Prozess und Kooperation“ dann die Gelegenheit, eigene Ideen zur Fortführung des Anliegens Baden in der Ruhr über die Laufzeit des Projekts Sichere Ruhr hinaus einzubringen. Die Themeninseln dienten in erster Linie als Grundlage für die Arbeitsgruppen und die gemeinsame Diskussionsrunde, die tags darauf folgten.

Das Angebot des Workshops zum Mitreden und Mitgestalten wurde von den teilnehmenden Bürgern und Interessenvertretern sehr aktiv genutzt. „Seit 15 Jahren setze ich mich dafür ein, hier wieder baden zu dürfen“, meint eine engagierte Teilnehmerin. „Ich bin froh, dass ich jetzt hier sitzen und mitreden darf.“ Schon beim Durchlaufen der Themeninseln am ersten Workshop-Tag wurden viele Fragen gestellt: „Warum kann man nicht sagen, wir baden auf eigene Gefahr?“, wollte eine Bürgerin wissen und ließ sich an der Themeninsel „Recht“ über die juristischen Voraussetzungen einer Badeerlaubnis informieren. „Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, sich in der Ruhr tatsächlich eine Durchfallerkrankung zuzuziehen?“, wollte ein Teilnehmer von den Hygienikern wissen und wurde über die unterschiedlichen Gefahren abhängig vom Zeitpunkt des Badens aufgeklärt. An der Station „Kosten, Nutzen und Finanzierung“ wurde unter anderem die Frage nach der Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung für eine Bademöglichkeit im Fluss erörtert, die das Projekt Sichere Ruhr in einer Umfrage erhoben hat. Die Themeninsel „Information und Kommunikation“ beschäftigte man sich etwa mit der Frage, was man eigentlich inhaltlich darunter versteht, wenn eine Ampel grünes Licht fürs Baden gibt – dass es für die eigene Sicherheit bedenkenlos ist dort zu schwimmen oder nur, dass im Moment bestimmte gesetzliche Hygienebedingungen eingehalten werden?

Der Themenschwerpunkt „Prozess und Kooperation“ förderte eine Vielzahl konkreter Überlegungen der Bürger und Interessenvertreter zur Zukunft des Badens in der Ruhr zutage und setzte außerdem Impulse für ein gemeinsames Weitermachen. Dabei war die Atmosphäre insgesamt ausgesprochen konstruktiv. „Kein Zerreden“ lautete die Devise, die seitens der Teilnehmer geäußert wurde. „Nicht bloß ein langes Planverfahren, sondern auch anfangen“ wollte man, gerne in Form eines „Pilotprojekts“. Deutlich wurde außerdem der Wunsch, eine gemeinsame Plattform für den Austausch zum Thema Ruhrbaden zu schaffen. Dabei wurde dafür plädiert, alle relevanten Akteure mit einzubinden, auf Vereinsebene wie auch in den betroffenen Behörden und politischen Gremien, die interessierten Bürger ebenso wie die Experten aus der Wissenschaft.

Am Samstag, dem zweiten Workshop-Tag, sollte diese Vorarbeit in konkrete Ergebnisse münden. Nachdem zunächst im Plenum zusammentragen worden war, was der Vortag an Zwischenergebnissen geliefert hatte, teilte man sich in zwei größere Arbeitsgruppen auf. Dabei legte die erste Gruppe den Fokus auf die nächsten Schritte, die unternommen werden müssten, um den Prozess zur Fortführung des gemeinsamen Anliegens Baden in der Ruhr in Gang zu halten. Die zweite Gruppe setzte sich mit der konkreten Ausgestaltung einer Badestelle auseinander, beispielsweise bezüglich deren Infrastruktur und Kosten.

Zum Abschluss kamen die Workshop-Teilnehmer noch einmal im Plenum zusammen. Dabei wurde festgehalten, wie der weitere Fahrplan für 2014 aussehen soll. Die Teilnehmer planten die nächsten Schritte, um das Projekt nachhaltig weiterzubringen. Zunächst wurde vereinbart, dass in der diesjährigen Badesaison eine Überprüfung der Einhaltung der EU-Badegewässerrichtlinie an drei verschiedenen Standorten stattfinden soll: An zwei Stellen der Ruhr in Essen und an einer Stelle in Mülheim soll so festgestellt werden, ob die Bedingungen für eine Zulassung als EU-Badegewässer in naher Zukunft erfüllt werden können.

Ein weiteres sehr konkretes Ergebnis des Workshops ist das Vorhaben, die Interessengemeinschaft „Baden in der Ruhr“ zu gründen. In die Gemeinschaft sollen verschiedene Akteursgruppen einbezogen werden, die ihre jeweiligen Positionen, Interessen und Perspektiven einbringen können. Neben der Gruppe der Bürger, Vereine und Verbände sollen dabei auch Vertreter der Stadt, Behördenmitarbeiter, Fachexperten, Betreiber und Politiker in der Interessengemeinschaft vertreten sein. Der erste Schritt in Richtung Interessengemeinschaft ist bereits vollzogen, denn einige Teilnehmer des Workshops haben sich schon bereiterklärt aktiv daran mitzuwirken. Nun will man die Gründung voranbringen und eine Sitzung vorbereiten, in der alle Akteure über Pläne und Prozesse zum Ruhrbaden diskutieren können.

Die Projektmitarbeiter von Sichere Ruhr verstehen sich als Teil dieser Idee zu einer Interessengemeinschaft und möchten ihre Expertise einbringen, damit das Baden in der Ruhr auch über die Projektlaufzeit hinaus als Thema verfolgt wird. Deshalb wollen sie für die Interessengemeinschaft Informationen recherchieren und aufbereiten, damit Aussagen darüber gemacht werden können, welche Kosten in naher Zukunft anfallen würden. Dabei geht es sowohl um eine konkrete Bezifferung der Kosten für die Einrichtung einer Badestelle als auch um eine Abschätzung der Kosten für eine Anhebung der Wasserqualität.

Ein Fahrplan für 2014, die Initiative für eine Kostenabschätzung  und neue Wasseruntersuchungen an möglichen Badestellen und schließlich eine neue Interessengemeinschaft – es lässt sich  sagen, dass die Teilnehmer am Workshop „Baden in der Ruhr“ konkrete Ergebnisse hervorgebracht haben.

 

 

 

 

 

 

Projektpartner ITAS – Leben an der Spree, forschen an der Ruhr

Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Ladwig, Sichere Ruhr

Mülheim an der Ruhr, Essen, Bochum, Bonn, Aachen und Berlin – das Projekt Sichere Ruhr beschäftigt Wissenschaftler auch fernab vom Ufer der Ruhr. In Berlin beispielweise beteiligen sich Prof. Dr. Peter Wiedemann und Dr. Franziska Boerner vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am Projekt. Die Berliner Außenstelle des Karlsruher Instituts für Technologie liegt in einem hellen Büro direkt an der Spree – so fällt den Wissenschaftlern der Bezug zum Forschungsthema besonders leicht.

Die Kollegen vom ITAS übernehmen dabei verschiedene Aufgaben für das Projekt Sichere Ruhr. Ihre Hauptaufgabe ist die Durchführung einer deutschlandweiten Bevölkerungsumfrage zur Wahrnehmung von Risiken beim Baden in Flüssen und Risiken zum Trinkwasser. Darüber hinaus untersuchen sie, ob Menschen in natürlichen Gewässern baden gehen und welche Faktoren dabei für sie relevant sind. Indem sie vor allem wichtige Erkenntnisse aus der Psychologie und Wahrnehmungsforschung in die Konzeption der Risikokommunikation und des Handlungsleitfadens miteinbringen, unterstützen sie das gesamte Team. Hinter dem immensen Wissen steht ein sehr kleines aber eingespieltes Team. Der Projektleiter Prof. Dr. Wiedemann und Dr. Franziska Boerner sind so etwas wie eine Zwei-Mann-Risikotaskforce, die auf beträchtliche Erfahrungen im Bereich Risikowahrnehmungs-, und -kommunikationsforschung zurückgreifen können. Außerdem steht das Team mit anderen Projektpartnern in regem Kontakt. Besonders eng arbeiten sie dabei mit dem Team am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Duisburg-Essen zusammen ­– denn die Arbeiten der beiden Institute stehen in besonderem inhaltlichen Zusammenhang und bauen aufeinander auf.

Fixe Routinen gibt es für Franziska Boerner in ihrem Arbeitsalltag für Sichere Ruhr nicht. Die anstehenden Aufgaben hängen viel mehr vom aktuellen Stand des Projekts ab, dabei gleicht kein Tag dem anderen. Besonders interessant war für die promovierte Psychologin die Phase, in der die repräsentative Bürgerbefragung vorbereitet und durchgeführt wurde. In einem ersten Schritt entwickelte Franziska Boerner den Fragebogen auf Basis bestehender Literatur und ihrer Erfahrungen aus vergangenen Projekten. Im nächsten Schritt wurden Probeinterviews durchgeführt um zu testen, ob die Fragen auch tatsächlich die gewünschte Erkenntnis liefern. Nach der Entwicklung des Fragebogens folgte die Durchführung der Befragung. Hierzu mussten Interviewer geschult und Modalitäten mit dem Befragungsinstitut verhandelt werden. Der letzte und für Franziska Boerner auch spannendste Schritt war schließlich die Auswertung der erhobenen Daten. Mit Hilfe von statistischen Methoden versucht sie dabei Muster im Antwortverhalten zu entdecken oder sie widmet sich aufmerksam den offenen Antworten: „Besonders spannend sind gerade diese freien Antworten wie zum Beispiel die Gründe der Befragten für das Baden in Flüssen.“

Bei der Befragung sind eine Menge spannender Ergebnisse heraus gekommen. So konnten die Kollegen zum Beispiel belegen, dass die allgemeinen Bemühungen die Trinkwasserqualität zu steigern in den vergangenen Jahren bereits Früchte tragen: „Die Umfrage zeigt, dass die Menschen zufrieden sind mit der Trinkwasserqualität und diese in Deutschland als sehr gut einschätzen.“ In der Studie zeigt sich auch, dass nur circa 6-11 Prozent der Deutschen schon einmal in einem Fluss baden waren. Das interessante ist aber, dass sich über 60 Prozent vorstellen könnten, in einem Fluss zu baden, wenn eine gute Wasserqualität gegeben wäre und die nötige Infrastruktur vorhanden wäre, berichtet die 34jährige – „diese Tatsache zeigt ja ein grundsätzliches Interesse der Bevölkerung am Flussbaden und ist ein Indiz dafür, dass wir mit dem Projekt ein aktuelles Thema verfolgen.“ Ein anderes erstaunliches Studienergebnis für das ITAS-Team, ist die Deutlichkeit mit der sich zeigt, dass die Mehrheit der Befragten die Qualität von Badegewässern rein über die Sensorik – also über das Aussehen und über den Geruch des Wassers – beurteilt. Mögliche Grenzwerte oder ähnliches werden da zunächst gar nicht in Betracht gezogen, vielmehr zählt, was optisch wahrnehmbar ist: „Wenn keine komischen Tierchen oder irgendein Müll im Wasser schwimmen, ist die Qualität für den Betrachter gut. Wenn der Mensch denkt, das sieht gut aus, dann springt er da auch rein.“

Aus genau diesem Grund betrachtet die junge Forscherin die Risikoaufklärung auch als wichtigen Bestandteil des Projekts Sichere Ruhr. Es sei sehr wichtig, die Menschen über die Wasserqualität aufzuklären, das habe die Befragung eindeutig gezeigt. Hier liegt für das Team am ITAS auch die größte Herausforderung für das Projekt. Zusammen mit den Kollegen am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Duisburg-Essen, wo das Kommunikationskonzept zum Baden in der Ruhr entwickelt wird, versuchen sie Wege zu finden, um die Ergebnisse aus der Studie in die Kommunikationsansätze zu integrieren. Was genau müsste kommuniziert werden, wenn man tatsächlich eines sonnigen Tages in der Ruhr baden könnte? Über welche Risiken, die von der Bevölkerung so nicht wahrgenommen werden, müsste aufgeklärt werden? Und auf welchen Wegen sollte kommuniziert werden, damit die Botschaft auch ankommt? Die Forschung im Bereich Kommunikation steckt in vielen Teilen noch in den Kinderschuhen, obwohl es ein großes Informationsbedürfnis in der Bevölkerung gibt. Gerade das macht das Projekt Sichere Ruhr für die Wahl-Berlinerin so spannend.

Neben den Aspekten der Kommunikation gibt es aber auch eine Menge anderer Faktoren, aufgrund derer Franziska Boerner gerne im Projekt arbeitet: „Das Thema Wasser finde ich einfach total spannend – Wasser reicht in alle Bereiche unseres Lebens hinein, zum einen als besonderes Lebensmittel, zum Baden und zur Naherholung, aber auch als Grundlage für Industriegüter oder als Voraussatzung für die Landwirtschaft.  Ohne Wasser geht wirklich gar nichts!“ Eine weitere Motivation für die Psychologin ist zudem ihr lokaler Bezug zum Ruhrgebiet, denn sie hat Familie in Hagen und verbringt daher gerne und häufig Zeit in der Region rund um die Ruhr. Am Wasser im Grünen lässt es sich einfach gut entspannen. Und genau hier liegt ihrer Meinung auch ein weiterer Kernpunkt des Projekts Sichere Ruhr: „Mal ganz abgesehen davon, ob man in dem Fluss in Zukunft baden gehen kann oder nicht – die Nutzung der Ruhr als Naherholungsraum ist meiner Meinung nach ein ganz entscheidender Faktor für die Region.“ Und eine saubere Ruhr spielt da nicht nur für die Menschen eine entscheidende Rolle sondern auch für die Tiere und Pflanzen in und entlang der Ruhr.

Trotzdem wäre die Wissenschaftlerin offen für ein kühles Bad in der Ruhr. Für Menschen die sehr naturverbunden sind, so wie Franziska Boerner, wäre es sicher eine schöne Vorstellung auch im Ruhrgebiet eine Erfrischung im Fluss zu finden zu können. „Allerdings nicht unbedingt an allen Stellen, immerhin gibt es mancherorts starke Strömungen oder Schiffsverkehr“ gibt sie zu bedenken. Auch müsse man die Ergebnisse des Projekts abwarten, denn schließlich hat die Sicherheit der Bürger auch in der Badefrage höchste Priorität. „Sicher wäre es ein schönes Projektergebnis, zu zeigen, dass man in der Zukunft in der Ruhr baden kann. Aber es gibt auch viele Faktoren in dieser Entscheidung, die gar nicht von dem Projekt abhängen“ – Umweltfaktoren, Verkehrssicherungspflichten oder die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Beispiel. Daher sieht Franziska Boerner die Hauptaufgabe von Sichere Ruhr auch darin, die Möglichkeiten und Hürden aufzuzeigen. „Das ist schon ein Schritt in die richtige Richtung – auch wenn am Ende des Projekts eine lange Liste von Herausforderungen steht, die es zunächst zu lösen gilt!“

Einladung zum Workshop „Badestellen an der Ruhr“

Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Ladwig

Im Forschungsprojekt Sichere Ruhr widmen wir uns seit Januar 2012 unter anderem der Frage, ob die Ruhr in Zukunft wieder als Badegewässer genutzt werden kann. Bei der Erarbeitung eines möglichen Konzepts zum Baden in der Ruhr ziehen wir den Baldeneysee und die Untere Ruhr als Beispielgewässer heran. Welche Szenarien für das Baden in der Ruhr denkbar sind und welche Anforderungen an das Baden in der Ruhr gelten, wurde in einem Workshop im April 2013 gemeinsam mit interessierten Bürgern erarbeitet. Am 16. und 17. Mai 2014 wird es nun einen Anschlussworkshop geben, zu dem alle interessierten Bürger wieder herzlich eingeladen sind.

Ziel des Projekts Sichere Ruhr ist, den Fluss im Hinblick auf die Wasserqualität noch sicherer zu machen. In erster Linie möchten wir dabei herausfinden, ob – und wenn ja, wie – die Ruhr in Zukunft zeit- und streckenweise wieder als Badegewässer dienen kann. Und da die Ruhr als Fluss so wichtig für die Menschen der Metropolregion Ruhr ist, sollen gerade Sie als Bürger Gehör finden – das Projekt Sichere Ruhr möchte mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Die Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger können online in der Shoutbox wahrgenommen werden, sollen sich aber nicht auf diese Form der online Beteiligung beschränken. Als weiteres Forum, bei dem die Interessierten persönlich zusammen kommen, um Erfahrungen und Meinungen zum Baden in der Ruhr auszutauschen, dient daher der jetzt anstehende Workshop. Der Workshop, der am Freitag, 16. Mai, von 16:00 bis 19:30 Uhr und am Samstag, 17. Mai, von 10:00 bis 14:30 Uhr in Essen-Werden stattfindet, möchte Wünsche, Bedenken, Anregungen, Lob oder Kritik aller interessierten Bürger einfangen. Gemeinsam soll ein mögliches Szenario für das Baden im Baldeneysee und an der Ruhr im Detail erarbeitet werden. Für das leibliche Wohl aller Teilnehmer wird während des Workshops gesorgt.

Der Workshop richtet sich an alle interessierten Bürger der Region. Wer daran teilnehmen möchte, sendet uns einfach eine formlose Anmeldung per Mail unter anmeldung@sichere-ruhr.de. Auch für weitere Informationen oder bei Fragen zum Projekt sind wir immer gerne für Sie da!

Pressekonferenz am Baldeneysee – Zwischenergebnisse des Projekts Sichere Ruhr

Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Ladwig, Sichere Ruhr

Am heutigen Mittwoch kamen Wissenschaftler und Journalisten im Regattahaus am Ufer des Baldeneysees zusammen, um sich mit dem Thema Baden in der Ruhr zu beschäftigen. Auf der Veranstaltung wurden die Zwischenergebnisse des BMBF-Projekts Sichere Ruhr präsentiert und diskutiert:

Zurzeit besteht im Ruhrgebiet ein Badeverbot für die Ruhr und ihre Stauseen. Das Projekt Sichere Ruhr, das vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2014 läuft, überprüft, ob das Baden in der Ruhr hinsichtlich der hygienischen Bedingungen in Zukunft möglich sein könnte. Eine aktuell vom Projekt durchgeführte Bevölkerungsumfrage zeigt, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung eine solche Bademöglichkeit wünscht – und bereit ist, sich finanziell an der Umsetzung zu beteiligen.

Nach zwei Jahren intensiver Forschung können nun erste Aussagen zu den Ergebnissen und zukünftigen Bademöglichkeiten gemacht werden. „Die hygienische Bewertung zeigt, dass Baden in der Ruhr grundsätzlich realisiert werden könnte, wenn auch nicht immer und überall“, sagt Projektsprecher Wolf Merkel. Unter den heutigen Bedingungen wäre die Badenutzung nur an einigen Tagen im Jahr möglich. Um die Zahl möglicher Badetage in der Ruhr zu erhöhen, müsste die Qualität des Wassers noch weiter verbessert werden.

Als Problematisch für den Status eines offiziellen Badegewässers erweisen sich bei natürlichen Gewässern die strengen europaweiten Anforderungen. Eine Einstufung der Ruhr als Badegewässer kann daher zunächst nicht vorgenommen werden, denn, dass das Ziel einer dauerhaften Bademöglichkeit erreicht werden kann ist eher unwahrscheinlich. Allerdings bieten die bereits heute an verschiedenen Abschnitten der Ruhr günstigen hygienischen Bedingungen die Chance, eine rechtliche Basis zu finden, damit der Badespaß bei Trockenwetter geduldet werden kann.

Die beim Baden in der Ruhr bestehenden Gesundheitsgefahren gehen in erster Linie von Krankheitserregern aus. Diese können unter anderem Durchfälle hervorrufen. Erkrankungsrisiken bestehen vor allem für ältere Menschen und Kleinkinder mit einem schwachen Immunsystem. Da die Wasserqualität in natürlichen Gewässern durch Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel das Wetter, jederzeit natürlichen Schwankungen unterliegt, ist ein völlig risikofreies Baden grundsätzlich nicht möglich. Natürlich gibt es beim Baden in Flüssen stets auch Gefahren wie Strömungen oder Treibgut. „Eigentlich sieht es ganz gut aus. Aber Baden in der Ruhr wird immer auch mit Restrisiken verbunden sein“, gibt Merkel zu bedenken. Da jeder selbst entscheiden muss, ob er sich diesen Gefahren aussetzen möchte, würde die Verantwortung, in der Ruhr zu baden, letztlich bei jedem Badegast selbst liegen.

Die hygienische Qualität der Ruhr wird ganz wesentlich durch starken Regen und daraus resultierendes Hochwasser beeinträchtigt. Dabei gelangen Krankheitserreger durch Abschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen, durch Überläufe aus der städtischen Kanalisation und durch Kläranlagenabläufe in den Fluss. Aus diesem Grund wäre die weitere Verbesserung und stetige Kontrolle der hygienischen Wasserwerte in der Ruhr eine Voraussetzung für die künftige Bademöglichkeit.

Hierzu wären zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen notwendig, die den Keimeintrag verringern. Zum Schutz der Badegäste wird derzeit im Projekt auch ein engmaschiges Überwachungssystem erarbeitet. Dieses würde frühzeitig anzeigen, wann das Wasser zum Baden geeignet wäre.

Auch mit der Ausgestaltung von Badestellen beschäftigt sich das Projektteam. Dazu wurden unter Bürgerbeteiligung drei Szenarien zum Baden in der Ruhr entworfen: „Naturnahes Baden“, „Baden an ausgewiesenen Badestellen“, und „Baden in Flussbädern“. Diese Szenarien werden nun als Grundlage für die weitere Planung der Bademöglichkeiten im Gewässer genutzt.  Am 16. und 17. Mai findet ein weiterer Workshop mit Bürgerbeteiligung am Baldeneysee statt. In diesem soll ein Badeszenario im Detail ausgearbeitet werden.

Ob die dabei entworfenen Realisierungsvorschläge, wie eine Bademöglichkeit aussehen kann, aber letztendlich umgesetzt werden, liegt dann an den einzelnen Städten und Kommunen. Derzeit ist zudem noch offen, auf welcher rechtlichen Basis ein Baden in der Ruhr möglich werden könnte. Hierzu analysiert das Projektteam auch die Erfahrungen mit dem Baden in Fließgewässern in anderen Bundesländern und in Europa.

Auf die Endergebnisse des Forschungsprojekts müssen wir noch ein wenig warten – dabei dürfen wir gespannt sein, ob und inwiefern sich die jetzt präsentierten Zwischenergebnisse noch verändern werden.

Bei Grün Baden – Ein Warnsystem für die Wasserqualität

Foto: Joe Shlabotnik
Foto: Joe Shlabotnik
Foto: Joe Shlabotnik

Bei Sonnenschein und warmen Temperaturen locken Flüsse und Seen mit scheinbar sauberem, klarem Wasser. Verführerisch plätschern Gewässer vor sich hin und laden dazu ein, sich darin zu erfrischen. Doch mit bloßem Auge ist für den Laien nicht zu erkennen, wie es um die Qualität des Wassers steht und ob krankmachende Bakterien oder Viren darin enthalten sind.

Besonders in großen Städten mit einer gemeinsamen Kanalisation für Abwasser und Regenwasser kann die Kläranlage nach heftigen Regenfällen gelegentlich überlaufen. Die Folge: Ein Gemisch aus Abwasser und Regenwasser läuft ungeklärt in Flüsse und Seen und beeinflusst die Wasserqualität. Verschmutzungen die sich hieraus ergeben, können beispielsweise in Form von Bakterien wie E. coli oder Enterokokken nachgewiesen werden.

Nach bisherigen Strategien zur Überprüfung der Wasserqualität wird an einer bestimmten Stelle eine Wasserprobe entnommen und anschließend auf Krankheitserreger untersucht. Im Wasser enthaltene Stoffe sowie deren Konzentration können so erfasst werden. Diese Werte verraten allerdings nur etwas über die Wasserqualität am entsprechenden Ort und zum jeweiligen Zeitpunkt der Messung. Besonders in Flüssen werden Verunreinigungen jedoch durch die Strömung weiter getragen. Die Ergebnisse solcher Messungen eignen sich also nur bedingt, um kurzfristig eine Aussage über die Wasserqualität in einem Flussabschnitt oder einem See zu machen oder gar eine Empfehlung zum Baden zu geben.

Ergänzend zu den Messungen der Wasserqualität kommt vermehrt die Anwendung von Vorhersagesystemen in Betracht. Ein Frühwarnsystem, das vor einigen Jahren in Dänemark entwickelt wurde, ist das Bathing Water Forecast System (BWF System). Die Entwicklung des Systems geschah vor dem Hintergrund, dass das Kopenhagener Hafenbecken nach über fünfzig Jahren des Badeverbots wieder zum Schwimmen freigegeben werden sollte. Das Frühwarnsystem sollte verhindern, dass Badende gesundheitliche Risiken eingingen.

Herzstück des Frühwarnsystems ist eine Datenbank, die mit einer Vielzahl von Informationen gespeist wird. Zum einen werden Rahmenbedingungen wie die Fließgeschwindigkeit und -richtung sowie Temperatur eingegeben. Zum anderen werden die meteorologischen Gegebenheiten von einer Wetterplattform hinzugezogen. Zusätzlich werden Daten von Entsorgungsunternehmen bereitgestellt, die Abwässer in das Kanalisationssystem einleiten. Außerdem werden bakterielle Belastungen aufgrund empirischer Zusammenhänge abgeschätzt, zum Beispiel auf Basis von Regenmessungen. Schließlich wird mit Hilfe dieser täglich aktualisierten Informationen simuliert, wie sich Verschmutzungen im Gewässer ausbreiten. Eine mehrtägige Prognose zur Qualität des Wassers kann so getroffen werden, die einerseits auf einer Website und andererseits mobil mit Hilfe einer App abgerufen werden kann.

Dieses System ermöglicht es den Badenden, sich spontan über die Qualität eines Gewässers zu informieren und auf Grundlage dieser Information die Entscheidung zu treffen, ob sie sich im kühlen Nass erfrischen möchten oder nicht. Da das Baden in fäkal verunreinigten Gewässern gesundheitsgefährdend sein kann, kann dieses System dazu beitragen, das Erkrankungsrisiko zu senken, da es anzeigt, wann die Wasserqualität nicht ausreichend zum Baden ist.

Ein solches bereits bestehendes Frühwarnsystem einfach zu übernehmen und für die Ruhr zu verwenden, ist allerdings nicht ohne weiteres möglich. Es gilt, die jeweiligen spezifischen Bedingungen eines jeden Gewässers zu beachten. Daher ist es notwendig, ein speziell auf die Gegebenheiten der Ruhr abgestimmtes System zu entwickeln. In das Frühwarnsystem sollen Messwerte von E. coli und Enterokokken, die als Indikator für bestimmte Krankheitserreger gelten, eingespeist werden. Außerdem ist es geplant, das Zusammenspiel von Krankheitserregern und Rahmenbedingungen, zum Beispiel Temperatur und Fließgeschwindigkeit, zu berücksichtigen. Nur aus der Kombination dieser Faktoren könnte es möglich sein, eine Vorhersage der Wasserqualität zu machen. Die Entwicklung eines Systems, das diese Faktoren mit einbezieht, ist unter anderem eines der Ziele des Projekts „Sichere Ruhr“. Ebenso muss ein System zur Darstellung entwickelt werden, sprich wie und wo findet man die Informationen? Denkbar wären beispielsweise Ampeln oder Fahnen, die am Ruhrufer aufgestellt werden könnten, so wie man es von Meeresstränden kennt.

Die Frage ist jedoch: Würden wir tatsächlich zuerst einen Blick auf die Website oder in die App werfen, bevor es ins kühle Nass geht? Oder treffen wir solche Entscheidungen eher spontan aus dem Bauch heraus?

Projektpartner: Biofilm Centre – Im Labor mit Campylobacter

Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Lahdo, Sichere Ruhr
Foto: Rania Ladwig, Sichere Ruhr

Petrischale, Brutschrank und Pipette – die meisten Menschen verbinden hiermit allenfalls frühere Erinnerungen aus dem Biologieunterricht in der Schule. Nicht jedoch Marina Horstkott. Die 26jährige ist Mitarbeiterin des Biofilm Centre’s an der Universität Duisburg-Essen und verbringt viel Zeit im Labor. Petrischale, Brutschrank und Pipette sind dabei nur drei ihrer täglichen Begleiter mit denen sie das Ruhrwasser im Rahmen des Projekts Sichere Ruhr auf Bakterien hin untersucht. Da im Projekt eine Menge solcher Untersuchungen anfallen, ist Marina Horstkott nicht die einzige Mitarbeiterin, die im hochmodernen und gut ausgestatteten Labor des Instituts forscht. Auch ihr Kollege und Betreuer Dr. Jost Wingender widmet sich jede Woche aufs Neue gewissenhaft den Untersuchungen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Dabei werden die beiden tatkräftig von zwei Biologisch Technischen Assistentinnen unterstützt. Und schließlich hat Professor Flemming, der das Biofilm Centre leitet, immer ein wachsames Auge und ein offenes Ohr für aufkommende Fragen und aktuelle Ergebnisse.

Im Rahmen des Projekts arbeitet das Biofilm Centre besonders eng mit dem IWW Zentrum Wasser, mit der Ruhr-Universität in Bochum und mit der Universität in Bonn zusammen. Denn sie alle untersuchen das Ruhrwasser auf verschiedene hygienisch bedeutsame Mikroorganismen hin. Die Arbeiten sind sinnvoll verteilt, so untersucht das Biofilm Centre das Wasser auf Bakterien ­– dabei werden sie vom IWW Zentrum Wasser unterstützt. Die Bonner suchen nach parasitischen Protozoen – das sind einzellige Organismen – und Coliphagen – die Viren, die Bakterien befallen – während sich die Kollegen in Bochum den human-relevanten Viren widmen. Dabei ist es besonders wichtig, in regelmäßigem Kontakt zu stehen und sich über die Projektergebnisse auszutauschen und in Zusammenhang zu bringen. Nur auf diesem Weg kann eine ganzheitliche hygienische Risikobewertung der Ruhr vorgenommen werden, die eines der wichtigsten Ergebnisse im Projekt Sichere Ruhr darstellt.

Die Arbeit im Biofilm Centre ist sehr abwechslungsreich. Neben den Untersuchungen im Labor verbringt das Team auch einige Zeit an der Ruhr, um dort an verschiedenen Stellen des Flusses Wasserproben zu entnehmen. In den darauf folgenden zwei Wochen fallen dann die aufwändigen Untersuchungen des Wassers an. Gemeinsam suchen die Forscher dann nach verschiedenen Bakterien, wie zum Beispiel dem Campylobacter, und dokumentieren alle Funde. In Phasen, in denen gerade keine Wasserproben auszuwerten sind, beschäftigt sich Frau Horstkott mit der Auswertung und Aufbereitung der angesammelten Untersuchungsergebnisse.  Sie müssen gut aufgearbeitet werden, damit das Team auch sinnvolle Schlüsse daraus ziehen kann.

In der Verwaltung der enormen Datenmengen sieht die Wissenschaftlerin für sich auch die größte Herausforderung am Projekt Sichere Ruhr. Denn allein in einer einzigen Probennahme werden so viele Daten erzeugt, dass sie acht sehr lange Tabellenblätter in Excel füllen. Und von solchen Probennahmen gab es bislang schon ungefähr 25 an der Zahl. Dazu kommen weitere Daten von Proben, die aus den Klärwerken entnommen wurden. Und damit keine Langeweile aufkommt, werden auch die aufwändigen Testverfahren und Methoden dokumentiert – denn schließlich soll man im Nachhinein auch noch nachvollziehen können, wie die ganzen Untersuchungsergebnisse zustande gekommen sind.

Das Biofilm Centre hat bereits viele Jahre Erfahrung in der Erforschung von Wasser. Daher hat es sich am Projekt beteiligt, um das Fachwissen einfließen zu lassen. Die Forschungsaufgaben passen außerdem sehr gut zum Studiengang „Water Science“, bei dem die Mitarbeiter des Biofilm Centre’s lehren; Frau Horstkott ist eine Absolventin dieses Studiengangs. Der Anreiz für das Institut sich am Projekt zu beteiligen war daher sehr groß.

Auch die persönliche Motivation von Marina Horstkott liegt auf der Hand: Als Bottroperin freut sie sich, nicht nur etwas in der Umgebung machen zu können, sondern auch einen Beitrag für die Umgebung leisten zu können. Denn, so glaubt sie, die Reinigung der Ruhr könnte einen großen Imagegewinn mit sich bringen und in Zukunft vielleicht sogar so etwas wie ein Sinnbild für den Wandel der Metropole sein. Ihr persönliches Wunschergebnis für das Projekt wäre dabei, dass gänzlich abgeklärt wäre, welches Risiko tatsächlich mit dem Baden in der Ruhr verbunden ist und dass dieses Risiko – nicht zuletzt auf der Grundlage des Projekts – minimiert werden kann. Für sie steht dabei in erster Linie das Informieren der Bürger über mögliche Risiken beim Baden in der Ruhr im Vordergrund; es soll nicht nur gewarnt werden, sondern es sollen auch Phasen mit geringem Risiko identifiziert werden. Die Badenden sollten soweit aufgeklärt werden, dass sie die Risiken selber einschätzen und eigenverantwortlich ins Wasser springen könnten.

Bleibt nur noch die Frage, ob Marina Horstkott selber in der Ruhr baden würde? Erstaunlicherweise ist die junge Frau kein Fan vom Baden in natürlichen Gewässern, das ist einfach nicht ihr Ding. Sie betrachtet dafür andere Vorteile, wie den Gewässerschutz und eben auch das Image der Region, als Nutzen des Projekts. Aber vielleicht, wenn das Baden in der Zukunft irgendwann mal offiziell erlaubt sein sollte, würde sie sich an einem heißen Sommertag mal zu einer kurzen Erfrischung überreden lassen.

Projektpartner: Aquatische Ökologie – Auf der Jagd nach aquatischen Parasiten

Foto: Sichere Ruhr
Foto: Teresa Schürenberg
Foto: Sichere Ruhr

Spaziert man an einem Sonntag entlang der Ruhr, so trifft man gelegentlich auf einen oder mehrere junge Menschen, die in Anglerhosen im Wasser stehen und nicht etwa angeln. Nein, sie sammeln hunderte Schnecken. Merkwürdige Hobby-Sammler?
Nein.Das ist das Team um Professor Doktor Bernd Sures, den Leiter des Institutes für Aquatische Ökologie an der Universität Duisburg-Essen.

Christian Selbach, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kopf der Schneckenuntersuchung im Projekt Sichere Ruhr, begleitet dabei die Schnecken während des kompletten Untersuchungszeitraumes. Er sammelt sie, bringt sie anschließend ins Labor, gibt ihnen ein neues Zuhause in durchsichtigen Plastikbechern, versorgt sie mit Wasser und Salat und beobachtet sie danach über mehrere Tage. Hierbei schaut er, ob sie Zerkarien, eine Larvenform im Lebenszyklus bestimmter Parasiten, in das Wasser absondern. Unter diesen abgesonderte Zerkarien können auch die für das Projekt besonders interessanten Trichobilharzia Arten sein, die Erreger für die äußerst lästige aber harmlose Badedermatitis. Sondern die Schnecken Zerkarien ab, untersucht der Ökologe sie unter dem Mikroskop auf die Stadien aller vorhandenen Parasiten hin, wobei Trichobilharzia Arten tatsächlich nur in wenigen Schnecken enthalten sind – den Großteil der vorhandenen Parasiten macht eine Vielzahl anderer Arten aus, die als Erreger für den Menschen jedoch keinerlei Rolle spielen.

Doch wie und mit welcher Motivation kam das Institut überhaupt zu dem Projekt?
Bei der Überlegung darüber, welche Komponenten und Krankheitserreger für eine gute Wasserqualität von Bedeutung sind, wurde auch bedacht, welche Parasiten im Wasser sein könnten. Als Spezialisten für aquatische Parasiten, also Parasiten, die in Wasserorganismen wie Krebsen, Schnecken und Fische leben, wurde das Institut für Aquatische Ökologie mit ins Boot geholt.

Mit der Motivation herauszufinden, wie die Ruhr und die darin heimischen Lebensgemeinschaften funktionieren, welche Arten es gibt und wie sie zu dem Ökosystem beitragen, nahm das Institut die Herausforderung gerne an. Doch das war nicht die einzige Motivation von Bernd Sures, am Projekt teilzunehmen.

Ruft das Wissen über das Vorhandensein von Parasiten in natürlichen Gewässern bei den meisten Menschen noch Unbehagen aus, möchte der Ökologe auch darüber aufklären, dass Parasiten in jedem funktionierenden Ökosystem in großer Vielfalt und Anzahl auftreten und diese per se weder schlimm noch bösartig sind. Sie sind Teil eines jeden Ökosystems und funktionieren dabei in unterschiedlichster Art und Weise. Die Untersuchung von Trichobilharzia im Zusammenhang mit Schnecken ist demnach auch nur die Untersuchung einer Lebensgemeinschaft von vielen, die in der Ruhr vorkommen – aber diese ist aufgrund der Folgen für den Menschen besonders wichtig für das Projekt Sichere Ruhr.

Christian Selbach sieht die größte Herausforderung nicht in der Untersuchung an sich, sondern im Sammeln der Schnecken – denn die kleinen Weichtiere sind nicht immer leicht zu finden. Sind sie dann im Labor, stellt die Vielzahl der vorhandenen Erreger und deren Identifikation eine weitere Herausforderung dar. Hierbei filtert der Ökologe die für den Menschen relevanten Erreger heraus, überträgt die Daten auf die Risiko-Analyse und tauscht die Ergebnisse mit anderen Projektpartnern aus.

Es lässt sich bereits jetzt festhalten, dass es die Erreger für Badedermatitis in der Ruhr gibt – das ist jedoch kein Grund zur Panik. Sie sind Bestandteile fast aller stehender und langsam fließender Gewässer, in denen Schnecken und Wasservögel leben. Jedoch probieren die Wissenschaftler im Bezug auf die Ruhr weitergehend herauszufinden, welche Faktoren das Vorkommen der Erreger noch begünstigen und welchen Einfluss auch der Mensch auf das Vorkommen hat, wie zum Beispiel durch das Füttern von Enten. Hierdurch wird die Vogelpopulation von Wasservögeln enorm gesteigert und damit den Parasiten ein größerer Nährboden gegeben, so Sures.

Generell empfinden Selbach und Sures die Aufklärung der Bürger über die Artenvielfalt in der Ruhr, einen guten Umgang mit dem Fluss und auch über mögliche Risiken als besonders wichtig für die abschließende Empfehlung, die an die Stadt Essen gegeben wird. Die Anlieger und Nutzer der Ruhr sollen ein Gespür dafür bekommen, wie sie ihren Fluss schonen und sorgsam mit ihm umgehen können – unabhängig davon, ob sie dann darin baden dürfen oder nicht.

Als Wahl-Essener ist die Ruhr für Christian Selbach nicht nur als Studiengebiet direkt vor der Haustür interessant, er würde die Ruhr als Badegewässer auch gerne nutzen – und das nicht nur mit Gummistiefeln und Anglerhose.

Ob die beiden Ökologen zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch reinspringen würden? Klar, und das ganz ohne Angst, aber mit Verstand.

Sorgloses Plantschen im Badeparadies – Szenario Flussbäder

Foto: Sichere Ruhr
Foto: Sichere Ruhr
Foto: Sichere Ruhr

Im dritten Szenario des zweiten Workshop-Tages ließen die Bürger und Experten ihren Gedanken freien Lauf und überlegten gemeinsam, wie die Vision eines Flussbads an der Ruhr aussehen könnte. Sie waren sich einig, dass freies Baden an der Ruhr nicht erlaubt werden könne, denn die Fragen der Müllentsorgung und Sicherheit könnten in diesem Fall nicht eindeutig geklärt werden. Also müsse ein festes Flussbad her – doch wo?

Zunächst kam der Baldeneysee zur Sprache, der sich als Badesee anbietet: Er ist verkehrstechnisch gut angeschlossen, es gibt Parkplätze, Toilettenanlagen und für das leibliche Wohl vor Ort ist auch gesorgt. Allerdings – so kam der Einwand auf – müssten sich Badewillige den See und das Ufer mit Wassersportlern, der Weißen Flotte, Campingplätzen und Cafés teilen. Das Ufer sei begehrt und daher gebe es kaum Platz für einen ausladenden Badestrand. Möglich wäre hingegen ein kleiner, begrenzter Badebereich am Seaside Beach, in dem man sich an heißen Tagen erfrischen könne und wo nicht das ausgiebige Schwimmen im Vordergrund stehe. Dann müsse es jedoch für Wasserratten eine Alternative geben. Als mögliche weitere Stellen wurden Badeorte in Essen Steele und im Werdener Löwental diskutiert. In Steele betreibt derzeit der Steeler Schwimmverein ein Bad am Ufer der Ruhr, sodass dieser eventuell auch als Betreiber des Flussbads in Frage käme. Beide Orte seien weitgehend verkehrstechnisch erschlossen, sodass keine ganz neue Infrastruktur geschaffen werden müsste. Relativ schnell kristallisierte sich aus der Gruppendiskussion ein gemeinsames Konzept heraus: Ein einziges Flussbad an der Ruhr machte für die Teilnehmer keinen Sinn. Stattdessen solle es drei verschiedene Flussbäder mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten geben. Ein zahlungsbereites Publikum, dem ein Event- und Lifestylecharakter wichtig sei, könne sich am Seaside Beach im Baldeneysee erfrischen. Im Löwental könne darüber hinaus ein einfach ausgestattetes Flussbad eröffnen, das aufgrund eines niedrigen Eintrittspreisniveaus beispielsweise für Jugendliche interessant wäre. Familien hingegen könnten im Steeler Bad das naturnahe Baden genießen. Auf diese Weise würden sich die verschiedenen Besuchergruppen auf die Flussbäder verteilen und es käme nicht zum Massenansturm auf ein einziges Bad. Eine Konkurrenz für die bestehenden Freibäder sahen die Teilnehmer nicht, da diese im Sommer ohnehin überfüllt seien und nicht alle Besucher eines Freibads das naturnahe Baden vorziehen würden.

Im Gegensatz zu den anderen beiden Szenarien würden die Flussbäder durch eine Badeaufsicht ständig überwacht werden. Die Frage der Sicherheit beim unmittelbaren Baden sei somit geklärt, so die Teilnehmer. Darüber hinaus spiele in diesem Szenario eine gut ausgebaute Infrastruktur eine wichtige Rolle. Zum Teil könne die bereits bestehende Infrastruktur genutzt werden. Falls nötig, könnte die Stadt zusätzlich in einen weitergehenden Ausbau investieren. Diskutiert wurde so beispielsweise ein Parkleitsystem oder der Einsatz von Shuttlebussen, welche die Besucher vom Bahnhof und umliegenden Parkplätzen zum jeweiligen Bad bringen könnten. Auch über ein gastronomisches Angebot oder Sitzmöglichkeiten könne beispielsweise nachgedacht werden.

Ein weiterer zentraler Punkt der Diskussion war die Entwicklung eines ausgefeilten Kommunikationssystems. Die drei Flussbäder müssten kommunikativ vernetzt werden, denn es seien schließlich nicht drei getrennte Badeorte sondern Bäder in demselben Fluss, in derselben Region. Außerdem sei ein anderer Umgang mit einem Flussbad als mit einem Freibad notwendig. Die Besucher müssten die Ruhr als Ökosystem und Naturgewässer wahrnehmen, um verantwortungsvoll mit ihr umgehen zu können. Die Entwicklung eines entsprechenden Bewusstseins und einer Badekultur sei daher wesentlich. Dazu wurde vorgeschlagen, Schilder aufzustellen, die über Flora und Fauna des heimischen Gewässers informierten.

Darüber hinaus waren Bürger und Experten sich einig, dass der Begriff „Badeanstalt“ veraltet sei. Ein neuer, frischer Name, der frei von rechtlichen Bestimmungen ist, wurde gewünscht.

Die Teilnehmer erarbeiteten in diesem Szenario ein allgemeines Konzept, um ein Flussbad an der Ruhr möglich zu machen. Dabei hatten sie die konkreten Gegebenheiten und Rahmenbedingungen der Region genau vor Augen und wägten die Möglichkeiten der Umsetzung ab. So entwickelten sie die Idee von einer Region mit drei vernetzten aber unterschiedlichen Flussbädern, die infrastrukturell sehr gut angebunden sind. Stimmen gegen die Umsetzung der Idee wurden innerhalb der Gruppe nicht laut, Erinnerungen an die früher bestehenden Flussbäder und der Wunsch, bald wieder in der Ruhr baden zu können, wurden hingegen geteilt.

Badeoasen für das Revier – Szenario Ausgewiesene Badestellen

Foto: Sichere Ruhr
Foto: Sichere Ruhr
Foto: Sichere Ruhr

Das zweite Szenario, das im Rahmen des Workshops zum Thema “Baden in der Ruhr” am 20. April in Essen-Werden von den Teilnehmern entwickelt wurde trägt den Titel “Ausgewiesene Badestellen”. Dieses Szenario beschreibt die Zwischenlösung, zwischen den beiden Szenarien “Freies Baden” und “Flussbäder”.

Das Szenario “Ausgewiesene Badestellen” fand großen Anklang unter den Beteiligten, die dank ihrer Ortskundigkeit und zum Teil dank ihrer beruflichen Auseinandersetzung mit dem Thema Ruhr viel wertvolles und konstruktives Wissen in die offene Diskussion einbringen konnten.

Zunächst einigten sich die Teilnehmer auf ein gemeinsames Verständnis des Szenarios “Ausgewiesene Badestellen”. Diese wurden definiert als offiziell freigegebene Badestellen, die sich an Orten befinden, an denen die Ruhr problemlos für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Die erste konkrete Frage war die nach den Orten der angedachten Badestellen. Schnelle Einigung gab es in einem Punkt: Die Ruhr eigne sich grundsätzlich besser für das Szenario als der Baldeneysee, da hier bereits viele Einschränkungen durch die derzeitige Nutzung von Wassersportlern, Anglern und der Weißen Flotte gegeben seien. Solle jedoch eine Badestelle am See entstehen, so würden sich nach Meinung der Runde primär die derzeitigen Messstellen des Projekts an der Nordseite des Sees anbieten. Entlang der Ruhr solle man Orte auswählen, an denen trotz des bestehenden Badeverbots jeden Sommer gebadet wird, da sich diese anscheinend zum Baden eignen. Mögliche Badestellen seien: Haus Scheppen, Mülheimer Ruhrstrand, Seaside Beach Baldeney, Zeche Carl Funke, Rote Mühle, Strandbad Spillenburg Essen-Steele, Haus am See, Löwental. Weiterhin wurden einige Einschränkungen genannt: Die Badestellen sollten nicht in der Nähe von Schifffahrtswegen und Anlegestellen der Weißen Flotte und nahe Natur- und Vogelschutzgebieten etabliert werden. Weiterhin solle aus Lärmschutzgründen über eine Nutzungserlaubnis bis maximal 22 Uhr nachgedacht werden.

Auch über die Ausgestaltung der Badestellen wurde rege phantasiert. Klar war schnell, dass die Badestellen verschieden arrangiert werden könnten. So könne Sand aufgeschüttet werden oder eine grüne Wiese gepflanzt werden. Allen Stellen gleich solle hingegen eine klare Kennzeichnung als Badestelle sein. Hierdurch könne sowohl vermieden werden, dass zu viel außerhalb der freigegebenen Stellen gebadet würde, als auch, dass die Stellen im Wasser durch Wassersportler genutzt würden. Ebenso solle jede der Badestellen über eine Infotafel verfügen, auf der aktuelle Werte zur Wasserqualität angezeigt würden und auf der eine Notrufnummer notiert wäre.

Ein weiterer Diskussionspunkt waren die Mindestanforderungen an die Infrastruktur, über die jede Badestelle verfügen solle. Um die Kosten möglichst gering zu halten, einigte sich die Runde auf eine minimale Ausstattung. Es wurde zudem der Vorschlag gemacht, bereits vorhandene Infrastuktur anderer Nutzergruppen, wie z.B. Sanitäranalgen von Vereinsheimen oder der ansässigen Gastronomie, in die Badestellen zu integrieren. Als unentbehrliche infrastrukturelle Maßnahmen legten die Teilnehmer die folgenden Kriterien fest: eine gute verkehrstechnische Anbindung, Sanitäranlagen, regelmäßige Wartung der Badestellen, Müllentsorgung sowie ein befestigter Zugang zum Wasser, beispielsweise in Form eines Steges.

Um ausreichende Sicherheit für die Badenden zu gewährleisten, machte sich die Gruppe auch hierzu Gedanken. Eine kontinuierliche Überwachung der Wasserqualität sowie deren Kommunikation war eine der erarbeiteten Maßnahmen. Um Sicherheit beim unmittelbaren Baden zu garantieren, solle der Schwimmbereich durch Bojen im Wasser abgegrenzt werden – so sei zum Beispiel ausgeschlossen, dass die Schwimmer versehentlich in die Fahrrinne der Weißen Flotte schwimmen könnten. Eine Badeaufsicht solle es an den einzelnen Badestellen nicht geben. Stattdessen kam die Idee auf, an jeder der Badestellen eine solarbetriebene Notrufsäule in Verbindung mit einer gut sichtbaren Kilometrierung des Flusses zur Durchgabe des Standortes zu installieren. Diese Säule solle den Nutzer mit dem bestehenden Sicherheitssystem der DLRG, Feuerwehr, etc. verbinden.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die anfallende Kommunikation im Zusammenhang mit den Badestellen. Informationen über die Wasserqualität sollten dabei regelmäßig über die gängigen Medien verbreitet werden. Ein Ampelsystem vor Ort solle zudem eine Badeempfehlung geben oder aber vom Baden abraten. Zudem wurde diskutiert, ob im Sinne einer Sensibilisierung für die Ruhr als schützenswertes Gut bereits in der Schule und via Internet aufgeklärt werden könne. So könnte auch vermittelt werden, dass die Badestellen nur aufrechterhalten werden könnten, wenn jeder einen Beitrag zu ihrem Erhalt leiste und die Natur zu schützen versuche.

Schließlich widmete sich die Runde der Finanzierungsfrage, bei der sie zu keinem Konsens kam. Es wurden jedoch verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten durchdacht. Eine Idee sah vor, die Kosten anteilig zwischen den beteiligten Institutionen, beispielsweise der Stadt, den Kommunen, dem Ruhrverband, etc. aufzuteilen. Eine andere Möglichkeit sei es, die Nutznießer des Projekts, z.B. die Gastronomie, die Campingplätze, etc. an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Ein weiterer Gedanke lag in der möglichen Anwerbung von Sponsoren, nach deren Name die verschiedenen Badestellen benannt werden könnten. Ein für alle Beteiligten zufriedenstellender Finanzierungsplan konnte in der Kürze der Zeit allerdings nicht gefunden werden.

Die Planungen für das Szenario “Badestellen” sind damit weitgehend im Detail beschrieben worden. Kritisch wurde betrachtet, dass bei diesem Szenario womöglich eine große Anzahl Menschen eine kleine Anzahl von Badestellen überlaufen könnten. Weiterhin müsse der Nutzungskonflikt zwischen Badenden und anderen Nutzergruppen bedacht werden, gegenseitige Rücksichtnahme wäre bei diesem Szenario sicher unerlässlich. Eine offene Frage, die unbeantwortet im Raum stand, war die der Benennung der Badestelle. Fraglich war, ob die Stellen offiziell als “Badestelle” tituliert werden dürften oder ob dies aus rechtlicher Sicht eine Badeaufsicht vorschreiben würde. Auch die Frage nach der allgemeinen Sicherheit und Verletzungsgefahr ließ sich nicht abschließend klären. Es blieb offen, ob jegliche Sicherheitslücken bedacht wurden und ob sich eine Verletzungsgefahr durch die regelmäßige Wartung der Badestellen ausreichend ausschließen lasse. Letztlich wurde noch angemerkt, dass bei der möglichen Einbindung der vorhandenen Infrastruktur insbesondere in den ländlicheren Gegenden an der Ruhr Probleme aufkommen könnten. Denn im Szenario wurden zwar Badestellen rund um Essen benannt, das Szenario beziehe sich jedoch auf den Gesamtverlauf der Ruhr. Gerade in den ländlicheren Gegenden würden sich daher nicht immer Stellen finden lassen, an denen eine nötige Infrastruktur bereits vorhanden ist.

Naturnahes Baden entlang der Ruhr – Szenario Freies Baden

Foto: Sichere Ruhr
Foto: Sichere Ruhr
Foto: Sichere Ruhr

Der zweite Tag des Workshops „Baden im Baldeneysee“, der am 19. und 20. April 2013 stattfand, befasste sich mit den möglichen Szenarien unter denen das Baden in der Ruhr möglich wäre. Drei Szenarien wurden hierbei entworfen. Freies Baden in der Ruhr, festgelegte Badestellen oder eine Badeanstalt an der Ruhr – so die denkbaren Szenarien. Hierbei wurden verschiedene Gesichtspunkte genannt unter denen das jeweilige Szenario näher beleuchtet wurde. Die hygienische Qualität, der rechtliche Status mit seinen Konsequenzen, die Kosten und Finanzierung, der gesellschaftliche Nutzen, die Kommunikation, die Infrastruktur, das Thema Sicherheit und der Aspekt der Müllentsorgung wurden dabei in den jeweiligen Szenarienentwurf mit eingebracht.

Das Szenario „Freies Baden in der Ruhr“ stieß auf viele Interessenten und Befürworter. Diese fanden sich an einem Arbeitstisch zusammen und legten zunächst fest, was für sie das freie Baden denn überhaupt bedeutet; ob ein Baden ohne Regeln oder ein Baden mit uneingeschränkter Zugänglichkeit hiermit gemeint sei. Dabei einigten sich die Teilnehmer auf das Verständnis von einem freien Baden, das auf eigene Gefahr dort, wo die Ruhr zugänglich ist, ohne Regeln geschehen solle. Und frei hieß für die Teilnehmer auch, dass sie sich ihren Badeplatz selbst suchen dürften und nicht an offizielle Badestellen gebunden sein müssten. Ausnahmen: Naturschutzgebiete und Privatgrund. Diese müssten dann mit einer entsprechenden Beschilderung versehen werden. Ein Baden auf eigene Gefahr bedeutete für die Teilnehmer jedoch nicht ein Unwissen über mögliche Gefahren, sondern ein geteiltes Wissen über diese. Nur dann sei ein Baden auf eigene Verantwortung möglich. Eine entsprechende Beschilderung sei somit unverzichtbar.

Zum Thema Sicherheit stellten sich die interessierten Bürger die Frage, welche Sicherheitsmaßnahmen es bei einem freien Baden überhaupt geben müsse. Benötige dieses Szenario nicht auch eine Badeaufsicht? Ein freies Baden berge stets ein Restrisiko und dieses Risiko solle auch ein eigenes Risiko bleiben, so der allgemeine Tenor. Eine Wasseraufsicht und –rettung sei mit hohen Folgekosten verbunden. Daher widersprachen die Teilnehmer der ständigen Badeaufsicht entlang der gesamten Ruhr als Voraussetzung für das freie Baden im Fluss. Hierbei wurde dann die Frage aufgeworfen, ob der Ruhrverband als Betreiber des Flusses dann in der Pflicht wäre, über die Wasserqualität zu informieren oder ob das Nichtvorhandensein von Informationen auch in das eigene Risiko mit einfließe. Die Teilnehmer sahen den Betreiber des Gewässers in der Pflicht, die Hygiene herzustellen und diese auch im Rahmen der EU-Richtlinie zu überprüfen und zu kommunizieren. Die hygienischen Informationen und Prognosen über die Wasserqualität sollten dann per Internet verbreitet werden. Zusammengefasst wurde der Punkt unter dem Begriff des „intelligenten Restrisikos“ mit der Möglichkeit an Informationen zu gelangen, jedoch ohne auferlegte Informationspflicht oder gar Verbote. Lediglich Empfehlungen zum Nicht-Baden nach einem Gewitter empfanden die Teilnehmer als sinnvoll. Ob der Empfehlung Folge geleistet würde, müsse nicht kontrolliert werden und ließe damit auch keinen Raum für Rechtsansprüche im Falle eines Unfalls.

Zum Thema Müll äußerten sich die Teilnehmer sehr beschwichtigend. Sie räumten ein, dass an den Stellen, wo heute schon gebadet wird – so besonders bei den Sportvereinen und Campingplätzen – keine Müllproblematik entstehe. Hier seien Mülleimer aufgestellt worden und der Müll würde von den Badenden fachgerecht entsorgt. Der Müll, der an der Ruhr zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich vorhanden sei, würde vor allem durch Angler verursacht. Diese angelten an ganz verschiedenen Stellen an der Ruhr, die nicht mit Mülleimern bestückt sind und an diesen Stellen sei ein erhöhtes Müllvorkommen zu beobachten.

Den positiven Nutzen des Badeszenarios sahen die Teilnehmer vor allem in der Zunahme der Lebensqualität, Negatives in möglichen Interessenskonflikten mit derzeitigen Nutzern der Ruhr und des Baldeneysees. Vorstellen konnten sich die Teilnehmer unter diesem Aspekt auch, die Ruhr generell freizugeben, aber den Baldeneysee mit Badestellen zu bestücken um diesen möglichen Nutzungskonflikten vorzubeugen. Die Gleichberechtigung solle hierbei jedoch auch nicht zu kurz kommen.

Ein weiterer Nutzen vor allem für das Image der Region und damit für das Image aller anliegenden Kommunen wurde darüber hinaus genannt. Diese könnten daher – gleich dem Beispiel des Ruhrtalradwegs – auch die entstehenden Kosten für das freie Baden tragen.

Mögliche Kosten sahen die Diskutierenden vor allem in der Beschilderung, der Informationsbereitstellung per Internet sowie einer App.

Das Ergebnis des Szenarios „Freies Baden in der Ruhr“ lässt sich demnach wie folgt zusammenfassen.  Freies Baden soll nicht ein Baden ohne Zugangsbeschränkung, sondern ein legales Baden, da wo die Ruhr frei zugänglich ist, sein. Hier bedarf es einer niedrigen Form der Infrastruktur in Form von Müllentsorgungsanlagen und Beschilderungen über Gefahren, Wasserqualität und dem Hinweis auf Zusatzinformationen im Internet oder per App. Die Kosten für diese geringe Infrastruktur soll dabei von den Anrainerkommunen getragen werden, da diese auch die Möglichkeit zur Vermarktung haben und damit auch einen kommerziellen Nutzen. Alles in allem war eine schöne und konstruktive Diskussion zu beobachten.

Anforderungen an das Baden in der Ruhr

Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Lahdo
Foto: Rania Ladwig, Sichere Ruhr

Am 19. und 20. April 2013 fand der im Vorfeld angekündigte Szenarien-Workshop zum Thema „Baden im Baldeneysee“ statt. Zahlreiche engagierte Bürger sowie Interessensvertreter verschiedener Organisationen folgten dem Aufruf, sich aktiv in die Planungen des Projekts Sichere Ruhr einzubringen und es mit ihrem Wissen, ihrem Anregungen und ihrer Kritik zu bereichern.

Am ersten Workshop-Tag setzten sich die Teilnehmer zunächst gemeinsam mit Experten in zufällig ausgelosten Gruppen mit den unterschiedlichen An- und Herausforderungen des Badens in natürlichen Fließgewässern auseinander. Die inhaltlichen Schwerpunkte der fünf Themeninseln teilten sich dabei in Hygiene, Recht, gesellschaftlicher Nutzen, Finanzierung sowie Information/Kommunikation. Rotierend durchlief jede Gruppe alle fünf Themeninseln, um sich unter verschiedenen Fragestellungen den jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkten anzunähern. Das Projekt profitierte dabei von den verschiedenen Betrachtungsweisen und dem fachlichen Know-How der Teilnehmer, die in den regen Diskussionen viele wertvolle Hinweise gaben.

Themeninsel „Hygiene“
Eingeleitet in das Thema Hygiene wurde unter der Fragestellung, wie viele der Teilnehmer bereits in der Ruhr gebadet haben. Das Ergebnis war sehr eindeutig. Nahezu alle Teilnehmer sind trotz des bestehenden Badeverbots bereits in der Ruhr geschwommen, meist ohne gesundheitliche Folgen.

Aufgeklärt wurde in dieser Themeninseln darüber, dass diese gesundheitlichen Folgen jedoch nicht von der Hand zu weisen sind. Durchfallerkrankungen, Erkrankungen der Gehörgänge sowie Badedermatitis sind unangenehme Folgen, die ein Ruhrbad zum Status Quo mit sich bringen kann. Doch wie kommen diese Krankheitserreger in das Ruhrwasser? Die überwiegende Meinung der Teilnehmer war, dass Einleitungen aus der Industrie eine negative Rolle für die Wasserqualität spielen. Der Experte klärte jedoch darüber auf, dass Einträge aus der Landwirtschaft, Verunreinigungen von Straßen und Häusern sowie Ausscheidungen von Vögeln einen wesentlich höheren Einfluss auf die Verunreinigung des Wassers haben. Starkregen spült diese verschiedenen Einträge in die Ruhr, so dass zum derzeitigen Zeitpunkt keine konstante Wasserqualität des Flusses gegeben ist. Sollte also das Baden offiziell oder auf eigene Gefahr erlaubt werden, muss der Verstand mit baden. Weitere Fragen aus dem Kreis der Bürger kamen auf: Warum erkranken die Wassersportler nicht regelmäßig an den genannten Krankheiten? Sind diese nicht ein guter Indikator für eine gute Wasserqualität der Ruhr? Aufschluss über das tatsächliche Risiko, das vom Ruhrwasser ausgeht, könnten Untersuchungen der Wassersportler bringen. Hierzu mangelt es jedoch an Datenmaterial, denn Untersuchungen solcher Art sind bislang nicht durchgeführt worden.

Darüber hinaus wurden von den Teilnehmern Bedenken bezüglich möglicher hygienischer Einschränkungen durch Badende, wie zum Beispiel durch Sonnencreme oder Hautschüppchen, geäußert. Diese Sorge konnten die Experten jedoch schnell nehmen. Diese Mikroverunreinigungen  werden in so großem Maße verdünnt, dass sie für die Wasserqualität keinerlei Beeinträchtigung darstellen.

Generell fiel auf, dass der Wunsch nach Wissen über die Wasserqualität der Ruhr in verständlich aufbereiteter Form groß ist. Für das Projektteam bedeutet dies: Ein Frühwarnsystem muss entwickelt werden, das nicht-wissenschaftlich aufbereitete, verständliche Informationen bereithält. Vielmehr sollte den Badenden hingegen vermittelt werden, was die wissenschaftlichen Fakten konkret für sie bedeuten. Nach reger Diskussion und Aufklärung über mögliche hygienische Risiken beim Baden in der Ruhr verließen die Teilnehmer diese Themeninsel. Das vermittelte Wissen bremste die Bürger jedoch nicht in ihrem Wunsch, auch weiterhin in der Ruhr zu baden.

Themeninsel „Recht“
Ein Schild mit der Aufschrift „Baden verboten“ lud provozierend zur Diskussion in der Themeninsel „Recht“ ein. Die begleitende Fragestellung lautete: Ist es überhaupt erlaubt, ein generelles Badeverbot auszusprechen oder hat nicht vielmehr jeder Bürger ein Recht auf uneingeschränkten Zugang zu öffentlichen Gewässern und damit zum Baden? Der Unmut der Teilnehmer über dieses Badeverbot war deutlich. Sie berichteten von Bußgeldern, die vom Ordnungsamt für die zuweilen illegalen Badegänge gefordert wurden. Aber gleichzeitig erzählten sie voller Trotz vom eigenen Hinwegsetzen über dieses scheinbar sinnlose Badeverbot. Ganz im Unrecht waren die Bürger mit dieser Missachtung der Gesetzeslage nicht. Denn, so die Experten, ein generelles Badeverbot ist nicht aufrecht zu halten. Jedem EU-Bürger steht das Recht zu, in Flüssen und Seen zu baden, ausgenommen davon sind Natur- und Wasserschutzgebiete. Hier gilt ein generelles Badeverbot. Zudem sind Kommunen dazu verpflichtet, sobald mehrere Bürger an einer bestimmten Stelle ins Wasser gehen, die Wasserqualität dieser Stelle zu untersuchen. Geht hiervon keine Gefahr aus, ist diese Stelle laut Badegewässerrichtlinie als offizielle Badestelle auszuweisen. Eine Vorgabe, die in der Ruhr nicht umzusetzen ist, denn die Wasserqualität schwankt, wie die Bürger bereits in der vorangegangenen Themeninsel gehört hatten.

Doch unter welchen Voraussetzungen könnte das Baden in der Ruhr dennoch legalisiert werden? Die Teilnehmer einigten sich unter Berücksichtigung verschiedener Möglichkeiten darauf, dass es rechtlich nur als Baden auf eigene Gefahr möglich wäre. Offizielles Baden benötigt eine Infrastruktur mit Aufsicht, Parkplätzen und Müllentsorgung sowie die Beachtung der Verkehrssicherheitspflicht. Alle diese Punkte werden für die anliegenden Kommunen kaum zu tragen sein. Daher fand die Idee des Badens auf eigenes Risiko in Verbindung mit offiziellen Frühwarnsystemen zur Wasserqualität großen Zuspruch.

Themeninsel „Gesellschaftlicher Nutzen“
Die Fragestellung, der sich die Teilnehmer dieser Themeninsel widmeten, lautete: Welchen Nutzen bringt das Baden in der Ruhr für die Region und die Bewohner mit sich? Der Fokus sollte dabei nicht auf dem kommerziellen Nutzen für Gastronomie, Hotellerie und weitere Freizeitangebote liegen, sondern explizit auf die Bürger an sich bezogen werden.

Sofortigen Konsens unter den Teilnehmern fand das Thema Imagewandel. Das Ruhrgebiet als Industrie- und Kohleabbaugebiet ist vielen ein Begriff, doch der Wandel hin zu Kultur und grünen Großstädten ist im vollen Gange. Das Baden in der Ruhr würde diesen Wandel positiv unterstützen. Das Image der Region und ihrer Bewohner würde damit verbessert. Neben dem positiven Ansehen würde dies natürlich auch einen Standortvorteil mit sich bringen.

Darüber hinaus bedeutet die Möglichkeit des Badens für die Bewohner selbst mehr Lebensqualität und Freizeitwert. Die Ruhr würde ein Ort der Begegnung und Entspannung. Zusätzlich könnten die Bürger von der naturnahen Erfahrungswelt profitieren, die besonders für Kinder ein erhebliches spielerisches Lernmoment mitbringt. Sie könnten Erfahrungen im Umgang mit der Natur sammeln und diese als ihr zu Hause kennen und wertschätzen lernen.

Die Aufhebung des allgemeinen Badeverbotes würde für die Menschen an und um die Ruhr weiterhin mehr Freiheit bedeuten. Die Bewohner könnten sich ihr Gewässer, die Ruhr und den Baldeneysee zurück erobern und diese nach Belieben nutzen. Hier kam jedoch schnell der Einwand auf, dass ein Nutzen nach Belieben natürlich auch Nachteile mit sich bringen könnte. Der Nutzerkonflikt mit Anwohnern, Wassersportlern und Schifffahrt könnte neben möglichem Unmut auch Sicherheitsrisiken bergen. Darüber hinaus könnte eine massive Nutzung der Ruhr auch Umweltrisiken zur Folge haben, die durch Aufklärung und Prävention minimiert werden müssten. Auch hier kristallisiert sich demzufolge eine Aufgabe an die Kommunikation durch das Projektteam heraus, denn nur durch eine verantwortungsvolle Nutzung der Ruhr können Folgeschäden vermieden werden.

Themeninsel „Finanzierung“
Die zentrale Fragestellung beim Thema Finanzierung ist natürlich die Frage danach, wer das Geld für mögliche Maßnahmen zur Verfügung stellen soll. Damit ist auch verbunden, welche „Verlierer“ und Gewinner“ es  im Falle einer Badeerlaubnis geben wird. Konsens in der Diskussion war, dass legales Baden in der Ruhr oder im Baldeneysee „sein Geld wert“ ist. Unter den Teilnehmern waren eine Reihe verschiedener Finanzierungsmöglichkeiten denkbar. Im Ergebnis waren die Überlegungen immer von der Art der Nutzung  und damit des eigenen Vorteils, den die Teilnehmer erwarten, abhängig.

Die Rolle der Stadt oder des Ruhrverbands wurden unter dem Gesichtspunkt der Finanzierung des Badens genannt, da die Ruhr als öffentliches Gut gesehen wird, das jedem Bürger zur freien Verfügung stehen sollte. Zusätzlich könnten diejenigen Personen/Institutionen zur Kasse gebeten werden, die für die schlechte Wasserqualität verantwortlich sind. Aufgelistet haben die Bürger zum Beispiel die Landwirtschaft, die Schifffahrt oder die Industrie. Es stellte sich heraus, dass die öffentliche Hand die Grundvoraussetzungen (Toiletten, Parklätze) beispielsweise über indirekte Steuereinnahmen finanzieren sollte, sofern etwa einzelne Badestellen ausgewiesen würden.

Unter allen Teilnehmern kristallisierte sich eine Bereitschaft heraus, für etwas Schönes und Nutzenbringendes auch selber zahlen wollen. Hier wurden ganz unterschiedliche Überlegungen angestellt: von Eintrittsgeldern für bestimmte Stellen am Baldeneysee und der Ruhr, Badescheine analog zum Anglerschein oder eine Kurtaxe. Auch Seepatenschaften, die das Verhältnis zum See positiv beeinflussen könnten, wurden genannt. Mit diesen verschiedenen bürgergetragenen Finanzierungsinstrumenten könnte sich eine mögliche Infrastruktur an angedachten Badestellen errichten und aufrechterhalten, so der Gedankengang der engagierten Bürger.

Themeninsel „Information und Kommunikation“
Das Themeninsel „Information und Kommunikation“ behandelte die zentrale Fragestellung: Welche Informationen wünschen sich die Teilnehmer zum Baden in der Ruhr und in welcher Form sollten diese Informationen weitergegeben werden?

Die Teilnehmer äußerten den Wunsch, möglichst klare und einfache Aussagen zu erhalten. Entscheidend ist dabei die Beantwortung der Frage „Kann ich heute baden? Ja oder Nein?“. Tiefergehende Informationen rund um Schadstoffkonzentrationen und genauere Wasserwerte waren hierbei mehrheitlich nicht gewünscht. Wer jedoch Interesse an diesen hätte, sollte in der Lage sein, diese auf einer Website oder mittels mobiler App abrufen zu können. Langzeitwerte über einen Zeitraum von einem Jahr sollten auf diesem Weg ebenfalls übermittelt werden.

Sollte tatsächlich ein Badeverbot für einen bestimmten Tag ausgesprochen werden, müsse dieses jedoch mit Begründung angegeben werden, sodass es nicht willkürlich wirkt sondern für alle Bürger nachvollziehbar erscheint.

Die Antwort auf die zentrale Frage und alle relevanten Informationen sollten dabei mit Bedacht auf älteres Publikum nicht nur per Internet vermittelt werden, sondern auch per Zeitung und Radio für die Nutzer zur Verfügung stehen. Unmittelbar am Badeort könnten sich die Teilnehmer ein Ampelsystem in Kombination mit einer Tafel, die Informationen zu einer App oder Internetseite angibt, vorstellen. Eine Webcam könnte darüber hinaus per Internet Auskunft über die Badestellen geben. Doch wie soll ein solches Ampel- bzw. Frühwarnsystem aussehen? Von Ampeln über Fahnen bis hin zu fünfstufigen Skalen war für die Teilnehmer vieles denkbar. Hierzu wurde noch angemerkt, dass mehrere Skalenstufen zwar zu mehr Entscheidungsfreiheit für den Bürger führen würden. Allgemeiner Konsens war jedoch, dass der Bürger die Verantwortung über eine Badebeurteilung lieber den Experten überlassen würde. Doch können ernannte Experten überhaupt die Verantwortung für mögliche Risiken tragen? Dies wurde eindeutig abgewiesen. Für das Baden in der freien Natur bleiben immer Restrisiken bestehen, daher müsste jeder Bürger lernen, eigenverantwortlich mit einem Ampelsystem umzugehen.

Der Traum vom Baden in der Ruhr
Zusammenfassend zeigte der erste Workshop-Tag ein deutliches Meinungsbild zu Gunsten des Badens in der Ruhr. Baden sei hier allerdings nicht im Sinne einer Vollkaskomentalität zu verstehen, bei dem die Stadt oder andere Institutionen die Verantwortung tragen. Vielmehr wurde der Wunsch nach Baden in Eigenverantwortung geäußert. Die Teilnehmer merkten an, dass eine Infrastruktur hierfür wünschenswert wäre, sie aber auch bereit wären, eine solche zum Teil mit zu finanzieren. Das offiziell erlaubte Baden entlang der Ruhr ohne Einschränkungen fördert zwar Probleme zu Tage, die nicht ohne weiteres zu stemmen sind. Das Stimmungsbild ist dennoch eindeutig: Das Baden auf eigene Gefahr bzw. auf eigenes Risiko ist für alle Beteiligten denkbar und wünschenswert.

Einladung zum Workshop „Baden im Baldeneysee“

Foto: Archiv Ruhrverband
Foto: Archiv Ruhrverband
Foto: Archiv Ruhrverband

Im Forschungsprojekt Sichere Ruhr widmen wir uns seit Januar 2012 unter anderem der Frage, ob die Ruhr in Zukunft wieder als Badegewässer genutzt werden kann. Bei der Erarbeitung eines möglichen Konzepts zum Baden in der Ruhr ziehen wir den Baldeneysee als Beispielgewässer heran. Wie die Ruhr und das Badeumfeld beschaffen sein müssen, um dies zu ermöglichen, möchten wir gemeinsam mit interessierten Bürgern in einem Workshop erarbeiten. Auch alle weiteren Anregungen und Bedenken zum Baden in der Ruhr sollen dabei zur Sprache kommen. Hierzu laden wir Sie zu einem Workshop am 19. und 20. April in Essen-Werden ein.

Ziel des Projekts Sichere Ruhr ist, den Fluss im Hinblick auf die Wasserqualität noch sicherer zu machen. In erster Linie möchten wir dabei herausfinden, ob – und wenn ja, wie – die Ruhr in Zukunft zeit- und streckenweise wieder als Badegewässer dienen kann. Und da die Ruhr als Fluss so wichtig für die Menschen der Metropolregion Ruhr ist, sollen gerade Sie als Bürger Gehör finden – das Projekt Sichere Ruhr möchte mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Der Wasserwandel-Blog wird bereits intensiv zum Austausch über die Ruhr als Badegewässer genutzt. Begleitend über die gesamte Projektlaufzeit hinweg werden hier aktuelle Themen rund um die Ruhr und das Projekt, aber auch gesellschaftliche und politische Fragestellungen zum Thema Wasser dargestellt. Ob Diskussionen, Themenvorschläge, Kommentare oder Meinungsäußerungen – die Stimme der Bevölkerung ist hier gefragt.

Die Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger der Region sollen sich aber nicht auf diese Form der online Beteiligung beschränken. Als weiteres Forum, bei dem die Interessierten persönlich zusammen kommen, um Erfahrungen und Meinungen zum Baden im Baldeneysee auszutauschen, dient daher der jetzt anstehende Szenarienworkshop zum Thema „Baden in der Ruhr“. Der Workshop, der am Freitag, 19. April, von 16:00 bis 19:30 Uhr und am Samstag, 20. April, von 10:00 bis 14:30 Uhr in Essen-Werden stattfindet, möchte Wünsche, Bedenken, Anregungen, Lob oder Kritik aller interessierten Bürger einfangen. Gemeinsam sollen mögliche Szenarien für das Baden im Baldeneysee erarbeitet werden. Für das leibliche Wohl aller Teilnehmer wird während des Workshops gesorgt. Am Freitag ab 19:30 bietet ein Ausklang in freundlicher Atmosphäre weitere Gelegenheit, sich über das Thema „Baden im Baldeneysee“ auszutauschen.

Der Workshop richtet sich an alle interessierten Bürger der Region. Wer daran teilnehmen möchte, sendet uns einfach eine formlose Anmeldung per Mail oder auf dem Postweg:

Mail:
Anmeldung@sichere-ruhr.de

Post:
BMBF-Projekt Sichere Ruhr
Ruhrverband
Planungsabteilung
Kronprinzenstr. 37
45128 Essen